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Statt gleich die Polizei zu rufen: Tochter postet nach Überfall auf Mutter Nachricht auf Facebook

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Von: Redaktion Fuldaer Zeitung

FReIGERICHT - Am späten Dienstagnachmittag hat eine bisher unbekannte Person versucht, eine ältere Dame im Freigerichter Ortsteil Somborn auszurauben. Der vermutlich männliche Täter flüchtete ohne Beute, das 71-jährige Opfer ist ohne größere Blessuren davon gekommen. Doch anstatt sofort die Polizei zu informieren, postete die Tochter der älteren Dame wenig später nur eine Warnmeldung auf Facebook.

Von Andreas Ziegert

Gegen 17 Uhr war die 71-Jährige auf dem Rad- und Fußweg hinter dem Rathaus in Somborn in Richtung Norma-Supermarkt unterwegs. Ein zirka 1,70 Meter großer Mann sei dort mit einer ins Gesicht gezogenen dunklen Mütze auf sie zugegangen, habe sie geschüttelt und versucht, ihre Handtasche zu rauben, schilderte die Tochter den Angriff auf ihre Mutter. Allerdings sei die Tasche am Rollator verhakt gewesen, so dass die Gehhilfe dabei umgefallen sei. Das habe den Täter vermutlich dazu veranlasst, über den Rathausplatz hinweg ohne Beute die Flucht zu ergreifen. Der Rad- und Fußweg hinter dem Rathaus in Somborn sei ausgerechnet in jenem Moment menschenleer gewesen, erst als ihre Mutter laut geschrien habe, sei ihr ein Passant aus dem Supermarkt zu Hilfe gekommen.

Offenbar dachte allerdings in diesem zugegebenermaßen vermutlich aufregenden Moment niemand daran, sofort die Polizei zu informieren. Die Tochter veröffentlichte anschließend im guten Glauben eine Warnmeldung in einer Freigericht-Gruppe auf Facebook: „ACHTUNG, ACHTUNG, meine Mutter wurde gerade in Somborn mit ihrem Rollator von einem Kapuzenmann überfallen“, war dort am Dienstag ab 18.19 Uhr zu lesen, bis zum Donnerstag wurde dieser Beitrag über 270 Mal geteilt und tausendfach gelesen. „Ich habe es nur gut gemeint“, erklärt die Tochter jetzt im Gespräch mit dieser Zeitung, wohlwissend, dass es besser gewesen wäre, gleich die Polizei zu informieren. Verständlicherweise habe sie sich zunächst darum gekümmert, dass es ihrer Mutter wieder gut gehe. Die 71-Jährige hatte anschließend zwar Kreislaufprobleme, letztlich aber den Überfall unbeschadet überstanden. Anschließend habe sie sich dazu entschlossen, via Facebook andere Personen zu warnen.

Tochter hat einsehen

Am nächsten Tag suchten beide dann das Ordnungsamt im Freigerichter Rathaus auf und fragten nach, ob der Rad- und Fußweg möglicherweise von Kameras überwacht werde. „Uns wurde dort gesagt, dass dies nicht der Fall sei und auch die Kamera am Busbahnhof nicht funktioniere. Außerdem wurde uns wenig Hoffnung gemacht, dass der Täter gefasst werde, weil meine Mutter keine genaue Beschreibung abgeben könne“, berichtet die Tochter von diesem Gespräch mit Ordnungsamtsleiter Peter Betz. Dieser betonte auf Nachfrage allerdings, dass er am Mittwoch beiden geraten habe, Anzeige zu erstatten. „Ich habe ihnen gesagt, dass sie das der Polizei melden sollten“, sei es laut Betz in solchen Fällen unerlässlich, sofort die Ermittlungsbehörden zu informieren.

Das betont auch Pressesprecher Michael Malkmus vom Polizeipräsidium Südosthessen: „Auf jeden Fall sofort den Notruf 110 wählen“, sei es hingegen nicht ratsam, dass Opfer oder Angehörige selbst Hinweise in sozialen Medien wie Facebook veröffentlichen. „Das kann die Ermittlungen behindern oder stören“, außerdem könnten so falsche Verdächtigungen entstehen. Inzwischen ist auch der Tochter der 71-Jährigen bewusst, dass es besser gewesen, gleich die Polizei zu alarmieren. Am Mittwoch habe sie bereits Kontakt zur Polizeistation Gelnhausen gehabt, auch in diesem Telefongespräch sei ihr geraten worden, Anzeige zu erstatten. Das will sie jetzt gemeinsam mit ihrer Mutter nachholen.

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