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Tankstellenbetreiber und die Maskenpflicht: „Meine Mitarbeiter haben Angst, zur Arbeit zu kommen“

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Von: Marah Naumann

Mord an Tankstelle
Der tödliche Angriff auf einen Tankstellen-Mitarbeiter in Idar-Oberstein hat auch bei den Betreibern im Main-Kinzig-Kreis ein mulmiges Gefühl hinterlassen. © Thomas Frey/dpa

Der Vorfall in einer Tankstelle in Idar-Oberstein, bei dem ein junger Kassierer erschossen wurde, hat auch bei Zapfsäulenbetreibern im Bergwinkel ein teils mulmiges Gefühl hinterlassen. Viele von ihnen sind Anfeindungen und Diskussionen zur Maskenpflicht gewohnt.

Main-Kinzig-Kreis - Eine Woche ist es her, dass ein 49-jähriger Mann in einer Tankstelle im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein dem 20 Jahre alten Kassierer in den Kopf schoss – weil der ihn zuvor auf die Maskenpflicht hingewiesen hatte. Der Mann hat die Tat gestanden und bekannte sich zur Ablehnung der Corona-Regelungen.

Die Tankstellenbetreiber im Bergwinkel gehen mit dem Ereignis unterschiedlich um und ziehen ihre eigenen Schlüsse. „Es sind halt immer ein paar Unbelehrbare dabei“, meint Bärbel Schwanke zur Maskenpflicht. Sie betreibt mit ihrem Bruder eine Tankstelle in Sterbfritz (Main-Kinzig-Kreis). „Das Gros der Kundschaft hat Masken auf. Und es ist selten, dass jemand ausfallender reagiert, wenn wir ihn auf die Maskenpflicht hinweisen. Aber es kommt durchaus vor.“ Dann versuche sie, „den Leuten das so höflich wie möglich rüberzubringen, damit sie sich nicht angepampt fühlen“ – auch wenn dies manchmal angebracht sei.

Main-Kinzig-Kreis: Probleme mit der Maskenpflicht bei Tankstellen-Kunden

„Wir machen uns keine Gedanken mehr darüber. Denn das hätte genauso gut auch in einem Supermarkt oder einer Bäckerei passieren können“, meint bezüglich der Tat hingegen Julian Ommert, der mit seinem Bruder Michael eine Tankstelle in Altengronau hat. Zum Thema Maskenpflicht habe es bisher keine Vorfälle gegeben. „Die Leute werden ab und zu daran erinnert, weil einige die Maske einfach vergessen. Aber es gab noch nie Probleme“, berichtet Julian Ommert.

Ähnlich sieht es Werner Kress, Tankstellenbetreiber in Steinau. Besondere Schutzvorkehrungen trifft er nicht, ebenso wenig wie Julian Ommert und Bärbel Schwanke in Sinntal. „Wir haben eine Schutzscheibe an der Kasse. Ich wüsste aber nicht, was ich an der momentanen Situation ändern könnte. Für Vorschläge wäre ich dankbar“, meint Kress.

Etwa einmal pro Woche komme es vor, dass ein Kunde die Maskenpflicht bewusst ignoriert. Die betreffende Person werde dann darauf hingewiesen, dass er so eigentlich nicht einkaufen könne. „Aber wenn er dann schon etwas auf den Tresen legt und bezahlen will, kann man ihn schlecht wegschicken“, so Kress. Schimpfereien wie „Scheiß Maskenpflicht“ höre man aber schon ab und zu. (Mit dem Corona-Ticker für den Main-Kinzig-Kreis bleiben Sie auf dem Laufenden)

Tankstellenbetreiber: „Meine Mitarbeiter haben Angst, zur Arbeit zu kommen“

„Ich bin von Grund auf nicht so ängstlich, aber das Risiko ist immer da, dass etwas passiert“, räumt der Steinauer Tankstellenbetreiber ein. „Für mich ist es einfach, weil ich hinten im Büro arbeite. Aber man trägt ja die Verantwortung für die Mitarbeiter. Ich hoffe, dass das jetzt nicht noch mehrfach passiert.“

Doch nicht alle Zapfsäulenbesitzer sehen die Situation gelassen. Amir Bonakdar, der eine Tankstelle in Schlüchtern unterhält, berichtet von zahlreichen Konflikten zwischen seinen Kassierern und den Kunden. „In mehreren Fällen haben wir sogar schon das Ordnungsamt angerufen, aber die können nichts machen. Meine Mitarbeiter haben Angst, zur Arbeit zu kommen“, beklagt er.

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Seine Tankstelle habe rund 700 Kunden pro Tag. Es sei schwierig, die Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen. Diesbezüglich fühlt sich Bonakdar von der Regierung alleingelassen. Man halte sich nur an die Regeln zur Maskenpflicht, „trotzdem bedrohen und beschuldigen uns die Kunden“. Bonakdar kann den Unmut der Menschen, bezogen auf die Maskenpflicht, teilweise verstehen, denn „die Leute wollen atmen“. Aber: „Dass ein Mensch deswegen stirbt, das ist schon heftig.“

Bonakdar wünscht sich mehr Sicherheit für seine Mitarbeiter. Eine Lösung wäre in seinen Augen ein Sicherheitsdienst. „Aber es gibt 12.200 Tankstellen in Deutschland. Wer kann es sich denn schon leisten, Security vor der Tür stehen zu haben?“ Nun hofft er, dass sich der Vorfall von Idar-Oberstein nicht wiederholt. „Ich sage meinen Mitarbeitern immer: Wenn jemand mit einer Pistole oder einem Messer kommt, sollen sie nicht den Helden spielen und einfach das Geld herausgeben.“ Grundsätzlich erscheint dieser Ratschlag sinnvoll. Im Fall des Täters von Idar-Oberstein hätte dieser aber wohl nicht geholfen.

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