Der junge Mann nahm sich den Wunsch der Mutter zu Herzen und studierte nach einer Zimmerer-Lehre Bauingenieurwesen. Kaum hatte Hans Bien sein Diplom als Architekt in der Tasche, stieg er in den Betrieb ein. Das war 1959: „Ich habe von meinem Großvater die Anteile an der oHG übernommen und ihm dafür seine Rente bezahlt. Er hatte ja nicht geklebt.“
Der Junior entwickelte sich schnell zu einem „Hans Dampf in allen Gassen“. Unter der Woche war er Zimmermann, am Wochenende Architekt: „Ich habe den Leuten die Zeichnungen gemacht: Hallen, Wohnhäuser, Ställe, Garagen, Scheunen – alles, was in Birstein und Umgebung bis nach Freiensteinau zu machen war. Die Leute haben ihr Häuschen gebaut, vorwiegend in der Landwirtschaft gearbeitet und sind zusätzlich an die Arbeit gegangen“, erzählt Bien. Gerne auch bei ihm: Als 21-Jähriger stellte er mit dem Freiensteinauer Zimmermann Heinrich Martin einen ersten Mitarbeiter ein – es sollten noch etliche aus dem Vogelsberg folgen.
Die Männer benötigte er dringend, denn das Geschäft boomte in den 60er Jahren. Nicht zuletzt, weil er eine Marktlücke entdeckte und geschickt für sich nutzte: Holzhäuser. Dabei fing alles mit einem gescheiterten Auftrag an: Seine Zimmerei sollte in Rückingen für eine schwedische Firma ein Holzhaus aufbauen. Bien: „Da hat aber nicht alles gepasst. Ich dachte mir, was die Schweden können – das können wir auch in Birstein bauen. Damals hatte ich vielleicht zwölf Leute. 1969 ging mit etwa 150 Mitarbeitern das neue Werk in Birstein im Reichenbachtal in Betrieb.“
Das Geschäft mit den Fertighäusern aus Holz lief, die Firma wuchs weiter – und Hans Bien konnte sich verstärkt seinen Hobbys widmen und sich in gewisser Weise den Traum von der Landwirtschaft erfüllen. 1974 kaufte er den Röhrigshof am Distelrasen mit den dazu gehörenden Ländereien. Als Bauer sah er sich nun zwar nicht. Aber er hatte Platz für seine Pferde. Und die brauchte er, um seinen Sport – das Gespannfahren – auszuüben.
Und zwar mit großem Erfolg: „Ich habe acht Vitrinenschränke voll mit Pokalen und Schleifen.“ Mehrfach hat er sich in die Liste der Hessenmeister und Deutschen Meister eingetragen und auch international auf Top-Plätzen abgeschlossen. Noch immer hat er 20 Kutschen in seiner Sammlung, die er ebenso wenig missen möchte wie seine Oldtimer oder die Malerei der klassischen Moderne, wovon einige Werke in seinem Büro zeugen.
Irgendwann wurde auch das neue Werk zu klein. Eine größere Fabrik musste her. 37 Hektar hatte er schon gekauft, mit einem Heizkraftwerk sollte die Energie effizient genutzt werden. Doch gerade daran störte sich eine Bürgerinitiative. „HKW nee“ stand auf Plakaten, die Gemüter erhitzten sich – und das Vorhaben scheiterte.
Hier kommen der Röhrigshof und Schlüchterns kurz vorher in den Ruhestand getretener Bürgermeister Hans Schott ins Spiel. Dieser wollte gerne einen Rasthof an der noch im Bau befindlichen Autobahn oben auf dem Distelrasen statt unten im Tal am Stadtrand. Also nahm er Kontakt mit Bien auf. Die beiden wurden sich über einen Landtausch einig und darüber, dass ein Teil der Fläche als Gewerbegebiet ausgewiesen würde.
An ein eigenes Werk habe er zu diesem Zeitpunkt noch nicht gedacht, erzählt Bien, dessen Firma inzwischen zur Aktiengesellschaft geworden war. Dieser Gedanke kam ihm erst nach dem Scheitern des Birsteiner Projektes. Die Finanzierung sollte kein Problem sein: Das Unternehmen ging an die Börse und nahm genug Geld ein, um das neue Werk zu bauen und obendrein den Konkurrenten Zenker Hausbau zu schlucken.
Wenige Jahre später zog sich Hans Bien aus der AG zurück. Die drei Kinder hatten kein Interesse daran, einzusteigen, weshalb er 2002 kurz vor seinem 65. Geburtstag an die Firma Elk aus Österreich verkaufte. Die Firma Bien Holz mit den von ihm aufgebauten Sägewerken in Lauterbach und Uelzen führt inzwischen sein Schwiegersohn, und seine Bauträgergesellschaft Bien und Ries hat er vor zwei Jahren abgegeben. Bleibt noch Bien Immobilien, ein Unternehmen mit zehn Mitarbeitern, das er nach wie vor als Geschäftsführer leitet – unter anderem mit einem aktuellen Projekt in Schlüchtern.
Und dann ist da noch die Landwirtschaft: „Mit meinem Enkel Sebastian, der ein fleißiger und intelligenter Agrar-Ingenieur ist, habe ich in Katholisch-Willenroth einen knapp 200 Hektar großen Betrieb übernommen“, berichtet Hans Bien stolz von seinem in Erfüllung gegangenen Traum.