1. Fuldaer Zeitung
  2. Kinzigtal

„UN-Generalsekretär Guterres hilft mir“ - 84-Jähriger erzählt dubiose Geschichte vor Gericht

Erstellt:

Von: Ulrich Schwind

Justitia
Vor dem Amtsgericht Gelnhausen hat ein 84-Jähriger eine dubiose Geschichte erzählt. (Symbolbild) © Rolf Vennenbernd/dpa/Symbolbild

Besitzer eines Schlosses zu sein, das war der Traum des 84-Jährigen. Schon vor vielen Jahren sollte das Realität werden. Doch bislang wurde nichts aus dem Plan. Außer einer teuren Notarrechnung, die bis heute nicht bezahlt ist.

Gelnhausen - Und deswegen landete der Senior nun auf der Anklagebank des Amtsgerichts Gelnhausen (Main-Kinzig-Kreis). Unfreiwillig. Am frühen Morgen hatte ihn eine Polizeistreife an seinem Wohnort in Staufenberg im Landkreis Gießen abgeholt und in die Barbarossastadt chauffiert. Eine Vorsichtsmaßnahme des Gerichts, weil der Angeklagte zu einem früheren Termin nicht erschienen war. Er ist sich schließlich keiner Schuld bewusst.

Gelnhausen: 84-Jähriger erzählt dubiose Geschichte vor Gericht

Aber zurück zum Traum vom Schloss: Der betagte Herr hatte vor rund fünf Jahren von einem Makler gehört, dass Schloss Naumburg im Nidderauer Stadtteil Erbstadt zum Verkauf stehe. Nicht unbedingt ein Schnäppchen: Drei Millionen Euro wurden als Kaufpreis für die rund 30.000 Quadratmeter große Anlage aufgerufen. Darauf mehrere Gebäude, die schon bessere Tage gesehen haben.

Der 84-Jährige hatte damit aber Großes vor. Die gesamte Anlage sollte auf Vordermann gebracht und weitere neun Gebäude hinzugebaut werden. Insgesamt sollte daraus eine Hilfeeinrichtung für behinderte junge und alte Menschen entstehen. Die Pläne dafür lägen in seiner Schublade, betonte er. Abgewickelt werden sollte das ganze Projekt über eine noch nicht ganz fertig gegründete Stiftung.

Natürlich kostet das alles viel Geld. Doch die Mittel dazu habe er, berichtete der Rentner gegenüber Richter Wolfgang Ott. Er habe viele Jahre zusammen mit seiner Frau im Ausland gearbeitet. Da habe sich einiges angehäuft. Von einem Vermögen von über 50 Millionen Euro soll einst die Rede gewesen sein, erinnerte sich der beauftragte Notar als Zeuge vor Gericht. Noch heute stehe das Geld für das Projekt bereit, betonte der Angeklagte – auf dem Konto einer Londoner Bank.

Deswegen wisse er auch gar nicht, warum er sich nun vor Gericht verantworten müsse. Da klärte ihn die Vertreterin der Staatsanwaltschaft Hanau auf. Sie warf ihm vor, im September 2018 einen Notar aus dem Raum Gelnhausen beauftragt zu haben, einen Vertrag für den Ankauf des Schlosses vorzubereiten, was der auch machte. Und es gab einen Termin zur Unterzeichnung mit den Verkäuferinnen. Doch bei dem Treffen platzte dann alles. Obwohl er einen Bankauszug vorlegte, der bescheinigen sollte, dass auf seinem Konto rund drei Millionen Euro geparkt sind, kamen Bedenken auf, ob alles mit rechten Dingen zugehe.

Bis heute ist der Kaufvertrag nicht unterschrieben. Und bis dato wartet auch der Notar auf die Zahlung eines Geldbetrags von knapp 12.000 Euro von dem Rentner für die angefallenen Gebühren. Unterschrieben hat dieser bei dem Makler allerdings 2018 eine Kaufabsichtserklärung für das Schloss-Areal.

Statt Schlossbesitzer nun Angeklagter: 84-Jähriger zahlte Rechnung nicht

Der Notar hat natürlich zwischenzeitlich versucht, mit juristischen Zwangsmitteln an sein Geld zu kommen. Die Gerichtsvollzieherin teilte ihm jedoch mit, der Rentner habe bereits im Jahr 2017 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Mit ernüchterndem Ergebnis: keine Vermögenswerte oder sonst Pfändbares vorhanden. Der Mann lebe von einer kargen Rente.

Doch das ficht den betagten Herrn nicht an. Noch im Gerichtssaal versprach er, schon in der kommenden Woche den ausstehenden Geldbetrag zu überweisen. Das sei gar kein Problem. Und er plauderte ein bisschen aus dem Nähkästchen. So ließ er die Runde beispielsweise wissen, dass er gute Kontakte zu UN-Generalsekretär António Guterres pflege und regelmäßig mit diesem telefoniere.

Just am Morgen, als die Polizei an der Tür klingelte, habe er ihn noch an der Strippe gehabt. Dieser wolle ihn bei der Finanzierung des Projekts Naumburg zudem finanziell unterstützen. Auch sonst mangele es ihm nicht an Kontakten: Tags zuvor habe ihn noch US-Außenminister Antony Blinken in Staufenberg besucht, ließ er das Gericht wissen. Außerdem sei er offizieller Botschafter der Uno, was ihm „absolute Immunität“ sichere. Zum Beweis legte er dazu Richter Ott Unterlagen vor.

Der Vorsitzende vertagte zunächst die Verhandlung und beauftragte den Pflichtverteidiger, Unterlagen über den Gesundheitszustand des Mannes zu besorgen – speziell aus dem Jahr 2018, um über die Schuldfähigkeit des Mannes entscheiden zu können. Unterdessen will der Staufenberger den Kauf des Schloss-Areals weiter vorantreiben: „Herr Guterres hilft mir.“

Eine kuriose Erklärung lieferte kürzlich auch ein 81-Jähriger vor Gericht. Er wurde angeklagt, weil er vor Frauen in einer Sauna-Anlage in Schlüchtern masturbiert hatte.

Auch interessant