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Geflüchtete im Schullandheim? Zoff zwischen Main-Kinzig-Kreis und Stadt Frankfurt geht weiter

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Von: Sebastian Reichert

Die Stadt Frankfurt betreibt das Schullandheim Wegscheide seit 1920. Generationen von Frankfurter Schülern und Schülerinnen haben seit dem ihre Klassenfahrt auf dem 35 Hektar großen Gelände mit Wiesen, Wald, Spiel- und Sportplätzen verbracht.
Die Stadt Frankfurt betreibt das Schullandheim Wegscheide seit 1920. Generationen von Frankfurter Schülern und Schülerinnen haben seit dem ihre Klassenfahrt auf dem 35 Hektar großen Gelände mit Wiesen, Wald, Spiel- und Sportplätzen verbracht. © Andreas Arnold/dpa

Der Main-Kinzig-Kreis hat von einer Unterbringung von Geflüchteten auf der Wegscheide in Bad Orb vor wenigen Tagen Abstand genommen. Zuvor hatte die Stadt Frankfurt einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, der aus Sicht des Kreises nicht zu erfüllen gewesen ist.

Bad Orb/Gelnhausen - Hintergrund der Anfrage aus dem Main-Kinzig-Kreis war die hohe Zahl von Asylsuchenden, die dem Kreis auch für die kommenden Wochen und Monate durch das Land Hessen angekündigt war, während das Schullandheimgelände auf der Wegscheide in Bad Orb gleichzeitig über die Wintermonate leersteht.

Bis zur Belegung mit Klassenfahrten im Frühjahr wäre das Gelände wieder frei gewesen. Schließlich wären bis dahin weitere Unterkünfte fertiggestellt und vorbereitet gewesen. Auf eine Reaktion des Stiftungsvorstands geht der Kreis nun seinerseits noch einmal ein.

Main-Kinzig-Kreis: Geflüchtete im Schullandheim? Zoff mit Stadt Frankfurt geht weiter

Die Stiftung habe moniert, sie sei erst über die Presse darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass es einen Belegungswunsch des Kreises für den Winter gebe. Allerdings, so der Kreis, habe es gleich mehrere Kontakte zur Stadt Frankfurt und ihrer Schuldezernentin Sylvia Weber gegeben.

Die Stadt Frankfurt habe mündlich und schriftlich für sich und für den Stiftungsvorstand gleichermaßen gesprochen, dem Sylvia Weber vorsteht, zuletzt in einem Schreiben vom 28. Oktober. „In einem Schreiben vom 26. Oktober wiederum informiert die Stadt Frankfurt den Main-Kinzig-Kreis sogar über einen „Beschluss“ des Stiftungsvorstands“, heißt es.

Diesem Beschluss zufolge spreche sich der Vorstand „gegen die Unterbringung von 350 jungen Männern (Drittstaatlern) aus, ist jedoch bereit über eine Unterbringung von Familien mit Kindern (max. 130 Personen) zu verhandeln“. Dies wolle der Stiftungsvorstand nun als „Anregung“ verstanden wissen, von der in dem Schreiben jedoch nicht die Rede ist.

Nicht weniger als 28 Punkte würden in dem Schreiben vom 26. Oktober als „Maßnahmenliste für die Unterbringung von Familien mit Kindern (max. 130 Personen)“ aufgeführt, während andere Menschengruppen, etwa allein reisende Männer, die unter Asylsuchenden ebenfalls stark vertreten sind, „kategorisch nicht mehr als Gäste erwähnt werden“.

Zu den einzelnen Punkten gehören der Abbau der „hochwertigen Betten“ und der Aufbau eigener Betten durch den Kreis bis hin zu angedrohten „Strafzahlungen“ und „zusätzlichen Konventionalstrafen“, die dem Main-Kinzig-Kreis „wenig Zweifel an der tatsächlichen Richtung dieses Schreibens geben“.

Landrat Thorsten Stolz bewertete diese Antwort als „faktische Verweigerungshaltung“ und sieht das unverändert so, nachdem über Wochen hinweg zunächst gar kein Kontakt zur Stadt Frankfurt hergestellt werden konnte und dann „die Hürden für eine Einigung bewusst hoch gelegt“ wurden (lesen Sie auch hier: Anzahl der Geflüchteten nimmt zu: Main-Kinzig-Kreis fühlt sich von Politik im Stich gelassen)

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Der Main-Kinzig-Kreis hätte sich nach eigenen Angaben für eine bestimmte Übergangszeit und gerade in dieser Notsituation eine solidarische Hilfe gewünscht. Der Landkreis müsse wöchentlich bis zu 160 Menschen neu ein Obdach und eine Versorgung organisieren, nur wenige erreichen in Familienbünden das Kreisgebiet.

„Letztlich kann eine Unterbringung schon rein organisatorisch zu diesen Bedingungen im Schullandheim nicht stattfinden. Stattdessen müssen andere behelfsmäßige Unterkünfte mit Hochdruck geschaffen und die bestehenden Notunterkünfte in den Turnhallen noch stärker ausgelastet werden – und in dieser Situation hätte eine übergangsweise Mitnutzung der Wegscheide dem Landkreis sehr geholfen“, teilte der Landkreis abschließend weiter.

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