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Prozessauftakt gegen „Krawattenräuber“: Überfälle auf Banken, Taxi-Fahrer und Tankstelle

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bft-Tankstelle in Salmünster
Der Überfall auf die bft-Tankstelle in Salmünster am 7. März dieses Jahres ist Teil der Vorwürfe in der Anklage vor dem Landgericht Hanau. (Archivfoto) © Willi Schmitt

Eine Serie von Überfällen in Fulda und im Main-Kinzig-Kreis erschütterte im Frühjahr dieses Jahres die Region. Jetzt wird dem mutmaßlichen Täter – ein 21-Jähriger aus Großenlüder – der Prozess gemacht.

Bad Soden-Salmünster/Hanau - Seit Mittwoch muss sich der junge Mann vor der 2. Großen Strafkammer am Landgericht Hanau (Main-Kinzig-Kreis) als Jugendstrafkammer unter Vorsitz von Richterin Dr. Katharina Jost wegen schweren Raubes verantworten. Zum Prozessauftakt räumte er nach Angaben des Gerichts – wie schon bei einer polizeilichen Vernehmung – die Vorwürfe umfassend ein. Nach der letzten Tat Ende Mai dieses Jahres war er festgenommen worden und sitzt seitdem in Frankfurt in Untersuchungshaft. Die Fälle hatten wegen der „auffälligen Krawatte“ des Täters für Aufsehen gesorgt.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, in der Zeit vom 7. März bis 28. Mai in acht Fällen – teilweise unter Verwendung einer Schusswaffe – Raubüberfälle begangen zu haben. So soll er am 7. März gegen 22 Uhr eine Tankstelle in Salmünster betreten und den dortigen Mitarbeiter unter Vorhalt einer Schreckschusswaffe mit den Worten „Gib die Kasse her“ zur Herausgabe von Geld gezwungen haben. Nachdem ihm knapp 700 Euro in Scheinen und Münzen in seinen Rucksack gesteckt worden waren, flüchtete er zu Fuß.

Main-Kinzig-Kreis: Nach Überfällen - Prozessauftakt gegen „Krawattenräuber“

Zwei Wochen später waren dann binnen zwei Tagen zwei Taxifahrer seine Opfer. Am 20. März bestellte er nach 23 Uhr von einer Telefonzelle vom Buttermarkt in Fulda aus einen Chauffeur in die Saarstraße. Dort hielt er dem Mann eine Waffe an die Schläfe und raubte ihm 75 Euro. Tags darauf bestellte er einen Taxi-Kollegen in den Bornweg der Kurstadt, von dem er dann mit Waffengewalt gut 220 Euro Bargeld erbeutete.

Von da an wechselte der 21-Jährige seine Zielobjekte und hatte fortan Banken im Blick. Am 6. April tauchte er wohl gegen 17 Uhr in einem Geldinstitut in Bad Soden-Salmünster auf. Unter Vorhalten einer (Schreckschuss-)Pistole forderte er von zwei Mitarbeiterinnen Geld. Dabei machte er reiche Beute: Aus dem Tresor händigten sie ihm mehr als 22.000 Euro aus und verstauten das Geld in einem mitgebrachten Rucksack.

Am späten Vormittag des 6. Mai erbeutete der Angeklagte in einer Bankfiliale in Wächtersbach fast 14.000 Euro. Um die Mitarbeiter einzuschüchtern, hatte er seine Jacke geöffnet, wo eine geladene goldfarbene Schreckschusswaffe vom Typ Browning zum Vorschein kam. Ein Detail dieser Tat: Der 21-Jährige fuhr laut Anklage vom Hohmühlenweg in Bad Soden mit einem VW Golf ohne Fahrerlaubnis zu dem Geldinstitut.

Mutmaßlicher Räuber vor Gericht: Beschaffungskriminalität wegen Kokainsucht?

Nach dem gleichen Tatmuster ging der Angeklagte am 17. Mai in einer Bankfiliale in der Fuldaer Bahnhofstraße vor. Nachdem die bedrohte Mitarbeiterin mehrfach betonte, dass das dortige Geldinstitut kein Geld verwahre, flüchtete der Angeklagte ohne Beute.

Am 18. Mai war dann eine Bank in Gelnhausen sein Ziel. Dort richtete er seine Waffe direkt auf das Gesicht eines Mitarbeiters und bekam in der Folge rund 12.000 Euro Bargeld ausgehändigt.

Schließlich überfiel der Angeklagte am 28. Mai ein Geldinstitut im badischen Waghäusel-Wiesental (Landkreis Karlsruhe). Dort erbeutete der Angeklagte wohl knapp 12.500 Euro. Dennoch forderte er noch das Öffnen des Tresors. Als die Mitarbeiter ihn auf einen Zeitverschluss hinwiesen, verließ er die Bank.

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Nur gut zwei Stunden später wurde der Verdächtige während einer größeren Polizeiaktion in einem knapp zehn Kilometer entfernten Supermarkt mithilfe eines Einsatzkommandos festgenommen.

Die Gerichtsverhandlung soll im Dezember fortgesetzt werden. Bis dahin will die Kammer ein psychiatrisches Gutachten einholen. Ein forensischer Psychiater soll klären, inwieweit bei dem Angeklagten ein Suchtverhalten – es handelt sich um Kokain – und damit einhergehend Beschaffungskriminalität eine Rolle gespielt haben. (ls)

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