Parallel dazu gehen jedoch jenseits von Corona andere Erkrankungen, die zuvor schon die Intensivstationen ausgelastet haben, zahlenmäßig nicht zurück, gibt die Kliniksprecherin zu bedenken. Und die Anzahl der „bepflegbaren“ Betten sei zeitgleich natürlich nicht gestiegen.
Im Kinzigtal ist die Personallage nicht anders als in anderen Teilen Deutschlands: Es fehlt überall an Intensiv-Pflegefachkräften. Daher müsse jede Klinik diese Situation „aus dem Haus heraus“ lösen, erklärt Alexandra Pröhl. Dies geschehe durch Umstrukturierungen, die Verlegung planbarer Eingriffe sowie auch Personalverschiebungen. Derzeit würde die Belegschaft in der Intensivpflege durch rund 25 Pflegekräfte aus anderen Stationen unterstützt. Dadurch ist offenbar die Kapazität einer chirurgischen Station auf andere verteilt worden.
Erschwerend kommt hinzu, dass zum Mangel an Fachpersonal noch erschöpftes bestehendes Personal, das nach mehr als 20 Monaten Dauerbelastung durch Corona an physische und psychische Grenzen gekommen ist – oder diese auch überschritten hat, was ein hoher Krankenstand unter dem Pflegepersonal belegt. (Lesen Sie hier: Corona-Belastung in Krankenhäusern - „Da knabbert jeder dran“)
Im Jahr 2020 (in Klammern die Zahlen von 2019) waren in den Main-Kinzig-Kliniken in Gelnhausen und Schlüchtern insgesamt 2468 (2480) Menschen beschäftigt. Zu diesen zählen auch 242 (230) Auszubildende. In Gelnhausen haben im vergangenen Jahr 1753 (1733) und in Schlüchtern 715 (747) Personen gearbeitet.
Im Kalenderjahr 2020 wurden an den beiden Standorten der kreiseigenen Krankenhäuser insgesamt 1188 Covid-Patienten betreut. In Schlüchtern waren dies 250 Patienten auf der Normalstation und 7 Intensivpatienten, in Gelnhausen betrug deren Anzahl 938, wovon 215 auf der Intensivstation betreut werden mussten.
Zwar hätten (Intensiv-)Pflegekräfte durch den Corona-Stress auch die Main-Kinzig-Kliniken verlassen und sogar den Beruf gewechselt, doch viele von denen, die geblieben sind, könnten den Belastungen der Intensivpflege und speziell jenen durch die Covid-Betreuung nicht dauerhaft standhalten. Diese würden dann nach Möglichkeit in anderen Bereichen der zwei Krankenhausstandorte eingesetzt, weshalb sich diese Fluktuation in der relativ stabilen Gesamtzahl der Beschäftigten in den Main-Kinzig-Kliniken kaum widerspiegele (siehe Kasten).
Laut der Kliniksprecherin kam die Corona-Pandemie zu einer ohnehin „schon sehr angespannten Situation“ obenauf, denn es habe bereits zuvor große Knappheit an Intensivplätzen sowie Intensivpflegerinnen und -pfleger gegeben. Verschärft worden sei die Lage auch durch zusätzliche bürokratische Regularien wie die Pflegepersonaluntergrenze.
Ein weiteres Damoklesschwert, das über den Krankenhäusern schwebt, ist deren Finanzausstattung. Ohne erneute Corona-Ausgleichszahlungen drohe den Main-Kinzig-Kliniken ein Millionendefizit, mahnt deren Aufsichtsratsvorsitzender und Landrat Thorsten Stolz an. Zusammen mit Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (beide SPD) hat er einen eindringlichen Appell an den Bund gerichtet (siehe Artikel unten).