Maria (6) aus Angola erlitt schwerste Verbrennungen – eine OP in Schlüchtern half ihr
Schlüchtern - Jedes Jahr behandelt das Team der Schlüchterner Klinik für Chirurgie kleine Patienten aus Afrika auf humanitärer Basis. Dieses Jahr war Maria, ein Mädchen aus Angola, zu Gast im Krankenhaus und stellte den Stationsalltag auf den Kopf.
Von unserem Redaktionsmitglied Laura Zirkel
Eine große Menschentraube, unter ihnen viele ehrenamtliche Unterstützer, steht an jenem Freitag im vergangenen November am Düsseldorfer Flughafen. Sie alle warten auf ganz besondere Gäste: Eine Gruppe erkrankter und schwer verletzter Kinder aus Angola hat sich angekündigt. Im Empfang genommen werden die 75 Kinder von den Mitarbeitern der Hilfsorganisation Friedensdorf International.
Unter den vielen Ankömmlingen ist auch die kleine Maria. Das Mädchen aus Luanda erlitt schwerste Verbrennungen und wird nun von den Ärzten und Pflegekräften im Schlüchterner Krankenhaus behandelt. „Die Main-Kinzig-Kliniken haben seit 1994 eine Kooperation mit der Oberhausener Hilfsorganisation. Die Initiative hat einst der ehemalige Chefarzt der chirurgischen Abteilung, Dr. Heino Rutner, eingeleitet. Darüber bin ich sehr dankbar“, berichtet der behandelnde Chefarzt Dr. Christoph Schreyer.
Mehrstündige Operation
Die sechsjährige Maria aus der angolanischen Hauptstadt hat es besonders schwer getroffen: Eine Kerze kippte um und setzte die Kleidung des kleinen Mädchens in Brand. „Die Verbrennungen waren so großflächig und vernarbt, dass Maria ihren Arm gerade noch um 70 Grad anheben konnte, eine ausreichend medizinische Versorgung war in Angola nicht möglich“, berichtet Chefarzt Schreyer.
Über zweieinhalb Jahre sind seit diesem tragischen Unfall vergangen. Die Eltern von Maria hatten sich bei der Hilfsorganisation gemeldet, mit der Hoffnung, dass ihrem Kind geholfen wird. Dieser Wunsch wurde ihnen erfüllt: Gemeinsam mit dem plastischen Chirurgen Attila Zari operierte Schreyer das kleine Mädchen in einer mehrstündigen OP.
Doch die Behandlung ist schwierig und langwierig: So muss die Angolanerin noch lange nach der OP eine Kompressionsweste tragen, die eigens für sie vom Sanitätshaus Ruppert in Schlüchtern angefertigt und zur Verfügung gestellt wurde. Auch eine regelmäßige Krankengymnastik ist für den Heilungsprozess notwendig. Da Physiotherapie mit einer Sechsjährigen aber fast unmöglich ist, haben sich der behandelnde Arzt und das Pflegepersonal etwas ganz Besonderes ausgedacht.
„Waka-Waka“-Tanz als Physiotherapie
„Wir tanzen Shakiras ,Waka-Waka‘-Song, so kommt die Kleine in Bewegung“, verrät Odete Vinhas-Gutbier, eine ehrenamtliche Betreuerin, die fließend Portugiesisch spricht – die Muttersprache von Maria. Ein ungewöhnliches Bild, wenn in einem Krankenhaus plötzlich getanzt wird. Doch die afrikanische Patientin hat den Stationsalltag mächtig auf den Kopf gestellt: „Es kann passieren, dass Maria mit den Schwestern auf dem Flur Hüpfkästchen hüpft“, berichtet Vinhas-Gutbier.
„Aber das ist alles noch unproblematisch, wir hatten auch schon Fälle, bei denen der Aufzug als Fußballtor umfunktioniert wurde oder der Krankenhausflur als Rollschuhlaufbahn diente“, ergänzt der Chefarzt mit einem Lachen. „Doch bei all dem Unsinn, den die Kinder im Kopf haben, bleibt nicht zu vergessen, das sie schon viel in ihrem Leben durchgemacht haben. Deshalb versuchen wir die Anreise möglichst angenehm zu gestalten“, berichtet Bärbel Franz von Friedensdorf International.
„Die Kinder müssen sich erst mal akklimatisieren. Um ihnen den Aufenthalt zu erleichtern, reisen sie immer in einer Gruppe an und verbringen die erste Zeit gemeinsam in einem Kinderhaus“, fährt Franz fort. Über vier Monate verbrachte Maria in Deutschland, jetzt ist es an der Zeit, Abschied zu nehmen. Viele Erinnerungen wird sie in ihre Heimat mitnehmen können, vor allem aber die Aussicht auf ein besseres, barrierefreies Leben. „Die Kinder sind sehr tapfer und voller Lebensfreude, trotz der schweren Krankheiten. Davon können sich die ein oder anderen Patienten hier etwas abschauen“, sagt Schreyer abschließend.