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Schüsse auf Auto: Zehn Monate Bewährung für Waffennarr

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Von: Redaktion Fuldaer Zeitung

Foto: privat
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Bad Soden-Salmünster - Er stand als Ananas- und Maisdieb bereits mehrfach vor Gericht, ist als Waffennarr verschrien und gilt als Außenseiter in seinem Dorf: Seit Jahren steht ein 55-jähriger Mann im Dauerzwist mit Nachbarn. Vor Gericht ging man bislang gnädig mit ihm um. Doch dieses Mal wurde er zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Der Besitz von einer Schusswaffe und von Munition räumte Verteidigerin Sonja Senzel ein, angesichts des dafür zu erwarteten Strafmaßes stellte das Gericht den Vorwurf der Sachbeschädigung ein, obwohl es dabei um zwei Schüsse auf einen Pkw seiner Nachbarin ging. Alles war schon Mitte September vorbereitet für die Urteilsverkündung, doch dann sagte der Angeklagte in seinem Schlusswort: „Ich fühle mich nicht schuldig“. Alles, was für ihn ausgehandelt war, wurde hinfällig.

Der Prozess musste somit am gestrigen Dienstag fortgesetzt werden – und da ging es kurios weiter. Zwei Schüsse waren im August 2015 in der Motorhaube des VW Lupo einer 57-jährigen Hausfrau eingeschlagen, die den Wagen unweit vom Wohnhaus des Angeklagten am Straßenrand geparkt hatte. Dass der 55-Jährige der Täter sein müsse, war für viele Dorfbewohner klar. Das Spektakel war groß, als ein Sondereinsatzkommando den Mann verhaftete; ein vermutetes Waffenarsenal wurde aber nicht gefunden. Dafür aber 100.000 Bargeld, die der Angeklagte wohl in den Wochen zuvor von seinem Konto abgehoben hatte.

SEK-Einsatz nach Schüssen

Bei der Untersuchung des Bauernhofs gab es dann aber doch noch ein Erfolgserlebnis für die Ermittler: Ein aufgebohrter Schreckschussrevolver und dazu passende Munition wurden entdeckt, damit soll auf den VW Lupo geschossen worden sein. Nach seiner Festnahme hatte der 55-Jährige gegenüber der Polizei erklärt, dass er die Waffe tatsächlich benutzt habe, allerdings nur um Krähen zu vertreiben. Und der Lupo hätte nach diesen Schilderungen eigentlich gar nicht getroffen werden können. Den Revolver sollen ihm Verwandte untergeschoben haben.

Die für die Verteidigung spannende Frage: Hat der Lupo überhaupt am Straßenrand gestanden? Und wie kam er trotz der erheblichen Beschädigungen wieder weg? Deshalb wurde die Verhandlung zunächst unterbrochen, weil ein Kfz-Sachverständiger persönlich zu seinem Gutachten gehört werden sollte, später wurde noch fast eine Stunde auf den Kfz-Meister gewartet, der den Wagen zwischenzeitlich stillgelegt hatte. Das Ergebnis: Obwohl ein Kugel den Sicherungskasten getroffen hatte, war der Lupo wohl noch fahrbereit.

Berufungsverfahren?

„Sie haben vorsätzlich auf das Fahrzeug geschossen“, lautet die Überzeugung von Strafrichter Dr. Wolfgang Ott, der den Mann zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilte, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gut möglich, dass der 55-Jährige wie im „Ananas-Verfahren“ in Berufung geht. Dann wird das Verfahren im Landgericht Hanau erneut aufgerollt. / anz

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