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Mit "Ein letzter Tango" schwebend durch die Nacht

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Von: Malve Gradinger

In „Ein letzter Tango“ besuchen María Nieves und Juan Carlos Copes Tanzpaläste vergangener Zeiten. Unsere Filmkritik:

Weiche Bandoneon-Rhythmen, schlanke Beine auf hohen Absätzen, die über den Boden gleiten – und die Melancholie des Alterns: das ist German Krals „Ein letzter Tango“. Ein Film, den man nicht anschaut – nein, man betritt ihn wie einen weiten, offenen Raum; schwebt hoch über dem nächtlichen Buenos Aires; wandelt durch Tanzpaläste einer vergangenen Ära. Und wird hineingezogen in den Lebensroman von María Nieves und Juan Carlos Copes, die den argentinischen Tango zum elegant-erotischen Showtanz für die internationalen Bühnen entwickelten.

Nieves war 14, Copes 17, als sie sich ineinander und in den Tango verliebten. Für die Dokumentation haben sich die beiden, sie 80, er 83, noch einmal getroffen und schonungslos offen einen Rückblick auf ihre 50-jährige komplizierte Partnerschaft gewährt. Die Kamera (Jo Heim, Félix Monti) zoomt so dicht an die Protagonisten heran, dass man sich selbst im Gespräch mit ihnen glaubt, vor allem bei Nieves. Die Verletzung über das Ende ihrer privaten Beziehung nach über 20 Jahren ist nie verheilt. Für Copes, der freimütig seinen damaligen Wunsch nach erotischer Freiheit gesteht, ist sie jedoch die beste Tänzerin – die er sich 1977 als Partnerin zurückholt. Sie willigt ein, ihr Schmerz wird zu Hass – der sie in ihrer Kunst wachsen lässt. Noch tiefer geht der Schmerz, als ihr Copes – auf Forderung seiner Frau – schließlich auch die berufliche Partnerschaft aufkündigt.

Der Argentinier German Kral erreicht hier einen wunderbar leicht dahinfließenden Wechsel zwischen Interview-Momenten und Tanz. Die wenigen alten Aufnahmen des Paares werden fein ergänzt durch Sequenzen junger charismatischer Tänzer. Sie empfinden die Tango-Partnerschaft von Nieves und Copes nach, die mit ihren gewagten Schrittneuerungen noch am „Goldenen Zeitalter des Tango“ (zwischen 1935 und 1955) mitgewirkt haben. Und zusammen mit Astor Piazzolla Mitte der Achtzigerjahre ein neues Interesse am Tango weckten. Die Piazzolla-Klassiker hört man gleich heraus aus dem Tango-Reigen von Luis Borda, einem der bedeutendsten zeitgenössischen Tango-Komponisten. Ein Soundtrack, der sich süffig-sinnlich ins Ohr schmeichelt.

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