Opfer berichtet von Gewaltexzess und Drohung: „Ich will dich umbringen“

Hanau - Die Tat erinnert an einen Horrorfilm. Im Streit zwischen zwei Flüchtlingen soll einer dem anderen mit einem Messer in den Hals gestochen haben. Dann soll der mutmaßliche Täter sein Gesicht grausam verschandelt haben. Nun sagt das Opfer erstmals im Prozess aus.
Das Opfer einer qualvollen Gesichtsverstümmelung hat in einem Revisionsprozess erstmals von seinem Martyrium berichtet. Als Zeuge sagte der 20-Jährige am Montag vor dem Landgericht Hanau aus, wie der mutmaßliche Täter auf ihn eingestochen und dann in seine Ohren gebissen habe.
Er habe Kaugeräusche des auf ihm sitzenden Angreifers wahrgenommen und könne sich an Todesdrohungen erinnern: „Ich werde dich umbringen“. Und: „Ich werde dich fressen“. Zudem habe der Täter ihm mit einem Messer nach Hieben in den Hals auch in die Augen gestochen.
Zu der schauderhaften Tat soll es im Oktober 2016 in Schlüchtern zwischen den beiden Flüchtlingen gekommen sein. Das Opfer aus Somalia besuchte den befreundeten Flüchtling aus Eritrea in dessen Wohnung. Dort soll der Täter laut Anklage mit zwei Messern in den Hals des damals 18-Jährigen gestochen. Danach soll er ihm mit Stichen und Schnitten das Gesicht entstellt haben. Augen und Ohren wurden schwer verletzt. Das Opfer ist seither nahezu blind.
Zur Aussage wurde er am Montag in den Gerichtssaal geführt. Er trug eine getönte Brille, um seine Verletzungen zu verdecken. Nach der Tat sei er vier Monate im Krankenhaus gewesen, danach per Reisebus zu Verwandten in die Schweiz gefahren. Vom ersten Prozess habe er gar nichts mitbekommen, sagte das Opfer.
Der Angeklagte war Ende Juni 2017 zu neuneinhalb Jahren Haft wegen versuchten Totschlags und schwerer sowie gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. Das Landgericht muss sich erneut mit dem Fall befassen, weil der Bundesgerichtshof das erste Urteil wegen Rechtsfehlern aufhob.
Der Angeklagte konnte sich an die vom Opfer geschilderten Details nicht erinnern, wie er am Montag über seinen Rechtsbeistand angab. Er trug eine andere Version vor: Sie hätte auf einer Spielkonsole gezockt. Der Somalier, das spätere Opfer, habe gewonnen, ihn ausgelacht und verhöhnt und den Kreuz-Anhänger von seiner Kette abgerissen. Der mutmaßliche Täter ist Christ, das Opfer Muslim.
Dann kam es laut dem Angeklagten zu einer Schlägerei. Dabei sei wohl auch ein Messer im Spiel gewesen. Aber an Einzelheiten könne er sich nicht mehr erinnern. Dann sei die Polizei in der Wohnung erschienen. Von den schweren Verletzungen des Opfers habe er erst später erfahren. Er sagte, er habe den Somalier keinesfalls töten oder so schwer verletzen wollen. Streit um 50 Euro, wie von der Staatsanwaltschaft angenommen und vom Opfer bestätigt, habe es nicht gegeben. Der Prozess wird am 25. Oktober um 9 Uhr fortgesetzt. / dpa/lhe