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Äste abgeschnitten, um Windrad-Flügeln Platz zu machen: Grundstücksbesitzer wurde nicht informiert

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Von: Tim Bachmann

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Dieses Windrad-Rotorblatt passierte am Montagmorgen die Streuobstwiese von Achim Heilmann an der K933 bei Elm. Um die Teile liefern zu können, wurden einige von Heilmanns Bäumen beschnitten. Ohne seine Erlaubnis. © Walter Dörr

Achim Heilmann (62) ist sauer. Richtig stinkig. Und das verständlicherweise. Denn ohne ihn zu informieren, wurden auf seiner Streuobstwiese bei Elm gleich an mehreren Bäumen einseitig Äste abgesägt – damit die Schwertransporte mit ihren Windrad-Teilen Richtung Brandensteiner Forst gelangen konnten.

Elm - Für Heilmann sind das nicht irgendwelche Bäume, schließlich wurden sie dereinst von seinem Großvater gepflanzt. Und der Elmer befürchtet, dass einige seiner Obstbäume nun eingehen werden. Doch einen Schuldigen zu ermitteln, war für den 62-Jährigen gar nicht so einfach. So meldete sich der gesundheitlich angeschlagene Rentner zuerst bei der Straßenmeisterei (Hessen-Mobil) und dann beim Ordnungsamt der Stadt Schlüchtern (Main-Kinzig-Kreis). Doch beide versicherten, die Arbeiten nicht veranlasst und auch nicht durchgeführt zu haben.

Main-Kinzig-Kreis: Äste von Privatgrundstück für Windrad-Flügel abgeschnitten

Also wendete sich Heilmann ans Regierungspräsidium Darmstadt (RP) und, als keine konkrete Antwort kam, an die mutmaßlich verantwortliche Genehmigungsinstanz: die Verkehrsbehörde des Main-Kinzig-Kreises. Schließlich liegt seine Streuobstwiese an der Kreisstraße 933.

„Am 12. Oktober habe ich während der Apfelernte auf meiner naturbelassenen Streuobstwiese festgestellt, dass an meinen älteren Apfelbäumen die Richtung Straße gewachsenen Äste bis zum Stamm und in mein Grundstück hinein halbseitig abgesägt und beseitigt wurden“, klagt Heilmann in dem Schreiben an den Kreis. Aufgrund des einseitigen Absägens zu dieser Jahreszeit rechne er damit, dass seine Bäume statische Probleme kriegen und absterben werden.

Achim Heilmann auf seiner Streuobstwiese bei Elm.
Achim Heilmann auf seiner Streuobstwiese bei Elm. Die Äste der Bäume wurden einseitig gekappt, um Transportern Platz zu schaffen. Die Missetäter nahmen das Holz mit, ließen jedoch die Späne zurück (vorne). © Tim Bachmann

Zeugen hätten ihn auch darauf hingewiesen, dass Firmenfahrzeuge mit Fuldaer Kennzeichen an seinem Grundstück standen, die wohl mit dem Absägen der Bäume in Verbindung gebracht werden könnten. Noch immer liegen dort Holzhäckselhaufen herum. Und große Holzsplitter, „was zu Schäden an meinem Rasenmäher beim Ausmähen unter den Bäumen führen wird“, ärgert sich der Rentner. Und Ärger kann er aufgrund seines Herzleidens gar nicht gebrauchen.

Warum und wen die Äste störten, ist dem Elmer aber durchaus klar: Derzeit werden im Brandensteiner Forst zwei Windräder errichtet. Und der Transportweg führt nun mal an seiner Streuobstwiese vorbei.

Fast noch mehr als über die abgesägten und „geklauten“ Äste ärgert sich Heilmann darüber, dass er nicht informiert wurde, und auch darüber, dass naturbelassene Streuobstwiesen außerhalb von Ortschaften per Gesetz als geschützte Biotope zählen und ein Eingriff, der über eine schonende Pflege und Bewirtschaftung hinausgeht, in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde erfolgen sollte – also dem Kreis.

„Mir geht es nicht nur um die Bäume - es geht ums Prinzip“

Seitens der Kreisverwaltung erhielt Heilmann auf seine Anfrage übrigens die Antwort, man könne seinen Unmut durchaus nachvollziehen. Die Behörde sei grundsätzlich auch für die Genehmigung der eigentlichen Fahrten von Großraum- und Schwertransporten zuständig. Zur Vorbereitung der Fahrtstrecken würden jedoch eigene verkehrsrechtliche Anordnungen – auf Basis einer Streckenstudie oder ähnlichen Planungen – erlassen. Allerdings in diesem Fall nicht durch die Kreis-Verkehrsbehörde.

Schließlich meldete sich das RP auf die Anfrage von Heilmann, und daraufhin – unaufgefordert – ein Projekt-Ingenieur des Windpark-Betreibers Juwi, der wohl vonseiten des RPs informiert wurde, wie dem Schriftwechsel zu entnehmen ist. Der Juwi-Ingenieur schreibt: „Wir haben die Rückmeldung von unserem Nachunternehmer bekommen, dass er Ihre Bäume entlang der K 933 zurückgeschnitten hat. Ich möchte Ihnen daher vorschlagen, dass wir uns vor Ort treffen, um uns ein gemeinsames Bild von den Bäumen zu machen und Schritte zur Regulierung des Schadens zu besprechen.“

Das will Heilmann allerdings nicht. Es gehe ihm nicht um eine Entschädigung. Es geht ihm vielmehr ums Prinzip. Folglich wird er die Sachbeschädigung zur Anzeige bringen und sich nicht weiter herumärgern. Auch, um sein Herz zu schonen.

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