„Stiefmütterliche Behandlung“ - Personalmangel bei der Polizei im Main-Kinzig-Kreis

Die Antwort auf eine Anfrage, die Landrat Thorsten Stolz aus dem Main-Kinzig-Kreis an die Landesregierung gestellt hat, scheint die Personalmisstände bei der Polizei zu bestätigen: Im Kreisgebiet sind viele Stellen unbesetzt. Die Beamtinnen und Beamten vor Ort haben mehr als 102.000 Überstunden angehäuft.
Main-Kinzig-Kreis - „Die Antworten der Landesregierung zur Situation der Polizei im Kreisgebiet zeigen leider genau das, was ich seit Jahren immer wieder sage. Die Beamtinnen und Beamten in den hiesigen Stationen haben aktuell wenig Grund zur Hoffnung, dass sie von ihrem hohen Berg an Überstunden herunterkommen und nachhaltig entlastet werden. Das geht nur über mehr Personal, das dann auch tatsächlich in der Fläche ankommt“, erklärt Landrat Thorsten Stolz (SPD).
Main-Kinzig-Kreis: Anfrage beziffert Personalmangel bei der Polizei - mehr als 102.000 Überstunden
Der Landrat hatte die beiden heimischen Landtagsabgeordneten Christoph Degen und Heinz Lotz gebeten, aktuelle Zahlen zur personellen Ausstattung der Polizeistationen beim Land Hessen anzufragen, „um das vernehmbare Bauchgrummeln in den Polizeidienststellen und aus deren Umfeld zu überprüfen“. Die Antworten auf eine entsprechende Kleine Anfrage liegen nun vor, wie der Kreis in einer Pressenotiz erklärt.
Demnach haben in den vergangenen drei Jahren 2224 Anwärterinnen und Anwärter hessenweit ihre Ausbildung beendet. Bloß 53 von ihnen wurden im Main-Kinzig-Kreis eingesetzt. Höherer Bedarf wäre jedoch gegeben. Kreisweit sind gut sechs Planstellen nach wie vor unbesetzt, heißt es weiter.
„Hinzu kommen etwa ebenso viele Planstellen, die de facto unbesetzt sind – wegen längerer Krankheit oder Elternzeit von Polizeikräften. Vakanzen gibt es überall, vor allem aber auf den Stationen im Westkreis. Und während jährlich ein bestimmter Stellenaufwuchs stattfindet, summieren sich die Überstunden der Beamtinnen und Beamten im Kreisgebiet mittlerweile auf offiziell über 102.000“, teilt der Landkreis mit.
Landrat Thorsten Stolz: „Unser Landkreis wird in puncto Sicherheit von Hessen stiefmütterlich behandelt“
„Gut und wichtig ist, dass die Polizei insgesamt schon personell stärker geworden ist, etwa im Bereich von Hanau-Land und in Maintal. Aber das ist noch lange nicht der nötige Durchbruch, auf den die Beschäftigten der Polizei seit vielen Jahren warten, denn die neu geschaffenen Stellen müssen auch personell besetzt werden. Das ist leider oftmals nicht der Fall“, so Stolz.
Landrat Thorsten Stolz erneuert laut Pressemitteilung in dem Zusammenhang seine Forderung, die Polizeidienststellen in der Fläche zu stärken und im ersten Schritt die offenen Stellen schnellstmöglich zu besetzen. „Der Main-Kinzig-Kreis wächst, insbesondere im urbanen und großstädtischen Umfeld im Westkreis. Die Personaldecke bei der Polizei ist dabei nicht im gleichen Maße mitgewachsen“, so der Landrat. (Lesen Sie hier: „Epochale Entscheidung“: Stadt Hanau und Main-Kinzig-Kreis über Kreisfreiheit einig)
Wenn trotz der erkennbaren Überbeanspruchung der Beamtinnen und Beamten vor Ort nur 53 von 2224 junge Polizeikräfte den Dienststellen des Kreises zugewiesen werden, so Stolz, „dann muss ich klar sagen: Unser Landkreis wird in puncto Sicherheit vom Land Hessen stiefmütterlich behandelt“: „Die Zuweisung entspricht etwa 2,2 Prozent des neu ausgebildeten Personals und damit nur weit entfernt dem Anteil der Kreisbevölkerung an der Bevölkerung des Landes Hessen.“
Personalmangel bei der Polizei im Main-Kinzig-Kreis - Abgeordnete fordern besseres Einstellungsprogramm
Christoph Degen erkenne „Probleme des Landes bei seinen Einstellungsoffensiven“: „Niemandem ist geholfen, wenn Personalprobleme in der Polizei beschönigt oder übertüncht werden, am wenigsten den Beamtinnen und Beamten, die Tag für Tag Dienst tun. Überstunden, die für weit über 2500 Wochen Überstundenabbau reichen würden, sind die traurige Wahrheit.“
Gemeinsam mit Heinz Lotz will er sich weiter für eine gute Polizeiausstattung im Main-Kinzig-Kreis einsetzen. Die beiden Landtagsabgeordneten bereiten schon die nächste Anfrage dazu vor. Lotz fordere ein Einstellungsprogramm des Landes Hessen, das nicht nur die Personallücken in bestimmten Bereichen in den Blick nimmt.
„Wenn die Decke entweder hinten oder vorne zu kurz ist, dann muss das Ausbildungsprogramm selbst schleunigst vergrößert und attraktiver werden, damit es eben für die verschiedenen Ebenen der Exekutive gleichermaßen reicht. Dazu gehört auch eine bessere Vergütung, hier liegt Hessen unter dem Bundesdurchschnitt“, so Lotz.