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„Gefühl wie in Tausendundeiner Nacht“ - Steinauer Biker sammeln auf Tour Spenden für krebskranke Kinder

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Von: Walter Kreuzer

Michael Thomas und Tobias Esser vor einer Gebirgskette in der Osttürkei.
Michael Thomas (links) und Tobias Esser schwärmen von der landschaftlichen Schönheit der Gegenden, die sie vor allem in der Osttürkei und im Iran gesehen haben. © privat

Nach sieben Wochen auf Tour stehen für die Motorradabenteurer Michael Thomas und Tobias Esser zwei Sachen fest: Ihr Traum von einem Selfie an der chinesischen Grenze ist (vorerst) geplatzt. Aber die Gastfreundschaft der Menschen sowie die Schönheit der Landschaften, die sie durchfahren haben, wiegen die Enttäuschung mehr als auf.

Steinau - Die Begeisterung über das Erlebte ist den beiden Bikern aus dem Main-Kinzig-Kreis anzuhören – trotz der Windgeräusche, die ihr Handy während des Telefonats überträgt. Sie sind an diesem Tag irgendwo im Osten der Türkei unterwegs. Knapp sieben Wochen und 12.000 Kilometer bei Temperaturen zwischen wenigen Grad über null und 44 Grad Celsius im Süden des Iran liegen hinter ihnen.

Ehe sie irgendwann im Juni wieder in der Brüder-Grimm-Stadt Steinau ankommen wollen, stehen weitere 6000 bis 7000 Kilometer an. Die Route soll sie von der Türkei über Griechenland und die Mittelmeerküste in die Heimat führen.

Main-Kinzig-Kreis: Biker sammeln Spenden für krebskranke Kinder

Apropos Route: Eine solche hatten sie sich vor dem Start am Steinauer Kumpen, wo sie von Familie und Freunden und verabschiedet worden waren, zurechtgelegt. Klar ist da schon, dass unterwegs Improvisation gefragt sein würde. Über Tschechien und den Balkan in die Türkei läuft alles nach Plan. Das ändert sich in Georgien.

„Wir wollten nach Aserbaidschan, wurden aber an der Grenze zurückgeschickt. Dann sind wir im Kaukasus zur russischen Grenze. Unterwegs stauten sich die wartenden Lkw auf mehr als 100 Kilometer. Aber auch dort kamen wir nicht weiter“, erzählt Michael Thomas. In Georgiens Hauptstadt Tiflis klappern sie die Botschaften nach Visa ab – ohne Erfolg.

Nach einem Abstecher nach Armenien geht es zurück in die Türkei. „Hier haben wir uns das Visum für den Iran besorgt. Das war kein Problem“, ergänzt Tobias Esser. Um die Abwicklung zu beschleunigen, engagieren sie „einen Travel Agent für 800 Euro pro Person. Er besorgte uns das Carnet de Passage, eine Art Reisepass für die Motorräder. Und das Ergebnis für den Covid-PCR-Test hatten wir nach drei Stunden“. Dafür, dass dieses per E-Mail zugestellt wird, müssen sie etwas mehr bezahlen. Das ist landesüblich.

Gefühl wie in „Tausendundeiner Nacht“ - Steinauer zu Gast im Iran

Schließlich sind sie nun im Orient angekommen und lernen ausgiebig den Iran kennen. Zunächst den kurdischen Teil des Landes: „Das ist für uns eines der freundlichsten und nettesten Länder überhaupt. Wir wurden immer wieder zum Essen oder Trinken eingeladen. Oder zu einer Tankfüllung. Die kostet hier für deutsche Verhältnisse utopisch wenig: 2,50 Euro. „Der Liter Sprit ist für 13 Cent zu bekommen, Diesel für 1,3 Cent der Liter. Iran ist das zweitgrößte Erdölförderland, darf das Öl wegen Sanktionen aber nicht ausführen.“

Das wird ihnen im Süden deutlich: Entlang der Golfküste gibt es allein Industrie, keine Touristenorte. Von regnerischen acht Grad in der Nähe zur Türkei haben sich die Temperaturen dort auf 44 Grad erhöht. Irgendwo dazwischen liegen historische persische Städte wie Schiras.

Thomas: „Dort hat man das Gefühl, man ist in Tausendundeiner Nacht. Es gibt viele Dachterrassen, einfach traumhaft schön dort. Wo wir stehen bleiben, kommen Leute und wollen ein Selfie. Motorräder sind dort selten. Sie laden dich zum Essen ein oder bieten dir ein Bett für die Nacht an. So wie im Iran habe ich das auf der ganzen Welt noch nicht erlebt.“

Esser nennt ein Beispiel: „Vor einem Hotel hat uns ein junger Mann angesprochen. Wir waren bei seiner Familie, er spielte Gitarre und wir bekamen Geschenke. Dann sind wir zu einem Freund von ihm, wo wir Wein getrunken haben. Im privaten Kreis ist Alkohol dort nichts Ungewöhnliches.“

Beeindruckende Gebirgsfahrt in Türkei, Georgien und Armenien

Bewusst ausgelassen haben sie die 20-Millionen-Metropole Teheran. „Auf den fünfspurigen Landstraßen dort fahren sieben Autos nebeneinander. Geisterfahrten sind kein Verbrechen. Wenn man an einer Tankstelle vorbeigefahren ist, dreht man um und fährt auf der Spur zurück, auch an der Polizei vorbei“, deuten die beiden an, dass sie sich den Gewohnheiten angepasst haben: „Wenn du anfängst deutsch zu fahren, bist du hoffnungslos verloren. Verständigung läuft dort per Hupe statt mit dem Blinker.“

So freundlich die Iraner zu den Motorradfahrern sind, so genervt sind sie nach der Beobachtung der beiden Steinauer vom eigenen islamistischen Regime. Thomas: „Die Menschen haben die Schnauze voll davon, eingesperrt zu sein. Es rumort und abends wird das Internet abgestellt. Wir hoffen dann immer auf WLAN im Hotel. Aber die Verbindung ist oft schlecht.“

Spenden

Mit ihrer Abenteuertour wollen Tobias Esser und Michael Thomas auch für Aufmerksamkeit für einen guten Zweck sorgen. Sie rufen gemeinsam mit dem Steinauer Hans-Georg Lotz zu Spenden an den Verein „Hilfe für krebskranke Kinder Frankfurt e.V.“ auf.

Internet: kinderkrebs-frankfurt.de

Spendenkonto: Frankfurter Sparkasse:
IBAN: DE 98 5005 0201 0000 6200 50
Stichwort: Steinau2China

So gut ihnen der Iran auch gefallen hat: Eigentlich sollte das Land nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zum Pamir-Highway und zur chinesischen Grenze sein. Doch der Landweg nach Aserbaidschan war dicht, zumindest für Westeuropäer. Nach einem Tag im Niemandsland – und weiteren 200 Euro für Visa – können sie zurück.

„Obwohl wir das Ziel nicht erreicht haben, sind wir überwältigt. Die Berge in der Türkei, Georgien und Armenien, wo wir Hunderte Kilometer auf 1700 bis 2000 Metern Höhe gefahren sind. Wir hatten dreimal Neuschnee. Auch das Leben hier ist unfassbar“, ziehen die zwei Motorradfahrer ein positives Zwischenfazit.

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