„Wir haben uns etwas Besonderes für Kerbersdorf ausgesucht. Nämlich den heißesten Tag des Jahres. Aber auf 330 Metern ist man hier ja eigentlich schon in den Bergen. Und da ist es bekanntlich immer etwas kühler“, scherzte der stellvertretende Redaktionsleiter Hanns Szczepanek, der als Moderator durch den Abend führte.
Doch er musste nicht allein am Mikrofon stehen. Denn ein Teil der dreigeteilten Aufgabe, die unsere Redaktion ersonnen hatte, erforderte einen Co-Moderator, der etwas über die Geschichte des Ortes erzählen könne. Und da fand die Arge mit Hermann Lauer (76) einen echten Kenner und Könner. (Lesen Sie auch: Main-Kinzig-Kreis: Arbeitsgruppe Integration gewinnt KN-Bürgerwette in Schlüchtern)
Gefordert war, dass die Kerbersdorfer ein Freilicht-Museum aufbauen – mit mindestens sechs Stationen, an denen die Vergangenheit des Ortes zu sehen sein soll. Hermann Lauer führte durch die Stationen und erzählte zu jeder etwas. Die erste bildeten alte Ortsschilder und eine Kiste mit Unterlagen zur Ahnenforschung. Lauer: „Die verwandtschaftlichen Verflechtungen zeigen auf: Die Leute kamen nicht weit. Bauerstochter heiratet Bauersmann. Da reinzukommen, war nicht leicht.“
Zur zweiten Station mit Bildern und Informationen zum Basalt-Steinbruch erzählte Lauer, dass der Vater von Ortsvorsteher Winfried Weber und sein Vater dort einst Steine besorgt und damit das Kriegerdenkmal gebaut hätten.
In der dritten Station waren Haushaltsgeräte aus der „guten alten Zeit“ zu sehen. Die vierte Station beschäftigte sich mit Schreinerwerkzeug. Dort stand auch ein gut 300 Jahre altes Fenster. Weiter führte Lauer zur Freiluft-Kegelbahn, wo Bundesliga-Kegler Hagenbach zur Tat schritt. Allerdings sollten nicht mehr als drei Kegel nach drei Versuchen fallen – da brauchte Lauer nur einen Wurf, um den jungen Mann alt aussehen zu lassen.
In der Station sechs saßen zwei „Spinnerinnen“, die vor sich auch den „Wegweiser zum häuslichen Glück“ liegen hatten. Ein Nachschlagewerk, in dem zu lesen ist, wie man sich zu benehmen hat und was junge Damen tragen sollen, wie Lauer zu berichten wusste. Ebenfalls dort zu finden waren alte Briefe von Lauers Großmutter „Minna“ aus Herolz, die sie in Sütterlin-Schrift an ihren „innigst geliebten Heinrich“ nach Kerbersdorf schickte. Darin zu erfahren, wie sie im Jahr 1901 ihre Ankunft mit dem Vier-Uhr-Zug von Schlüchtern nach Salmünster ankündigte war herzallerliebst.
Nachdem die sechs Stationen „eingetütet“ waren, scherzte „Spinn-Dame“ Brigitte Ernst: „Wir machen zwölf Stationen und hätten gern den doppelten Gewinn.“ Szczepanek entgegnete: „Das nenne ich Kerbersdorfer Geschäftstüchtigkeit!“
Und es sollten tatsächlich annähernd zwölf Stationen sein, denn es folgten die Stationen sieben bis zehn: Alte Häuser und ihre Hausnamen waren zu sehen, ein Blick auf das Leben, wie es früher war, eine Oldtimer-Ausstellung mit historischen Schätzen oder die alte Feuerwehrspritze. Zum großen Finale klingelte die Schulglocke. Und Hermann Lauer nahm die Besucher mit in Station elf, in der Karten, Schulbänke und eine Originaltafel aus der 1825 erbauten Schule zu sehen war.
Das bedeutet, dass in drei Jahren das nächste Fest ansteht: 200 Jahre Schule. Auf Szczepaneks Frage: „Wollt ihr das wieder feiern?“, entgegneten die gut 120 Besucher an der Georg-Spang-Anlage lautstark: „Ja!“ Da wurde nicht lange überlegt, ob die Wette gewonnen wurde. Übererfüllt: Der Scheck ist weg – aber gefeiert wurde weiter.