Das Programm entfaltet sich inmitten von Kunstwerken. INK Sonntag-Ramirez Ponce stellt mit ihrer brillanten Zeichentechnik überraschend farbig Alltagssituationen hintereinander, deren innerer Zusammenhang sich erst beim intensiven Betrachten erschließt. Klaus Puths Cartoons geben tiefe Einblicke in die Gefühlswelt und den Umgangston von Gänsen mit Blick auf St. Martin. Luc Laignel zeigt Arbeiten aus einer Versuchsreihe in großen Formaten mit intensiver Farbigkeit. Ute Ringwalds skurrile wohlwollende Bilder strotzen vor Lebensfreude und Sinnlichkeit. Katrin Paul erobert mit ihren Papier-Skulpturen den Raum, gibt dem Material Papier eine erstaunliche Körperlichkeit in scheinbarer Schwere und geballter Leichtigkeit. Thomas Schunks „mindscapes“ eröffnen mit der Lochbildkamera und Infrarottechnik neue Sichtweisen auf die vertraute Umwelt.
Die diesjährige Kulturwerkwoche im Main-Kinzig-Kreis verspricht, überaus farbig und vielfältig zu werden. Der Autor Hasnain Kazim reagiert auf Schmäh- und Hass-Mails, die den Niedersachsen mit indisch-pakistanischen Wurzeln täglich erreichen: „Auf sie mit Gebrüll“, heißt es in seinem Eröffnungsvortrag zur Kulturwerkwoche.
Man darf gespannt sein, was der ungekrönte Meister der deutschen Poetry-Slam-Szene, Lars Ruppel, mit Schülern des Ulrich-von-Hutten-Gymnasiums erarbeitet. Er gilt als brillanter Moderator, Kabarettist und „Botschafter der deutschen Sprache“.
Die Obertöne menschlichen Gesangs rühren ganz besonders an. Das Ensemble „Wir4 – A-cappella mit Hang zu Obertönen“ beherrscht diese Kunst und verspricht, den Zauber archaischen einstimmigen Gesangs mit Weltmusik zu verschmelzen, lyrische und meditative Elemente mit vokalem Popsound zu kontrastieren. Die fünf Musiker von „Herzgespann“ verleihen Volksliedern mit historischen Instrumenten eine herzerfrischende Lebendigkeit. (Lesen Sie auch: Blätterteighäppchen und Apfel-Chutney: Main-Kinzig-Kreis kürt Sieger der dritten „Digitalen Küchenschlacht“)
In Zusammenarbeit mit „Kaleidoskop Hessen“ geht es mit theatralischen Mitteln Verschwörungstheorien auf den Grund. Kabarettistin Ellen Schaller verspricht mit Texten von Elke Heidenreich einen Abend für Frauen und für Männer, die schon immer alles über Frauen wissen wollten, sich aber nie zu fragen trauten. Das „Theater aller Art“ setzt sich mit Friedrich Dürrenmatts „Die Physiker“ mit der Frage von Verantwortung auch für Folgen von Handlungen anderer auseinander.
Die Tanzkompanie Artodance nimmt die Umgangstöne Frauen gegenüber aufs Korn, die in den sozialen Medien unverblümt sexistisch von unbekannten Männern angemacht werden. Denn Gewaltfantasien und unaufgefordert zugeschickte Fotos von entblößten männlichen Genitalien seien an der Tagesordnung. Man darf gespannt sein, wie es gelingen kann, dieses äußerst unangenehme Thema in die Sprache des Tanzes zu übersetzen.
Alle Veranstaltungen (mit Ausnahme des Elke-Heidenreich-Abends) finden in „The Stage“, Gartenstraße 50, in Schlüchtern statt.
10. November:
18.10 Uhr: Vernissage, musikalische Begleitung durch die Gibsies
20.10 Uhr: „Umgang mit Hass und Hetze“ mit Autor Haznain Kazim
11. November:
9.10 Uhr: Poetry-Slam-Workshop von Lars Ruppel mit Hutten-Schülern
20.10 Uhr: Auftritt
12. November: 20.10 Uhr: „Wir4“, A-cappella-Gesang (mit Hang zu Obertönen)
13. November: 11 bis 18 Uhr: Kunsthandwerkerausstellung und Kunsthandwerkermarkt
14. November: 20.10 Uhr: „Verschwört Euch“ mit Kaleidoskop Hessen
15. November: 20.10 Uhr: Tanztheater Artodance, „Can’t we just say no?“ Zu Umgangsformen mit Frauen im Netz und Gewalt gegen Frauen
16. November: 20.10 Uhr: „Herzgespann“, besondere Volksmusik
17. November: 20.10 Uhr (im Theatrium Steinau): „Ab morgen wird alles anders“. Ein Elke-Heidenreich-Abend mit Ellen Schaller
18. November: 20.10 Uhr, „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt, „Theater aller Art“, Regie: Arnold Pfeifer
19. November: 20.10 Uhr: Wenn der Nachbar den Zaun einreißt – Begegnungen mit der Ukraine
20. November: 16.10 Uhr: Finissage mit„Duo2sam“ und Versteigerung
Im Krieg Russlands gegen die Ukraine versagen die Umgangstöne. Die Kulturwerker wollen denen zuhören, die besonders betroffen sind. Junge Ukrainer werden sich musikalisch ausdrücken, lassen aber auch an ihren Gedanken teilhaben. Dennis Korn erreicht die Menschen in der Ukraine mit seiner Musik, während die Kooperation mit einer russischen Künstlerin schwieriger wird. Auch was die direkte Nachbarschaft zu Russland macht, erfahren die Zuhörer. Und Märchenerzählerin Margot Dernesch entführt in die Welt der ukrainischen Märchen.
Mit einem Rückblick in Bildern und einer amüsanten Versteigerung endet die Kunstwoche – bei Kaffee und Kuchen. (Von Barbara Kruse)