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Fleischermeister Dirk Ludwig aus Schlüchtern: Online-Handel nimmt immer stärker zu

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Von: Walter Kreuzer

Dirk Ludwig ist immer offen für Innovationen – wie beim Aqua Aged Beef, das durch Mineralwasser saftig bleibt.
Dirk Ludwig ist immer offen für Innovationen – wie beim Aqua Aged Beef, das durch Mineralwasser saftig bleibt. © Der Ludwig

Zwei Problemfelder sieht der weit über die Region hinaus bekannte Fleischermeister Dirk Ludwig (46), die ihm mit Blick auf seine Branche Sorgen bereiten: Es gibt immer weniger Landwirte und es fehlt der Nachwuchs – vor allem in den Läden.

Schlüchtern - „Man kann Leute glücklich machen: Das Strahlen eines Kunden, der nach 100 Kilometer Fahrt sein Tomahawk-Steak sieht, ist etwas besonderes. Und man kann kreativ sein – auch beim Thema Wurst. Es ist einfach, neue Produkte zu entwickeln, die du am selben Tag noch in der Hand halten kannst“, schwärmt Dirk Ludwig aus Schlüchtern von seinem Beruf. Lachend räumt er ein, nicht immer den Geschmack der Kundschaft zu treffen: „Meine Lieblingswurst kommt aus dem österreichisch-bayerischen Raum. Die kauft bei uns kein Mensch. Mir schmeckt sie aber.“

Fleischermeister Dirk Ludwig aus Schlüchtern: Probleme seiner Branche bereiten ihm Sorgen

Er kann sie sich ja auch selbst herstellen, wenn ihm danach ist. Dieser Aspekt könnte bei seiner Feststellung eine Rolle spielen: „Der Fleischerberuf hat an Attraktivität gewonnen. Meine Ausbildungsstellen für 2021 sind schon besetzt. Metzger gibt es ausreichend, wie mir auch Kollegen erzählen. Sie haben aber das gleiche Problem wie ich: Es gibt kaum Nachwuchs bei den Verkäuferinnen.“

In der Gelnhausener Berufsschule seien aus den Altkreisen Gelnhausen und Schlüchtern nur acht Jugendliche im ersten Lehrjahr – sechs Fleischer und zwei Fleischereifachverkäuferinnen: „Das ist nicht genug.“ Ein zweiter Faktor, der die Zukunftsaussichten trübe, sei der Rückgang an landwirtschaftlichen Betrieben: „Es ist schön, dass es den Schlachthof in Fulda gibt. Aber er ist nicht ausgelastet, weil es nicht genug Landwirte gibt.“ Die etwa 30 Schweine, die er Woche für Woche schlachtet, bekommt er von einem Hof im Steinauer Stadtteil Rebsdorf geliefert, das Rindfleisch von Landwirten aus der Rhön.

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In Corona-Pandemie: Umsatz des Online-Handels von Fleischermeister Dirk Ludwig hat zugenommen

Der Absatz im Fachgeschäft von Dirk Ludwig aus Schlüchtern macht gut die Hälfte des Umsatzes aus. Teilten sich vor Corona Großabnehmer wie Handel und Gastronomie sowie der Bereich Online den Rest etwa in gleichen Teilen, so hat seither der Online-Handel stark zugelegt.

Dort werden in erster Linie Ludwigs Fleisch- und Steakspezialitäten nachgefragt. Für die bezieht er das Fleisch aus Niederbayern: „Ochsen sind in Deutschland schwer zu bekommen – abgesehen von dem Landstrich zwischen München und Landshut. Dort haben sich viele Landwirte darauf spezialisiert, und das Wissen wird weitergegeben.“ Er brauche extrem marmoriertes Fleisch von weiblichen Rindern, die noch nicht gekalbt haben: „Das ist extrem selten. Mit der Menge, die ich brauche, sauge ich fast den ganzen deutschen Markt auf.“

Der Betrieb

1897 gründete Paul Ludwig im thüringischen Städtchen Sondershausen eine „Schweineschlachterei“. Gut 120 Jahre später firmiert das Unternehmen unter „Der Ludwig“ und wird vom Urenkel des Gründers, Dirk Ludwig, in vierter Generation geführt. Seit den 1950er Jahren ist das Unternehmen in Schlüchtern ansässig.

Dirk Ludwig (46) lernte das Fleischerhandwerk in der Metzgerei Hans Jung in Schlitz. Er ist Meister, Betriebswirt des Handwerks und gehörte 2016 zum ersten Lehrgang zum Fleischsommelier. Inzwischen lehrt er selbst an der Fachschule des Bayrischen Metzgerhandwerks in Augsburg in Lehrgängen zum Fleischsommelier und zum Grillmeister.

Er beschäftigt 39 Mitarbeiter, davon acht in der Produktion. Die übrigen verteilen sich auf das Fachgeschäft in Schlüchtern sowie auf die Bereiche Großhandel, Vereine, Gastronomie und den Online-Handel.

Fleischermeister Dirk Ludwig aus Schlüchtern hat mehr als 100.000 Euro in seinen Online-Handel investiert

Für diese Bezugsquellen habe er sich ganz bewusst entschieden: „Online-Versender kaufen ihr Fleisch oft in Süd- oder Nordamerika oder Australien. Ich setze dagegen auf bestes Fleisch aus Deutschland. Das passt besser zu mir als handwerklichem Metzger.“ Zur Nachahmung empfiehlt er ein solches zweites Standbein nur bedingt: „Das ist keine Lösung für jeden. Entweder macht man es richtig oder gar nicht. Macht man es richtig, dann kostet es auch Geld, so wie eine Filiale. 2019 habe ich mehr dafür als 100.000 Euro investiert.“

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Dry Aged

Ein Schwerpunkt von Dirk Ludwig sind Fleischspezialitäten. Dabei fällt immer wieder der Begriff Dry Aged. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff? „Eigentlich ist es die traditionelle Fleischreifeart. Früher wurde davon gesprochen, dass Fleisch ,gut abgehangen’ sein müsse – heute wird das etwas intensiver ausgeführt“, erläutert Ludwig. Er sei 2011 einer der ersten in Deutschland gewesen, die sich darauf verlegt haben: „Der ehemalige Küchenchef von Johann Lafer, Martin Steiner, hatte an seinem neuen Arbeitsplatz im gerade eröffneten Frankfurter Hotel Jumeirah einen riesigen Fleischreifeschrank und fragte mich, ob ich damit umgehen kann. Dadurch wurde die Sache angestoßen“, erinnert sich Ludwig. „Das war der Türöffner. Es hat sich herumgesprochen und wir wurden auf dem geforderten hohen Niveau immer besser.“ Richtig populär sei der Begriff Dry Aged im Bezug auf Rindfleisch seit etwa 2016.

Für seine Branche erwartet Dirk Ludwig aus Schlüchtern eine „große Marktbereinigung. Die Hälfte der Metzgereien wird sicher noch verschwinden. Für die, die übrig bleiben, sehe ich sehr positiv in die Zukunft. In der Fleischerschule laufen mir eine ganze Menge Nachwuchsmetzger über den Weg. Da sehe ich viel Potenzial. Für die Standorte auf dem flachen Land wird es schwierig werden, insbesondere bei der Nachfolgersuche.“

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