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Nötigung im Morgenzug – Verfahren eingestellt

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Von: Redaktion Fuldaer Zeitung

Gelnhausen - Eine 19-Jährige ist vor einem Jahr auf einer Zugfahrt von Frankfurt zurück ins Kinzigtal von einem 28-Jährigen Offenbacher angefallen worden. Der Mann wurde nun vor Gericht schuldig gesprochen, mit einer Strafe wird er aber wohl dennoch nicht rechnen müssen.

Das unschöne Zusammentreffen hat sich in den frühen Morgenstunden des 6. Januars vergangenen Jahres ereignet. Die junge Frau aus Freigericht hatte mit Freunden die Nacht zuvor in Frankfurt gefeiert. Mit dem ersten Regionalexpress fuhren sie zurück ins Kinzigtal. Doch die 19-Jährige hatte unterwegs Streit mit ihren Bekannten und entfernte sich deswegen aus der Gruppe. In einem anderen Abteil suchte sie Ruhe an einem Fensterplatz.

Nur wenige Meter entfernt saß der einzige weitere Passagier dieses Wagens, der 28-jährige Offenbacher, der auf dem Weg zu seiner Mutter in Gelnhausen war. Auf der Strecke zwischen Langenselbold und der Barbarossastadt stand er auf, ging zu der jungen Frau, sprach sie an und wollte ihre Hand nehmen, was sie jedoch abwehrte. Daraufhin packte er sie am Hals, drückte sie gegen die Fensterscheibe, öffnete sich die Hose und raunzte sie an: "Lass es nur einmal zu!"

Nach Leibeskräften wehrte die Freigerichterin die Attacke ab, befreite sich aus dem Griff und floh über die Sitzbank aus dem Waggon. Der Offenbacher schrie ihr noch Ausdrücke wie "Kleines Miststück" und "Schlampe" hinterher. Das Opfer rief ihre Freunde und den Zugbegleiter, die gemeinsam den Täter bis zum Eintreffen der alarmierten Polizei festhielten. "Er war sehr aggressiv", erinnerte sich die Frau.

Der Offenbacher stritt vor Gericht alle Vorwürfe vehement ab, stellte sich im Gegenteil sogar als Gutmenschen dar. Er habe die 19-Jährige weinen sehen und ihr helfen wollen, sie lediglich angesprochen und "zur Beruhigung auf die Schulter geklopft". Der Angeklagte räumte ein, vor Antritt der Zugfahrt in einer Shisha-Bar eifrig Wodka getrunken zu haben.

Insgesamt habe er in seinem Leben schon viele Dummheiten gemacht, aber diese Vorwürfe stimmten "von vorne bis hinten nicht".

"Ja meinen sie denn, die Frau hat sich das alles nur ausgedacht", wunderte sich der Vorsitzende – zumal der junge Mann vor Gericht kein Unbekannter ist. Zuletzt war er vor dem Amtsgericht Hanau wegen schwerer Körperverletzung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Einen Teil davon saß er ab. Dann kam er auf Bewährung frei. Diese wurde später allerdings wegen neuer Vorfälle wiederrufen. So sitzt er seit zwei Wochen nun bis Mitte Oktober die Reststrafe in der Justizvollzugsanstalt Hünfeld ab. Bei der Gerichtsverhandlung in Gelnhausen wunderte er sich, dass er auf der Anklagebank alleine Platz nehmen musste. Ursprünglich sollten zwei Rechtsanwälte für seine Verteidigung sorgen. Doch nach und nach hatten beide abgesagt. Der eine – ein relativ bekannter Strafverteidiger – legte erst rund eine Stunde vor Verhandlungsbeginn bei einem Anruf im Gericht sein Mandat nieder.

Trotz aller Unschuldsbeteuerungen des 28-Jährigen ging Richter Dr. Ott von der Schuld des Mannes aus, sah die Anklagevorwürfe Nötigung und Beleidigung erfüllt. Dennoch stellte er das Verfahren ohne Auflagen ein. Der Grund: Da er wegen der gefährlichen Körperverletzung schon eine erhebliche Strafe absitze, müsse ein Gesamturteil mit den neuen Taten gebildet werden. Und dabei fielen diese "kaum noch ins Gewicht". / ls

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