Diese stellen sich nun Fragen, wie es zu der jetzigen Situation kommen und „wie man uns ohne Vorwarnung mit einer solchen Massenentlassung überrollen konnte“. Es hätten doch vorher Gespräche geführt werden können, um einen Weiterbetrieb beider Kliniken sicherzustellen.
Nach dem Paukenschlag mit den Kündigungen habe man vonseiten der neuen Verantwortlichen „damit rechnen können, dass die Mitarbeiter danach nicht mehr in der Lage sind, normal weiterzuarbeiten“. Die Vorgehensweise habe auf die Belegschaft „befremdlich und unprofessionell“ gewirkt. Wenn sich nun Führungspersonal teils als Opfer darstelle, sei dies „zynisch und unerträglich“, zumal vor dem Hintergrund, dass „manche unserer Kollegen in wenigen Wochen überlegen müssen, ob sie lieber Heizung, Strom oder Lebensmittel bezahlen“.
Mit gekündigten Beschäftigten würden derzeit Gespräche geführt und Verträge zu „arbeitsmarktnahen Konditionen“ angeboten, also mit niedrigeren Beträgen. Dies hatte die Geschäftsleitung der Klinik St. Marien zu Monatsbeginn im Gespräch mit unserer Zeitung auch nicht bestritten. Grund sei, dass in den insolventen Kliniken die Entlohnung nicht selten „deutlich über dem Branchenschnitt“ gelegen habe, hieß es.
Auf die Fragen in dem Offenen Brief bezogen Insolvenzverwalter Dr. Lucas F. Flöther (Halle/Saale) und Investorin Yun Zhang (Klinikleitung St. Marien) bis Dienstagabend zwar keine Stellung, doch in einer Mitarbeiter-Information verweisen sie auf das Ende Oktober vorgestellte Fortführungs- und Sanierungskonzept zwischen der Klinik Lohrey GmbH und der Klinik St. Marien GmbH & Co. KG, auf dem auch Interessenausgleich und Sozialplan basierten. Es sei klar, dass das gewählte Konzept „mit harten Einschnitten verbunden“ sei, doch sowohl Flöther als auch Zhang wollten diese „möglichst sozialverträglich gestalten“. Ohne die Einschnitte sei ein wirtschaftlicher Klinikbetrieb aber unmöglich. In der bisherigen Form habe dieser zu hohen Verlusten geführt, die künftig zu vermeiden seien.
Die Umsetzung des Konzepts sei nach Überzeugung aller Beteiligten die einzig verbliebene Möglichkeit, das Unternehmen und den Klinikbetrieb zu erhalten. Dank zu zollen sei all jenen, die sich „in den letzten Tagen zu der Einrichtung bekannt haben“. Wer sich bisher aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sah, seine „Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen“, solle seinen Dienst unverzüglich wieder anzutreten. Die gekündigten Kolleginnen und Kollegen seien dazu eingeladen, ihre Arbeit „bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wieder aufzunehmen und sich für eine Weiterbeschäftigung im Unternehmensverbund des Investors zu empfehlen“.
In dem Offenen Brief konstatieren die vier Mitarbeiterinnen, dankbar für die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen aus der benachbarten Klinik St. Marien zu sein, „doch wie lange kann diese Unterstützung geleistet werden?“ Die Sorge der bisherigen Pflegekräfte gelte auch den Patienten und deren adäquater Versorgung. Etwa, wenn zwei Pflegekräfte einen Dienst abdecken würden, der noch vor wenigen Wochen mit bis zu acht Pflegekräften besetzt gewesen sei.
Der Offene Brief schließt mit dem Hinweis „Wir wollen keine Vorwürfe machen, keine Beschuldigungen äußern. Doch wir wissen nicht, an wen wir uns wenden sollen. (...) Wie sieht das Konzept aus? Wie lange hält der Zustand der Notversorgung an? Wir wünschen uns Transparenz, wir möchten erfahren, ob und wie es weiter geht“.