Über die Sterbfritzer Internetchronik fand sich ein Kontakt zum Dorfverein „Starwetz lebt!“, dessen Mitglieder weitere Informationen beitragen konnten. Jochen Melk vom Chronik-Team des Vereins erstellte aus bereits digitalisierten Standesamtsdaten einen kleinen Stammbaum, der bis zu den Großeltern von Tracy Whipples Großvater Wilhelm Eckhardt zurückreicht. Auch einige Wohnorte der Familie konnten ermittelt werden.
Die zusammengetragenen Informationen zur Lebensgeschichte ihres Vaters wurden schließlich der noch immer in den USA lebenden Rita Whipple zu ihrem 89. Geburtstag per Videoanruf präsentiert. Es war ein Geschenk der ganz besonderen Art und sie kommentierte es auf Deutsch mit den Worten: „Ich habe wirklich einen Vater!“
Dieser Vater, Wilhelm Eckhardt, wurde 1902 in Sterbfritz (Main-Kinzig-Kreis) geboren. In den frühen 1930er Jahren zog es ihn, wie viele andere, nach Frankfurt. Dort fand er eine Stelle als Hotelangestellter und lernte die Jüdin Klara Tannenbaum kennen. Acht Monate nach der Geburt von Tochter Renate erkannte er auf einem Standesamt in Frankfurt die Vaterschaft an.
Die Recherchen, die Tracy Whipple nun zu ihrem ersten Aufenthalt in Deutschland geführt haben, werden von Gilles Bovon und einem französischen Kameramann in einem Dokumentarfilm festgehalten. Ortsvorsteher und Dorfverein-Vorsitzender Willi Merx (BWG) erläuterte ihr vor Ort in Sterbfritz detailliert die recherchierten Familienverhältnisse.
Sichtlich bewegt erkundigte sich Tracy Whipple nach den näheren Lebensumständen ihrer Vorfahren und der Menschen im Ort. Veranschaulicht wurde ihr die Geschichte auch durch historische Fotos – unter anderem von dem Geburtshaus ihres Großvaters.
Dieses stand an der heutigen Ecke Schlüchterner Straße/Alte Schlüchterner Straße und wurde beim Straßenneubau Ende der 1930er Jahre abgerissen. An diesem Standort thematisierten die Teilnehmenden des Rundgangs das Schicksal der einst großen jüdischen Gemeinde in Sterbfritz.
Als Geschenk für Rita Whipple überreichte der Dorfverein ihrer Tochter Tracy ein Exemplar des Buches „Aus unbeschwerter Zeit“ von Max Dessauer, in dem der Autor von seiner Kindheit berichtet, als in Sterbfritz Juden und Christen noch einträchtig beieinander wohnten.
Zu einer besonders berührenden Begegnung kam es abschließend an der Klingenmühle. Wilhelm Eckhardts Vater starb, als der Junge sieben Jahre alt war. Seine Mutter, eine geborene Gunkel, heiratete daraufhin den Müller Johannes Strott, sodass Wilhelm mit seinen Geschwistern dort seine weitere Kindheit verbringen konnte.
Der als kurzer Halt geplante Besuch der Klingenmühle wurde zum bewegenden Moment, als Tracy Whipple klar wurde, dass der jetzige Besitzer Jean Strott, den sie nun kennenlernen durfte, der Sohn des Stiefbruders ihres Großvaters war.
Ob das Filmprojekt ihres Lebensgefährten ein reines Privatprodukt bleibt oder ob es zu einer Veröffentlichung – vielleicht auch in Deutschland – kommt, ist derzeit noch unklar. Dem Dorfverein wurde jedenfalls ein fertiges Exemplar versprochen.