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Peter Tauber im Interview: „Mein Körper sagt mir, dass er jetzt eine Pause braucht“

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Von: Hanns-Georg Szczepanek, Tim Bachmann

Der frühere CDU-Generalsekretär und heutige Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber (46) gibt auch sein Mandat im hiesigen Bundestagswahlkreis 175 ab.
Der frühere CDU-Generalsekretär und heutige Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber (46) gibt auch sein Mandat im hiesigen Bundestagswahlkreis 175 ab. © Kay Nietfeld/dpa

Staatssekretär Dr. Peter Tauber (46) ist auf Abschiedstour. Die Gesundheit ist ein wichtiger Grund, warum sich der Gelnhausener nach zwölf Jahren in Berlin aus der Bundespolitik zurückzieht. Ein Gespräch über große und kleine Politik, Corona, Vergangenheit und Zukunft, die Bundeswehr, Gorch Fock und eigene Ziele.

Gelnhausen - Peter Tauber, Bundestagsabgeordneter im Main-Kinzig-Kreis, hat in der vergangenen Woche bekanntgegeben, dass er bereits zu Ostern sein Amt als Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium niederlegen wird. Das Bundestagsmandat soll zeitnah folgen. Im Interview begründet er seine Entscheidung und spricht über aktuelle bundespolitische Entwicklungen.

Herr Tauber, in Zeiten von Corona und speziell in Ihrem Fall viel mehr als nur eine Floskel: Wie geht es Ihnen?

Nach meiner Krankheit vor drei Jahren hatte ich jetzt wieder zwei Eingriffe, die noch Folgen dieser „Geschichte“ (eine Erkrankung des Magen-Darm-Trakts, Anm. d. Red.) waren. Mein Körper sagt mir sehr deutlich, dass er eine Pause braucht. Und zwar jetzt und nicht im Herbst. Darum will ich konsequent sein. Meine Aufgaben habe ich immer mit mehr als ganzer Kraft ausgeübt. Das kann ich derzeit nicht. Darum die Entscheidung, zu Ostern aufzuhören.

Kommt die Debatte um Lockerungen in der Corona-Pandemie aus Ihrer Sicht zu früh?

Ich möchte gern, dass wir so schnell wie möglich wieder ein normales Leben führen können. Ich habe viele Kontakte zu Unternehmern, auch aus dem Bergwinkel. Und was die fordern, ist ja kein dummes Zeug, wenn wir über die sogenannten Corona-Lockerungen sprechen. Das sind oft kluge Gedanken. Aber um über Lockerungen nachzudenken, muss ich so viele und so schnell wie möglich impfen. Und leider gehen die Zahlen momentan wieder in die falsche Richtung. Ich glaube, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern gerade am Beginn der Pandemie viel richtig gemacht haben. Aber jetzt waren eben auch Fehler dabei. Und die muss man schnell beseitigen.

Peter Tauber zu Corona-Lockerungen: Was Unternehmer fordern, ist ja kein dummes Zeug

Ihre ehemalige Chefin Ursula von der Leyen hat als jetzige EU-Kommissionspräsidentin zum Thema Impfstoffe ziemlich auf die Mütze bekommen. Wie schätzen Sie das ein?

Dass ganz viele, die vor einem halben Jahr noch gesagt haben, sich nicht impfen lassen zu wollen, jetzt sagen: „Wenn, dann aber jetzt schnell“, das ist doch eigentlich super. Wir haben uns Sorgen gemacht, dass sich die Leute nicht impfen lassen, aber das ist notwendig, damit wir zu einem normalen Leben zurückkommen. Geschimpft wird über die Politik immer. Man muss aber auch bedenken, dass man im Herbst noch nicht wusste, welche Impfstoffe zugelassen werden oder welche wirken. Auch andere Entscheidungsträger stehen ja in der Kritik. Und ich kann diese durchaus verstehen und nachvollziehen. In der Krise werden Fehler gemacht; die müssen aufgearbeitet werden. Ich bin schon lange der Meinung, dass es dringend notwendig ist, die Hausärzte bei der Corona-Impfung besser einzubinden. Die kennen ihre Patienten und deren Geschichten, die haben Erfahrung.

Ein anderes Thema: der Bundestags-Wahlkampf. Sie haben sich klar für Armin Laschet als CDU-Vorsitzenden ausgesprochen, allerdings keine Position bezogen, wer denn Ihr Nachfolger als CDU-Kandidat im Wahlkreis 175 werden soll.

Dafür gibt es ganz viele Gründe. Ich bin schon jemand, der provoziert. Nicht nur den politischen Gegner, sondern auch mal in den eigenen Reihen. Ich habe eine klare Meinung zu vielen Fragen, und ich weiß auch, dass die nicht jedem in der CDU gefällt. In dem Moment, in dem ich gesagt hätte: „Der Johannes (Wiegelmann, Anm. d. Red.) muss es werden“, wäre das nicht fair gewesen. Nicht ihm und auch nicht den anderen gegenüber. Johannes Wiegelmann ist einer der klügsten politischen Köpfe, die ich kenne. Und ein Talent. Er ist ja nicht „der kleine Tauber“. Ich wollte, dass die Leute ihn als unabhängige Persönlichkeit kennenlernen und nicht als meinen Wunschnachfolger, der er natürlich ist. Am Ende hat er im ersten Wahlgang gegen viele andere gute Kandidaten auch deshalb gewonnen.

Sie haben im Herbst gesagt, Sie wollen sich beruflich verändern. Gibt es etwas Neues?

Ich habe gesagt, ich möchte wieder wissenschaftlich tätig werden. Letzte Woche hat der Fakultätsrat der Universität der Bundeswehr in München meinen Antrag auf Eröffnung eines Habilitationsverfahrens positiv beschieden. Darüber freue ich mich sehr. Und auch auf die Arbeit in Forschung und Lehre an der Universität.

Peter Tauber: Mache politische Entscheidungen nicht von der Lautstärke Einzelner abhängig

Wir machen einen Sprung zu Ihrer Partei, der CDU. Vor der Wahl des Parteivorsitzenden haben sich etliche Ortsverbände in der Region für Friedrich Merz ausgesprochen. Nach der Wahl von Armin Laschet hieß es dann, die Parteitagsdelegierten hätten sich doch mehr an der Basis orientieren sollen ...

Ich kenne diese Stimmen natürlich. Vor dem Parteitag waren die Stimmen für Friedrich Merz auch sehr laut. Wir sind aber keine Sozialisten, sondern eine bürgerliche Partei. Deshalb gibt es auch kein imperatives Mandat. Die Delegierten haben mit ihrem Votum ihre Führungsverantwortung für die Partei wahrgenommen, so wie ich auch. Ich kann politische Entscheidungen von solcher Tragweite aber nicht von der Lautstärke einzelner Anhänger abhängig machen. Das ist meine Erfahrung nach zwölf Jahren im Bundestag. Man muss prüfen, was das Beste für die Partei oder, in anderen Fällen, was gut für das Land ist. Das entspricht meinem Verständnis von Führung.

Jene, die so laut waren, repräsentieren also nicht die Mehrheit in der CDU?

Ja. Und deshalb habe ich auch ehrlich gesagt, dass ich diesem Drängen von manchen aus der Parteibasis nicht nachgebe. Ich respektiere diese Ansicht, schätze durchaus Friedrich Merz, komme aber in meiner Abwägung zum Ergebnis, dass Armin Laschet der bessere Vorsitzende sein wird.

Video: Wieder Wasser unterm Kiel - Gorch Fock vor der Endausstattung

Stichwort SPD. Die Sozialdemokraten beziehen in puncto bewaffneter Drohnen eine ganz andere Position als ihre Koalitionspartner von der Union. Wie bewerten Sie das?

Ich verstehe nicht, warum sich die SPD nicht traut, eine Entscheidung zu treffen. Das Thema ist seit Jahren diskutiert. Unsere Soldaten brauchen diesen Schutz. Alle anderen Nationen verfügen darüber, wir sind aber jedes Mal darauf angewiesen, dass uns eine andere Nation schützt, wenn wir auf Patrouille gehen. Das wir das nicht selber können, ist peinlich. Unsere Soldatinnen und Soldaten verstehen eine solche Haltung ganz und gar nicht.

Zu den Vorbehalten gegen bewaffnete Drohnen ist zu sagen: Im Gegensatz zu einer Panzergranate oder einer Flugzeugbombe ist die Kontrolle und die Skalierung der Waffenwirkung viel genauer. Das heißt, es ist wesentlich einfacher, die Zahl von Opfern zu verringern. Dass wir eine bewaffnete Drohne nicht so einsetzen, wie das teilweise die Amerikaner gemacht haben, also um gezielt Menschen zu töten, das ist vollkommen klar. Deutschen Soldaten ist das so gezielte Töten von Zielpersonen verboten. Egal, mit welchem Waffensystem.

Mit der Verlängerung des Mandats für die Bundeswehr in Afghanistan sind Sie sicher einverstanden?

Wir haben mit Blick auf das Engagement der USA immer gesagt: Gemeinsam rein, gemeinsam raus. Das Mandat ändert sich zwar, ich bin aber nicht der Meinung, dass der lange Einsatz dort falsch war oder ist. Denn anders als bis zu den Anschlägen in den USA im September 2001 ist Afghanistan seither kein Ort mehr, von dem Terror gegen die westliche Welt und unsere Demokratien ausgeht. Dass die afghanische Gesellschaft inzwischen nicht so aussieht, wie wir uns das vielleicht wünschen, und die Taliban dort immer noch stark sind, ist auch eine Wahrheit. Aber sie sind keine Bedrohung mehr für unsere Sicherheit hierzulande. Das war das Ziel des Krieges.

Peter Tauber: Das Segelschulschiff Gorch Fock ist ein Aushängeschild für unser Land

Eine fast schon unendliche Geschichte ist die des Segelschulschiffs Gorch Fock. Was gibt es Neues?

Die kommt im Lauf dieses Jahres aus der Werft und wird wieder der Stolz der deutschen Marine sein.

Ihr Ministerium hat in dieser Sache viel öffentliche Prügel bezogen, vor allem wegen der Sanierungskosten von knapp 130 Millionen Euro. Warum hält die Marine daran fest?

Wenn Sie mit Marineoffizieren reden, dann hört man immer: Die Wochen an Bord dieses Schiffes sind so prägende Erlebnisse. Das Erfahren der Naturgewalten auf hoher See erlebt man dort beispielsweise ganz anders als auf einem modernen Kriegsschiff. Gleiches gilt auch für den Zusammenhalt in der Crew, die Seemannschaft. Das eine ist das militärische Handwerk, das auch in Extremsituationen beherrscht werden muss. Sie müssen aber auch im Zweifel in einem nicht beherrschbaren Umfeld kämpfen können. Die persönliche Erfahrung auf See kann nicht durch einen Simulator ersetzt werden. Deshalb verfügen viele Nationen über solche Segelschulschiffe.

Außerdem ist die Gorch Fock ganz nebenbei ein echtes Aushängeschild für unser Land. Wenn dieses schöne weiße Schiff mit seinen jungen Matrosen über die Weltmeere segelt und in vielen Häfen anlegt, dann freuen sich die Menschen dort. Was viele gar nicht wissen: Der erste diplomatische Kontakt der Bundesrepublik mit Israel nach dem Zweiten Weltkrieg wurde über die Gorch Fock geknüpft.

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