Dazu komme, dass Bad Orb, wenn es um die Suche nach Personal gehe, ein Standortproblem habe. Im Gegensatz zu Betrieben in Ballungsräumen ist ein Auto vor Ort zwingende Voraussetzung – und bei den steigenden Spritpreisen schrumpfe der Radius, in dem Beschäftigte bereits sind, den Weg zur Arbeit zurückzulegen. Wie groß die Personalnot teilweise gewesen ist, zeigt sich auch daran, dass die Toskana-Therme zeitweise den Betrieb einschränken musste, weil nicht genug Mitarbeiter da waren. (Lesen Sie auch: Therme-Neubau im osthessischen Bad Salzschlirf? So ist laut Bürgermeister der Zwischenstand)
Das Interesse an Jobs in dieser Branche hat sich schon immer in Grenzen gehalten. Hinzu kommt die nicht gerade üppige Bezahlung und die Arbeitszeiten; meist dann, wenn alle anderen frei haben. Und mit der Pandemie, so Pavlovic, ist auch ein wichtiges Argument für eine Tätigkeit im touristischen Bereich weggefallen: Ein Job im Hotelfach wäre krisensicher.
Tatsächlich sind aber die Mitarbeiter mit der Kurzarbeit in ein tiefes Loch gefallen, beschreibt Pavlovic. Das Reduzieren der ohnehin schon niedrigen Gehälter habe viele Beschäftigte in existenzielle Schwierigkeiten gebracht. Viele hätten sich andere Jobs suchen müssen „und viele sind nicht mehr zurückgekommen“, so Pavlovic.
In Einstellungsgesprächen habe sie die Erfahrung gemacht, dass es nicht einmal die nicht gerade üppige Bezahlung sei, sondern vor allem die Arbeitszeiten, die Bewerber abschreckten. Besonders die Generation der 20- bis 30-Jährigen, die jetzt in den Arbeitsmarkt einsteige, sei nicht mehr dazu bereit. Die Beschäftigten, die geblieben sind, hatten es nicht leicht, nach langer Zwangspause wieder von Null auf Hundert zu kommen.
Außerdem hätten nicht alle Gäste Verständnis dafür, dass auch in Therme und Gastronomie die Vorgaben der Politik einzuhalten seien. Regelmäßig sei es bei den Gästen zu emotionalen Ausbrüchen gekommen. Diese seien „teils schwer unter die Gürtellinie gegangen.“ Und als dann klar war, „dass wir zumachen müssen, da sind Tränen geflossen“.
Letztlich habe die Pandemie dazu geführt, dass „ich 90 Prozent meiner Arbeitszeit mit Personalthemen beschäftigt war“. Es sei nur darum gegangen, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Dabei seien die strategische Arbeit und Kreativität, also das, was ihren Job ausgezeichnet habe, auf der Strecke geblieben.
Großen Dank richtet Ilka Pavlovic an ihr bisheriges Team. Die Beschäftigten hätten immer mitgezogen, auch in scheinbar aussichtslosen Zeiten. Beispielsweise bei dem Projekt „Wasserkante“, als – coronakonform – Speisen und Getränke im Freien am Beckenrand angeboten wurden.
Vor der Pandemie hatte Pavlovic fünf Jahre Zeit, Dinge in ihrem Sinne zu bewegen. So kann sich der Betrieb mit einem Nachhaltigkeitssiegel schmücken und erhielt ein Qualitätszertifikat. Das Hotelkonzept spricht mittlerweile verstärkt Wellnessgäste an.
Eine Nachfolge für Hotel- und die Thermenleitung gibt es bislang nicht. Das übernimmt vorerst Christian Lohmann von „Toskanaworld“. Er bescheinigt Pavlovic einen „unerschütterlichen Enthusiasmus“. Sie habe Hotel und Therme mit den rund 120 Mitarbeitern nachhaltig geprägt. (Armin Wagner)