Landrat antwortet Eltern aus Main-Kinzig-Kreis zu Notunterkünften in Turnhallen - „Ich bitte um Geduld“

Weil die Turnhalle in Birstein aktuell als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt wird und nicht für den Sport der Kinder zur Verfügung steht, hatten Eltern einen Offenen Brief verfasst. Landrat Thorsten Stolz bittet in einer Antwort um Verständnis und Geduld.
Birstein/Gelnhausen - Nachdem im Main-Kinzig-Kreis in Birstein, Langenselbold und Wächtersbach wie in vielen anderen Kommunen in Deutschland derzeit Schulturnhallen als Notunterkünfte genutzt werden, hatten Elternbeiratsmitglieder aus Birsteiner Schulen einen Offenen Brief verfasst.
Dieser wurde in den Medien veröffentlicht. Die Eltern hatten sich an die Abgeordneten des Bundes- und des Landtags gerichtet, um die aktuelle Situation an ihrem Schulstandort deutlich zu machen. Nun hat Landrat Thorsten Stolz (SPD) auf den Offenen Brief aus Birstein reagiert.
Main-Kinzig-Kreis: Notunterkunft in Turnhalle - Landrat antwortet auf Offenen Brief
Laut dem Main-Kinzig-Kreis sollen die Schulen und die Vereine in Birstein, Langenselbold, Wächtersbach und Hanau-Mittelbuchen ihre Sporthallen bald wieder nutzen können. Möglich wird das, weil auf der Underwood-Kasernenfläche in Hanau künftig Geflüchtete untergebracht werden sollen.
In der Zwischenzeit stellt der Main-Kinzig-Kreis nach eigenen Angaben den Schulgemeinden in Birstein und Wächtersbach, die besonders von der Umnutzung ihrer Turnhallen als Notunterkünfte betroffen sind, spezielle beheizte Leichtbauzelte für den Sport zur Verfügung.
In seiner Antwort an die Eltern in Birstein teilt Thorsten Stolz mit: „Ich verstehe den Wunsch der Eltern, dass so schnell wie möglich für ihre Kinder, die Schülerinnen und Schüler, wieder Normalität einkehren möge. Das wollen wir als Kreis auch, weil die Unterbringung von Asylsuchenden und Geflüchteten in Notunterkünften in Sport- und Mehrzweckhallen für alle unbefriedigend ist.“
„Und genau diese Normalität wird in Kürze einkehren, wenn wir spätestens im Frühjahr, und zwar definitiv, mit dem Rückbau erster Notunterkünfte in Schulturnhallen beginnen“, erklärt Landrat Thorsten Stolz. Aber das ändere nichts an der Situation, in der sich der Main-Kinzig-Kreis und die Kommunen befinden.
„Wir haben alleine in diesem Jahr über 9000 Menschen aus der Ukraine und anderen Krisenländern aufgenommen, registriert und betreut. Mit allen unkonventionellen Entscheidungen und Einschränkungen in der Fläche, die eine solche nie dagewesene und kurzfristige Kraftanstrengung mit sich bringt.“
Die Eltern aus der Gemeinde am südlichen Vogelsberg-Fuß hatten auf den Verzicht auf Teamsport in Hallen während der Corona-Zeit hingewiesen. Daran habe sich kurz darauf, im März dieses Jahres, die Umnutzung der Birsteiner Turnhalle als Notunterkunft angeschlossen. Mittlerweile werden dort seit neun Monaten Menschen erstuntergebracht und -versorgt.
Main-Kinzig-Kreis: Eltern fragen, ob Turnhalle weiterhin nicht zum Sport genutzt werden kann
Der Kreis hatte im Sommer auf Grundlage der Prognosezahlen, die seinerzeit für die zweite Jahreshälfte vorlagen, einen früheren Rückbau des Notunterkunfts-Standorts angegeben; die Halle stand sogar zeitweise nur auf „Stand-by“, ohne Belegung. Allerdings überholte die tatsächliche Fluchtsituation sämtliche Planungen des Landes, des Landkreises und der Kommunen.
Im Offenen Brief werden die heimischen Abgeordneten im Bundes- und Landtag gefragt, „welche Maßnahmen Sie gedenken einzuleiten, um bei anhaltenden Flüchtlingszahlen dem Schulträger und den Schulen in Birstein trotzdem eine Nutzung der Großsporthalle für den Schulsport schnellstmöglich zu ermöglichen oder ob der Schulstandort Birstein weiterhin die Halle seiner originären Nutzung entzogen bekommt?“
„Die Frage der Elternschaft an die Bundes- und Landesregierung ist durchaus berechtigt. Denn sie rührt am Kern des Themas“, erklärt der Landrat. „Die Frage ist nämlich, welche Unterstützung und zusätzliche Kapazitäten die kommunale Ebene erhalten kann, um Menschen erstzuversorgen und dauerhaft unterzubringen, und zwar über das hinaus, was sie im Moment weitgehend auf sich alleine gelassen in wöchentlichen Kraftanstrengungen schultert.“
Derlei Fragen habe auch der Main-Kinzig-Kreis bereits vor Monaten ans Land Hessen gestellt, „ohne bis heute eine konkrete und individuelle Antwort zu erhalten. Was wir als Main-Kinzig-Kreis für ein Ende der Hallen-Notunterkünfte unternehmen, kommunizieren wir transparent und die Ergebnisse sind sichtbar. Wir schaffen Notunterkünfte und dauerhafte Wohneinheiten außerhalb von Hallen.“
Die Leichtbauhalle in Gelnhausen an der Kreissportanlage sei eine davon, die sich bereits im Betrieb befindet. In Bad Soden-Salmünster wird derzeit eine weitere vorbereitet, ebenso in Erlensee. Ganz entscheidend werde der Aufbau einer größeren Notunterkunft mit zwei Leichtbauhallen auf dem Hanauer Underwood-Kasernengelände, für den der Kreisausschuss in dieser Woche grünes Licht gegeben habe.
Diese lange vorbereiteten neuen Notunterkunft-Projekte, die jeweils enormen personellen und finanziellen Aufwand bedeuten, stelle der Main-Kinzig-Kreis im Winter und kommenden Frühjahr fertig. In diesen neuen Notunterkünften entstünden letztlich Kapazitäten von der Größe wie in den vier belegten Turn- und Mehrzweckhallen. Hinzu kommen Bauprojekte für dauerhaftes Wohnen, etwa in Freigericht und Maintal.
Die Hallen-Notunterkünfte sind auch für uns nur eine Ausweichlösung auf Zeit.
„Ich sage es ganz deutlich: Große Teile der Verwaltung machen seit einem Dreivierteljahr nichts anderes mehr als für Geflüchtete ein Obdach zu suchen und deren Betreuung sicherzustellen. Und seit Sommer schaffen wir noch einmal mit hohem Tempo Zusatzkapazitäten, um trotz der neuen Fluchtdynamik, die wir seither erleben, auf Turn- und Mehrzweckhallen für die Unterbringung so bald wie möglich zu verzichten.“
„Das haben wir immer klar und deutlich gesagt und an diesem Punkt sind wir jetzt auch endlich. Ich bitte aber um das Verständnis, dass solche Ersatzbauten nicht mal eben so, per Fingerschnippen in der Größenordnung von 500 bis 600 Schlafplätzen aufgebaut werden können“, führte Landrat Thorsten Stolz aus.
An keinem der vier Hallenstandorte werde es allerdings so sein, dass nach dem Auszug der letzten Bewohnerinnen und Bewohner gleich ein Normalbetrieb stattfinden kann, stellte Thorsten Stolz klar. Es schließen sich der Rückbau und notwendige Handwerksarbeiten an, um die Hallen wieder in den Ursprungszustand zu versetzen.
In Birstein werde zudem die ohnehin geplante Sanierung umgesetzt. Um kurzfristig eine Hallen-Alternative zu bieten, habe der Main-Kinzig-Kreis allen betroffenen Schulstandorten übergangsweise eine beheizte Leichtbauhalle für den Sport angeboten. In Birstein und Wächtersbach werden sie im neuen Jahr errichtet, Langenselbold überbrücke die verbleibende Notunterkunftszeit mit den gefundenen Lösungen und Absprachen.
Landrat Thorsten Stolz erneuerte indes sein Angebot zu einem direkten Gespräch mit der Elternschaft. Terminangebote des Landrats noch vor Weihnachten waren seitens der Eltern nicht mehr einzurichten, hieß es; ein Termin soll im Januar stattfinden. „Der Main-Kinzig-Kreis kennt die Sorgen der Eltern hinsichtlich der Einschränkungen beim Sport, hinsichtlich der Sicherheit und der Aufsicht und hinsichtlich der Mensa“, betonte der SPD-Politiker.
Video: Mehr Unterkünfte für Geflüchtete
„Wo wir konkrete Hinweise zur Verbesserung oder Aufklärung erhalten, schauen wir, dass wir das schnellstmöglich und allgemeinverträglich umsetzen. Ich bitte aber wirklich um Geduld. Wir arbeiten mit Hochdruck an einem Rückbau der Hallen-Notunterkünfte, denn auch für uns sind sie nur eine Ausweichlösung auf Zeit und keine dauerhafte Perspektive.“
„Aber alle vier belegten Hallen, in Birstein, Hanau-Mittelbuchen, Langenselbold und Wächtersbach, haben durch die Errichtung zusätzlicher Not- und Gemeinschaftsunterkünfte durch den Kreis und vor allem durch die jüngste Kooperation mit der Stadt Hanau hinsichtlich der Underwood-Kaserne nun eine konkrete Perspektive, endlich wieder für Schul- und Vereinssport genutzt zu werden. Diese Perspektive ist für die Eltern und die gesamte Schulgemeinde in Birstein wichtig.“