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Schwiegersohn erschossen: Staatsanwalt spricht von gezielter Tötung

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Von: Redaktion Fuldaer Zeitung

wächtersbach - Der 73-Jährige aus dem Wächtersbacher Stadtteil Neudorf, der dort am 3. Oktober 2011 seinen 42-jährigen Stiefsohn erschossen hatte, soll ins Gefängnis. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Nebenklage haben vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Hanau eine Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils beantragt.

Zwei Jahre und zehn Monate lautete im Juli 2012 der Richterspruch. Mehr kann es nicht werden, da nur der Angeklagte Revision beim Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung eingelegt hatte. Verschlechterungsverbot nennen dies die Juristen. Die Verteidigung forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden soll. Das Urteil wird am Mittwoch, 5. März, um 10.30 Uhr im Landgericht Hanau verkündet.

Der dritte Verhandlungstag begann mit einem Ortstermin in dem Haus in Neudorf, in dem am 3. Oktober 2011 zwischen 19 und 20 Uhr der tödliche Schuss fiel. Mit einer Laserpistole ließen sich alle Prozessbeteiligten zeigen, wo Opfer und Täter im Treppenhaus gestanden haben könnten. Auch die Zeit, die jemand vom Eingangsbereich bis zur Wohnung in der ersten Etage braucht, wurde gestoppt.

Der 73-Jährige hatte behauptet, in Angst um seine Frau mit der Pistole in das Treppenhaus gegangen zu sein. Dort sei er auf seinen Stiefsohn getroffen und als dieser laut "Bumm" gerufen habe, habe er in einer Art "Ausnahmezustand", so bezeichnete er es, vom Eingangsbereich seiner Wohnung im ersten Stock aus die Waffe nach oben gehalten und abgedrückt.

Staatsanwalt Werner Schmidt-De Wasch glaubte dieser Aussage nicht. "Sie haben entweder genau auf ihn gezielt oder ihn verfolgt", erklärte er. "Ihnen sind die Nerven durchgegangen, dass Fass war voll an diesem Tag und sie haben sich entschlossen, sich diesem Problem zu entledigen." Der 73-Jährige habe vermutlich schon den ganzen Tag seine scharfe Waffe bei sich getragen. An einen Ausnahmezustand an jenem 3. Oktober 2011 glaubte der Staatsanwalt nicht. "Wo ist die Bedrohungssituation, wenn sich jemand von ihnen entfernt?"

Verteidiger Jürgen Möthrath verwies in seinem Plädoyer auf die 15 Jahre des gemeinsamen Zusammenlebens in dem Haus in Neudorf und auf eine "Steigerung in der Qualität der Pöbeleien" des Opfers gegenüber seinem Mandanten hin, die in den drei Wochen vor der Tat noch einmal zugenommen hätten.

Rechtsanwalt Reiner Freydank, der den Vater des Opfers in der Nebenklage vertrat, verkündete: "Das war eine Liquidierung." Es sei ein "Witz", dass der 73-Jährige im ersten Verfahren nicht wegen Mordes angeklagt worden sei. "Man müsste darüber berichten, dass ein Angeklagter für einen Mord zwei Jahre und zehn Monate bekommen hat."

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