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In wahrstem Wortsinn „in neuem Glanz“ - Festgottesdienst zur Wiedereröffnung der Stadtkirche St. Michael

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Von: Hanns-Georg Szczepanek

Kirche St. Michael beim Festgottesdienst zur Wiedereröffnung
Gut gefüllt: Die Kirche St. Michael beim Festgottesdienst zur Wiedereröffnung am Ostermontag. © Hanswerner Kruse

Der Ostermontag 2023 bleibt für Schlüchterns evangelische Kirchengemeinde durch mehr als nur eine frohe Botschaft in Erinnerung. Neben der Osterbotschaft lieferte Montagvormittag auch die Wiedereröffnung der Stadtkirche St. Michael den Anlass für einen sehr festlichen Gottesdienst.  

Schlüchtern - Zwei Jahre lang war das evangelische Gotteshaus wegen grundlegender und daher umfangreicher Sanierungsarbeiten geschlossen geblieben. Nun kann es wieder für Gottesdienste und andere Veranstaltungen wie zum Beispiel Konzerte genutzt werden. Ein solches stand bereits am selben Nachmittag auf dem Programm: Bei dem Chorkonzert wurde vor allem das „Magnificat der Engel“ von Gunther Martin Göttsche uraufgeführt.

Schlüchtern: Festgottesdienst zur Wiedereröffnung der Stadtkirche St. Michael

Die „Wiederinbesitznahme“ von St. Michael durch die Kirchengemeinde und deren Gäste war Montag (10. April) begleitet von staunenden Blicken, denn das Interieur hat sich in erster Linie farblich sehr deutlich gewandelt. Herrschten bis 2021 an Wänden, Gestühl, Emporen und Säulen die im Jahr 1970 aufgetragenen Farben Rosa und Flaschengrün vor, die seinerzeit das beigefarbene und graue Dekor von 1952 abgelöst hatten, so erstrahlt das Innere der Stadtkirche nunmehr in Weiß im Wechsel mit einem hellem Grau, das je nach Lichteinfall auch andere Farbnuancen anzunehmen scheint.

Jedenfalls trifft die mitunter überstrapazierte Redewendung „erstrahlt in neuem Glanz“ auf die neue alte Stadtkirche in Schlüchtern ausnahmsweise voll und ganz zu. Diese Ansicht äußerten vor und nach dem gestrigen Gottesdienst selbst solche Gemeindemitglieder, die dem Wechsel der Grundfarben anfangs eher skeptisch gegenübergestanden sind. 271 000 Euro hat die Kirchengemeinde über Jahre hinweg durch Spendenaktionen während drei Förderkreisen selbst aufgebracht. Diesen Betrag hat der Kirchenerhaltungsfonds der Landeskirche verdoppelt.

Zusammen mit Zuschüssen der evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und dem Kirchenkreis Kinzigtal ist eine Investitionssumme von 1,6 Millionen Euro zusammengekommen. Nach den Worten von Pfarrer Wilfried Battefeld, der die Kirchensanierung in Schlüchtern von der ersten Idee an bis zu deren Abschluss durchgehend begleitet hat, wird dieser Kostenrahmen trotz pandemiebedingter Einschränkungen, Materialengpässen und Teuerung „quasi in einer Punktlandung“ eingehalten werden können.

Kirche-Eroeffnung
Der Jugendchor St. Michael, dirigiert von Bezirkskantorin Dorothea Harris. © Hanswerner Kruse

Durch die neue Innenraumgestaltung gewonnen haben zweifellos die Darstellungen des heiligen Michael an den Außenwänden links und rechts des Altarraums. Die beiden Reliefs der Künstlerin Hannah Wölfel kommen – auch durch deren farbliche Anpassung – besser als vorher zur Geltung. Das eine Relief zeigt St. Michael als Drachenbezwinger, das andere den Namensgeber der Kirche als Seelenbegleiter.

Während der musikalischen Beiträge von Chor-Ensembles, Bläsern und Orchester trat noch ein anderer Aspekt der Kirchen-Neugestaltung zutage – und zwar deutlich hörbar: eine klar optimierte Akustik. Ob der verbesserte Klang allein auf das Konto der nun leicht abgehängten Decke geht oder ob die neuen Farben, die Entfernung des in Jahrzehnten unmerklich abgelagerten Staubes oder die Bearbeitung des Bodens mit dazu beigetragen haben, können weder Baufachleute noch Musizierende so richtig erklären. Auf jeden Fall steigt dadurch die Vorfreude auf jedwedes Konzert.

Musik und Gesang

Für die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes sorgten als Projektchor die Kantorei St. Michael Schlüchtern zusammen mit dem Vokalensemble Schlüchtern und Gästen, der Jugendchor St. Michael, ein Projektorchester sowie Bläser des Kirchenkreises Kinzigtal, mit denen Detlef Steffan geprobt hat. An der Orgel und am Klavier agierten Bezirkskantorin Dorothea Harris und Kantor Dr. Michael Schneider, die auch für die musikalische Gesamtleitung verantwortlich zeichneten.

Zur allgemeinen Freude über die Wiedereröffnung der Stadtkirche passte auch der strahlende Sonnenschein, der am Vormittag den Kirchenraum und die Gemüter durch die ebenfalls neuen Fenster erhellte. Nach dem feierlichen Einzug von Kirchenvorstand, Ortsausschuss und Geistlichen hieß Annalena Failing als geschäftsführende Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Schlüchtern die knapp 400 Anwesenden in der Kirche willkommen.

Gleich danach gab es die erste musikalische Premiere, denn der Projektchor führte eine eigens für diesen Tag erstellte Auftragskomposition von Johannes Schild auf. Der in Köln und Zürich tätige Musikhochschulprofessor hatte den Psalm 26 „Herr, ich habe lieb die Stätte Deine Hauses“ vertont. Darin gelang ihm unter anderem, eine zeitgenössische Melodik mit im besten Wortsinn gefälligen Harmonien zu verbinden. Schild lauschte der Darbietung persönlich.

Nach Bittrufaufforderung und Gebet von Pfarrerin Simone Schneider ließ der Jugendchor eine weitere Erstaufführung folgen: Die Komposition „Drei Frauen am Grab“ zum Osterevangelium aus dem bereits erwähnten „Magnificat der Engel“ von Gunther Martin Göttsche.

Pröpstin Sabine Kropf-Brandau
Pröpstin Sabine Kropf-Brandau während ihrer Predigt. © Hanswerner Kruse

„Wie hell, wie schön Ihre Kirche ist“, freute sich die Pröpstin Sabine Kropf-Brandau zu Beginn ihrer Predigt mit der Kirchengemeinde in Schlüchtern, zumal vor dem Hintergrund, dass „dies alles nicht selbstverständlich ist“. Sie sei aber „sicher, dass Gott heute lacht, wenn er nach Schlüchtern schaut“.

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