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Möller einziger Kandidat in Schlüchtern: Bürgermeisterwahl könnte trotzdem überraschen

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Von: Tim Bachmann

In Schlüchtern ist Amtsinhaber Matthias Möller der einzige Kandidat.
In Schlüchtern ist Amtsinhaber Matthias Möller der einzige Kandidat. © Felix Weigl, Stadt Schlüchtern

„Der wird doch eh gewählt!“ Oder: „Auf meine eine Stimme kommt es doch nicht an.“ Sätze wie diese hört man im Vorfeld einer Wahl, zu der nur ein Bewerber antritt, immer wieder. Dass diese Aussagen Quatsch sein können, zeigt sich immer wieder. Fragen Sie mal Ingo Böhm. Oder Dirk Hardt.

Schlüchtern - Sicherlich sind die beiden Bürgermeister Ingo Böhm aus Morschen (Schwalm-Eder-Kreis) und Schlüchterns Matthias Möller aus dem Main-Kinzig-Kreis nicht einfach so miteinander zu vergleichen. Aber eines eint sie: Beide sind als amtierende Rathauschefs in einen Wahlkampf ohne Gegenkandidaten gezogen.

Die Wahl in Morschen ist keine zwei Monate her. Und plötzlich stand Böhm vor einem Scherbenhaufen: Am Ende waren es 51,3 Prozent der abgegeben Stimmzettel, auf denen ein „Nein“ angekreuzt war. 617 Morschener wollten ihn nicht mehr als Rathauschef, 586 stimmten für ihn bei einer Wahlbeteiligung von gut 46 Prozent.

Eine Situation, die der einzige Schlüchterner Kandidat Matthias Möller vermeiden möchte. Denn die Folgen einer Nichtwahl wären fatal – für den Bürgermeister und für die Kommune.

Main-Kinzig-Kreis: Bürgermeisterwahl in Schlüchtern könnte überraschen

So auch in Morschen: Es musste ein neuer Wahltermin gefunden werden – mit allem, was dazugehört. Dort ist der gescheiterte Kandidat Böhm auch weiterhin im Amt. Ende Juni endet seine Amtszeit. Inzwischen hat er sich – „nach einer Schockstarre“, wie er es auf seiner Internetseite formuliert – dazu durchgerungen, am 25. September nochmals zu kandidieren.

Das Problem, als einziger Kandidat an der 50-Prozent-Hürde zu scheitern, traf auf den Tag genau sechs Jahre vor Böhm Dirk Hardt. Er stand in Driedorf (Lahn-Dill-Kreis) als einziger Kandidat zur Wahl – und scheiterte mit 49,7 Prozent der Stimmen.

Doch was passiert, wenn’s passiert? Nun, Morschens abgewähltem Bürgermeister Böhm droht ab dem 1. Juli die Arbeitslosigkeit. Nach einer Änderung der Hessischen Gemeindeordnung hat er auch keinen Pensionsanspruch, denn dafür wären inzwischen mindestens acht Jahre als Rathauschef vonnöten. Sollte Möller keine Mehrheit erhalten, würde es bei ihm ebenso aussehen. Steinaus Ex-Bürgermeister Malte Jörg Uffeln hingegen ist von der Änderung nicht betroffen, da er vor dem Stichtag 29. Februar 2016 ins Amt gewählt worden war.

Und was passiert in der Kommune, wenn der einzige Kandidat durchfällt? Auch dies lässt sich schön an der Gemeinde Morschen veranschaulichen: Die Abwahl Böhms bedeutet, dass die Gemeinde für die vergangenen 72 Monate die Beiträge in die Rentenversicherung nachzahlen muss. Vor allem aber bedeutet es, dass Morschen einen neuen Rathauschef benötigt. Und dafür muss nochmals neu gewählt werden.

Wahl in Schlüchtern: Matthias Möller einziger Kandidat

Laut dem hessischen Städte- und Gemeindebund muss zuerst der Wahlausschuss tagen, um das Ergebnis der Wahl festzustellen. Dann ist abermals das Kommunalparlament gefragt, um einen Termin für die neue Wahl festzulegen. Eine Bedingung ist, dass der Termin spätestens am 90. Tag vor der eigentlichen Wahl öffentlich bekanntgemacht wird.

Spätestens 79 Tage vor der Wahl – und für insgesamt zehn Tage – besteht die Möglichkeit, Wahlvorschläge einzureichen. Dann wird gewählt und gehofft und gebibbert, dass der Bewerber (sollte es wieder nur einer sein) mindestens 50 Prozent der abgegebenen Stimmen plus eine weitere erhält – also die Mehrheit. Ansonsten startet das Verfahren von vorn. Bei Bürgermeisterwahlen mit nur einem Kandidaten, die nicht an eine andere Wahl gekoppelt sind, ist die Wahlbeteiligung zumeist eher dürftig und liegt selten über 40 Prozent. Eine Mindestwahlbeteiligung gibt es in Deutschland allerdings nicht.

Dass es nur einen Kandidaten gibt, heißt aber nicht zwangsläufig, dass es dieser besonders schwer haben muss. So erzielte Sascha Spielberger (parteilos) als einziger Kandidat und Amtsinhaber im benachbarten Freiensteinau im November 2020 bei einer Wahlbeteiligung von 52 Prozent eine Zustimmung von 90,7 Prozent. Ein Traumergebnis – wie er es selbst am Wahlabend nannte. Von einem solchen Ergebnis träumt bestimmt auch Möller. Aber er hat sicherlich auch Platz in seinen Träumen für Böhm und Hardt, deren Abwahlen allerdings als Einzelfälle und sehr wohl als große Seltenheiten zu bewerten sind.

Denn dass ein einzelner Bewerber um das Amt des Rathauschefs tatsächlich bei einer Wahl durchfällt, das kann Johannes Heger, Geschäftsführer des hessischen Städte- und Gemeindebunds, an einer Hand abzählen. Und dafür braucht er nur zwei Finger. Schließlich seien die Abwahlen von Böhm und Hardt die einzigen in Hessen, die ihm aus den zurückliegenden 30 Jahren bekannt seien.

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