Neujahrsempfang der Agentur für Arbeit: Gysi polarisiert
LANGENSELBOLD - So wie sie es angekündigt hatten, blieben die Vertreter der CDU im Main-Kinzig-Kreis dem Neujahrsempfang der Agentur für Arbeit gestern fern. Anlass war die Einladung des Linken-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Gregor Gysi, als Podiumsgast.
Die Verpflichtung des Protagonisten der Linkspartei für den Empfang der Arbeitsverwaltung in der Langenselbolder Klosterberghalle war zwischen Hanau und Fulda zum Jahreswechsel zu einem Politikum geworden. Nicht nur Christdemokraten übten herbe Kritik an dem Auftritt des Vertreters der SED-Nachfolgepartei. Dessen Gegenpart auf dem Podium sollte der frühere hessische Wirtschaftsminister Florian Rentsch (FDP) bilden. „Neutralität kann man auf verschiedene Arten ausüben." Vor den etwa 500 Gästen erklärte Rentsch, warum er sich einem Duell mit Gysi stelle: „Das gehört in einer Demokratie dazu." Alexander Noblé, Chef der Agentur für Arbeit in Hanau, stellte in seiner Begrüßung die Frage: „Kann und darf eine Behörde Politiker einladen, die eine polarisierende Meinung vertreten?" Die Antwort lieferte er gleich hinterher: „Neutralität kann man auf verschiedene Arten ausüben." Die Einladung Gysis und Rentschs belege politische Ausgewogenheit, denn in den Vorjahren „waren Vertreter von CDU, SPD und Grünen zu Gast". Gysi verwies darauf, dass er sich einmal jährlich mit dem Vorstandschef der Bundesagentur, Frank-Jürgen Weise, treffe. Der „ist auch von der CDU und hat da überhaupt kein Problem." Gysi: „Wenn man mehr Sozialstaat will, muss auch die Wirtschaft funktionieren."
Und Gysi wäre nicht Gysi, wenn er nicht wüsste, welche Sätze auch Unternehmer gerne hören: „Ich will, dass die Banken wieder Dienstleister werden und nicht die Politik macht, was die Banken sagen", weiß er natürlich auch, seine sozialkritischen Punkte geschickt zu verpacken: „Frauenberufe sind immer schlecht bezahlt, und wenn sie dann irgendwann einmal gut bezahlt werden, sind es keine Frauenberufe mehr." Für die anwesenden Unternehmer hatte er diesen Satz parat: „Wenn man mehr Sozialstaat will, muss auch die Wirtschaft funktionieren, das hat inzwischen auch die Linke begriffen." So fängt man ein Publikum ein.
Florian Rentsch hatte es danach als zweiter Redner naturgemäß schwer, immerhin sorgte sein Auftritt dafür, dass die inzwischen wieder komplett männliche Führungsriege der Kreis-FDP wieder einmal in vorderster Reihe sitzen durfte. „Wenigstens hat der Wein über fünf Prozent", begutachtete er sein Gastgeschenk ganz genau. Beim Mindestlohn gab es sogar eine kleine Übereinstimmung mit dem Linken-Fraktionschef: „Handwerklich richtig schlecht."