Mehr als nur ein Deutschkurs: Flüchtlinge in Bad Soden
bad soden - Als die katholische Frauengemeinschaft (kfd) in Bad Soden-Salmünster vor gut einem Jahr angefangen hat, Deutschkurse für Flüchtlinge anzubieten, nutzten etwa zehn Teilnehmer dieses Angebot. Inzwischen nehmen mehr als 30 Menschen an dem Sprachkurs teil, der dienstags und mittwochs im Bad Sodener Maximilian-Kolbe-Haus stattfindet – auch in den Ferien.
Von unserem Redaktionsmitglied Hanns Szczepanek Dreh- und Angelpunkt bei der Organisation ist Gudrun André, die nicht nur bei der kfd eine wichtige Akteurin ist, sondern bislang auch Vorsitzende des Sozialausschusses im Stadtparlament gewesen war. Mehrfach ist die Sozialdemokratin für ihr großes ehrenamtliches Engagement auch öffentlich gewürdigt worden. Doch die 67-Jährige drängt sich nicht nach Lobreden, sondern wirkt gemeinsam mit den zusammen etwa 20 kfd-Frauen und Helfern aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis lieber hilfreich im Hintergrund.
Denn die beiden Vormittage für den Sprachkurs, der mittlerweile in drei größere Gruppen von Anfängern bis hin zu den Fortgeschrittenen aufgeteilt worden ist, werden von den Flüchtlingen nicht allein zum Deutschlernen genutzt.
Die Asylbewerber haben vielerlei Fragen in Zusammenhang mit Behörden und Bürokratie oder suchen Hilfe bei der Lösung von Alltagsproblemen. Diese ergeben sich oft aus der Unkenntnis von Abläufen und Gepflogenheiten in Deutschland, welche wiederum durch Sprachkenntnisse deutlich zu verringern sind – oder dann gar nicht mehr entstünden.
Viele Analphabeten
Der Deutschkurs der kfd, der durch ein Angebot des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) montags und donnerstags in Salmünster ergänzt wird, steht vor allem jenen Flüchtlingen offen, die nach ihrer Registrierung noch keinen Aufenthaltstitel haben. Dies sind zurzeit einige Syrer und Nordafrikaner, in erster Linie aber Afghanen. Bei letzteren kommt erschwerend hinzu, dass sie in ihrem Heimatland häufig keine Schulbildung erhalten haben.
Viele sind daher Analphabeten. Und selbst wenn sie lesen und schreiben können, dann in der Regel nicht in dem in Westeuropa üblichen Alphabet. „Die meisten Neuankömmlinge sind Handwerker oder ohne Ausbildung. Der Anteil der Akademiker liegt bei vielleicht fünf bis zehn Prozent“, schätzt Gudrun André.
Die vom Landratsamt organisierten staatlichen Sprachkurse, bei denen die Teilnahme Pflicht ist, richten sich vor allem an offiziell geduldete oder „gestattete“ Flüchtlinge aus Syrien, Irak, Iran oder Eritrea. Afghanistan steht nicht auf dieser Länderliste, obwohl die Fluchtgründe mancher Kursteilnehmer im Kolbe-Haus nicht minder schwerwiegend sind.
So erzählt André von einem afghanischen Kfz-Mechaniker, der geflüchtet ist, weil er eine ultimative Forderung der Taliban nicht erfüllen wollte: Autos zu rollenden Bomben umbauen. Eine Weigerung hätte der Mann mit dem Leben bezahlt. „Wir bekommen hier manchmal Lebensgeschichten mit, die schier unvorstellbar sind“, berichtet André.