Tuğçe-Stiftung will einmal im Jahr Preis für couragiertes Handeln verleihen
Schlüchtern/Bad Soden-Salmünster - Mit der Gründung des gemeinnützigen Vereins „Tuğçe Albayrak“ hat die Familie der toten Studentin einen wichtigen Schritt vollzogen, da dieser Träger der gleichnamigen Stiftung sein soll, die noch in Vorbereitung ist. Die Stiftung soll das Andenken der 22 Jahre alten Frau bewahren, die nach einem heftigen Schlag im November 2014 stürzte und an der schweren Verletzung starb.
Der Tod von Tuğçe Albayrak und die nachfolgende Verhandlung hatten großes Medieninteresse hervorgerufen. Der Prozess am Darmstädter Landgericht liegt nun einige Wochen zurück, das Urteil wurde am 16. Juni gesprochen. Lesen Sie hier mehr: Tuğçe-Prozess beendet: Richter Aßling verurteilt Sanel M.
Mit dem Urteil endete für die Familie des Opfers zwar die immer wiederkehrende Konfrontation mit dem Täter, dessen Familie und Freunden im Gerichtsgebäude, die oftmals eine zusätzliche Belastung war, da diese zum großen Unverständnis der Familie Albayrak in respektloser Weise aufgetreten seien. Der Prozess der Aufarbeitung und der Trauer ist hingegen noch lange nicht zu Ende.
Das erklären im Gespräch mit unserer Zeitung Tuğçes Bruder Dogus Albayrak und ihr Onkel Murat Capri.
Bei der Gründung des Vereins, der seinen Sitz in Bad Soden-Salmünster hat, und der geplanten Stiftung sind Tuğçes Eltern zwar nicht involviert. „Für die Eltern ist das aber etwas, woran sie sich festhalten können“, sagt Murat Capri. Noch immer ist für diese ein normales Alltagsleben nicht möglich. „Das wird noch unheimlich lange dauern, wir sind erst am Anfang. Die Eltern sind noch nicht wieder in der Lage zu arbeiten“, sagt Dogus Albayrak.
Gewaltprävention, Opferhilfe und Aufklärung über Organspende
Die Gründung einer Stiftung „für ein besseres Leben“, die das Andenken an Tuğçe als mutige, couragierte Frau bewahren will, ist vielleicht auch deshalb für viele Menschen wichtig, weil dies während des Prozesses in Frage gestellt wurde. Nicht nur das Verhalten des 18-jährigen Täters Sanel M. und seiner Freunde stand im Mittelpunkt, sondern auch das von Tuğçe Albayrak und ihren Freundinnen. Lesen Sie hier mehr: Der Tuğçe-Prozess zerstört die Trugbilder.
So wurde in der Verhandlung immer wieder gefragt: Hat sie den Täter provoziert? War sie betrunken? Waren die Mädchen, denen sie in der Damentoilette des McDonalds in Offenbach zu Hilfe eilte, überhaupt wirklich in Gefahr? All das sind Fragen, die für Tuğçes Familie keine große Bedeutung haben. Denn keine Provokation rechtfertige einen Schlag.
Deshalb sollen mit der Stiftung unter anderem Projekte in Schulen zur Gewaltprävention finanziert werden, „um jungen Leuten zu zeigen, dass sich mit Gewalt keine Konflikte lösen lassen“, so Murat Capri. Es geht aber auch darum, den Opfern von Straftaten zu helfen, auch in finanzieller Hinsicht, so Dogus Albayrak.
Benefizkonzert in Frankfurt an Tuğçes Geburtstag
Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Aufklärung über Organspende. Das auch deshalb, weil Tuğçe Albayrak vor ihrem Tod beschlossen hatte, Organe zu spenden und damit über ihren Tod hinaus anderen Menschen helfen konnte. Die Stiftung soll im Idealfall deutschlandweit agieren. „Das hängt davon ab, welche Kraft die Stiftung hat“, sagt Dogus Albayrak.
Eine wichtige Aufgabe des Vereins besteht daher darin, für die Stiftung Geld zu sammeln. Für den 28. November, Tuğçes Geburtstag, ist ein Benefizkonzert in Frankfurt geplant. Es sei erfreulich, wie groß das Interesse an Verein und Stiftung schon jetzt sei. Immer wieder hatte Familie Albayrak erklärt, wie sehr diese große Anteilnahme von so vielen Menschen in den Tagen, in denen Tuğçe im Koma lag, und auch nach ihrem Tod an ihrem 23. Geburtstag geholfen habe, das alles durchzustehen.
Bei der Gründung des Vereins und der Stiftung arbeitet die Familie mit der Facebook-Seite „Tuğçe zeigte Zivilcourage, zeigen wir ihr unseren Respekt“ zusammen, die mittlerweile mehr als 186.000 „gefällt mir“-Angaben hat. Einige Firmen, aber auch Privatpersonen hätten bereits ihre Unterstützung angeboten, nun gehe es mit den Mitgliedsanträgen los. Eine Internetseite ist bereits abrufbar. Die Stiftung will dann einmal im Jahr einen Preis für couragiertes Handeln verleihen. Damit Menschen mutig füreinander einstehen und liebevoll und respektvoll miteinander umgehen.