In den ersten sechs Jahren auf dem Chefsessel im Landratsamt hat Thorsten Stolz manches verändert und neu angestoßen. Nun will er natürlich auch die Früchte seiner politischen Arbeit ernten. Vergnügungssteuerpflichtig waren die Pandemiejahre ohnehin nicht, doch dies galt schon in seinen ersten Monaten als Landrat. Denn im Kreistag konnte Stolz auf keine feste Mehrheit bauen. Nach seiner Direktwahl 2017 lagen die Kommunalwahlen, in denen die Koalition aus SPD, Grünen und Freien Wählern zerbrach, schon mehr als ein Jahr zurück. Stolz zimmerte erfolgreich an einem neuen Bündnis seiner SPD mit der CDU; im Februar 2018 gab es einen Koalitionsvertrag.
In Gelnhausen ist Thorsten Stolz am 1. September 1979 als einziges Kind der Familie geboren worden und wuchs auch in der Barbarossastadt auf. Nach Schulabschluss und Wehrdienst führte ihn die Ausbildung nach Frankfurt, wo Stolz an der Verwaltungsfachhochschule die Schwerpunkte Verwaltungsrecht, Kommunalrecht und öffentliche Finanzen studiert hat – „mit dem Wissen, wie wichtig diese Themen für eine gute Kommunalpolitik sind und damit auch für die Menschen vor Ort“, schreibt er auf seiner Internetseite zur Landratswahl.
Das Duale Studium schloss er 2003 ab und arbeitete einige Jahre als Diplom-Verwaltungswirt in der Finanzabteilung der Stadt Frankfurt. Nach eigenem Bekunden wurde bei Stolz in dieser Zeit der Wunsch stärker, auch politisch zu gestalten. Und dies „am liebsten in meiner Heimatstadt Gelnhausen“. Deshalb bewarb sich der Sozialdemokrat 2006 um die Nachfolge von Jürgen Michaelis (CDU) im Amt des Bürgermeisters. In der Stichwahl setzte er sich mit 62,3 Prozent gegen den christdemokratischen Kandidaten durch. 2012 wurde Stolz mit 77 Prozent der Stimmen wiedergewählt.
Im März 2017 bewarb er sich ebenfalls um die Nachfolge in einem öffentlichen Amt – diesmal das des Landrats. Dieses hatte bis dahin Erich Pipa (SPD) inne, der nicht mehr kandidierte. Stolz setzte sich im ersten Wahlgang gegen fünf Mitbewerber mit knapp 58 Prozent Stimmenanteil durch. Seit 2010 ist Stolz verheiratet. Er und seine Frau Ninja sind „stolze Eltern von zwei großartigen Jungs im Alter von sieben und vier Jahren“.
Dieses Bündnis hat auch die Kommunalwahlen 2021 überdauert, jedoch die Union nicht davon abgehalten, mit der Hanauerin Gabriele Stenger eine eigene Landratskandidatin aufzustellen. Stolz erklärt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass er von der CDU-Kandidatur nicht überrascht war, ihm die Bewerberin zuvor aber unbekannt gewesen sei. (Lesen Sie hier: Ein Abschied und ein Neuanfang: Sinntals Bürgermeister Carsten Ullrich feierlich verabschiedet)
Als durchaus positiv kann er hingegen für sich werten, dass keine andere im Kreistag vertretene Partei oder Wählergruppe Mitbewerber aufstellte. Einzige Ausnahme ist die Linke, die aber an eigenen Versäumnissen gescheitert ist. Thorsten Stolz versichert, dass ihm der ländliche Raum weiterhin am Herzen liege. Ländliche Gebiete gebe es zwar auch im Westkreis, doch der SPD-Kandidat bezieht dies vor allem auf den Ostkreis bis hinauf zum Landrücken.
Die Redaktion porträtiert im Rahmen der Landratswahl 2023 im Main-Kinzig-Kreis auch Kandidatin Gabriele Stenger (CDU) aus Hanau.
Das von ihm initiierte und 2018 gestartete Kreis-Förderprogramm für den ländlichen Raum werde um weitere Jahre verlängert. Über dieses Programm können sowohl Privatpersonen, etwa junge Familien, als auch Kommunen (insgesamt 109 Orts- und Stadtteile) bei Investitionen in Gebäude und Grundstücke, Sanierungen, innovative Vorhaben oder Projekte der Grundversorgung und Daseinsvorsorge unterstützt werden. Das Volumen eines Projekts muss mindestens 10.000 Euro betragen, wovon jeweils ein Drittel förderfähig ist. Maximale Fördersumme: 25.000 Euro. Laut Stolz sind von den bislang ausgeschütteten 4,4 Millionen Euro gut die Hälfte in den Bergwinkel geflossen. „Spitzenreiter“ seien hierbei Sinntal und Schlüchtern.
Beim Glasfaserausbau durch die kreiseigene Breitbandgesellschaft in 120 Gewerbegebieten sei „ganz bewusst im Ostkreis begonnen worden“, erläutert Stolz. Etwa 500 Unternehmen hätten von dem Vorhaben profitiert, das sich „auf den letzten Metern“ befinde. Wegen der größeren Entfernungen im ländlichen Raum seien allein 2,4 der etwa 13 Millionen Euro in den Bergwinkel geflossen.
Wie bei den Gewerbegebieten bleibe auch der Breitbandausbau bis in die Privathaushalte für die Antragsteller kostenfrei. Der sogenannte FTTH-Ausbau ist im Vorjahr gestartet. In manchen Kommunen sind hierbei private Firmen tätig, jedoch zu denselben Bedingungen. Der Bergwinkel werde aus topografischen Gründen mit 52 der insgesamt circa 200 Millionen Euro überproportional bedacht, betont Stolz. Der Kreis-Anteil betrage zehn Prozent. Der Bund zahle die Hälfte und das Land Hessen 40 Prozent. Über einen gesonderten Fördertopf werde der Anschluss von Weilern oder Aussiedlerhöfen forciert.
Zusammen mit den Städten und Gemeinden will Thorsten Stolz eine kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft ins Leben rufen. Diese soll zwar vor allem Wohnungsmangel im Westkreis lindern, doch über das bestehende Förderprogramm fließe schon jetzt Geld in Wohnbauprojekte wie jenes auf dem ehemaligen Langer-Areal in Schlüchtern. Dort sind es laut Stolz etwa 900.000 Euro, beim Kultur- und Begegnungszentrum schlügen 1,3 Millionen Euro zu Buche.
In seine 100 Schulen will der Landkreis laut Thorsten Stolz bis 2027 etwa 150 Millionen Euro investieren, vor allem auch in Ganztagsangebote an Grundschulen. Mindestens 20 Millionen Euro sieht der Landrat im Bergwinkel verplant. Schwerpunkte seien die Stadtschule Schlüchtern und die Henry-Harnischfeger-Schule in Salmünster.