"Freeheld": Gerechtigkeit im Angesicht des Todes
In „Freeheld“ erzählt Peter Sollett die ebenso wunderschöne wie wahre Liebesgeschichte eines lesbischen Paares.
Die taffe Laurel (Julianne Moore) macht einen Top-Job als Cop – sie behauptet sich souverän in der Macho-Männerdomäne der Polizei in New Jersey. Aus Angst vor Hass und Diskriminierung verheimlicht sie dabei ihre Homosexualität. Erst als sie die Liebe ihres Lebens trifft, die burschikose junge Automechanikerin Stacie (Ellen Page), outet sie sich; die beiden ziehen zusammen und gehen 2004 eine eingetragene Lebenspartnerschaft ein.
Kurz darauf erfährt Laurel, dass sie Krebs im Endstadium hat. Damit Stacie auch nach Laurels Tod in dem gemeinsamen, durch eine Hypothek gesicherten Haus bleiben kann, möchte Laurel, dass ihre Pensionsansprüche auf ihre Lebensgefährtin übertragen werden. Doch was für jedes heterosexuelle Ehepaar selbstverständlich ist, wird ihr von den Behörden verweigert.
Unerwartete Unterstützung bei ihrem zähen Ringen um Gleichberechtigung bekommt Laurel von ihrem beruflichen Partner Dane (Michael Shannon). Und als sich der schwule Bürgerrechtler Steve Goldstein (Steve Carell) einschaltet, nimmt der Fall gar nationale Dimensionen an.
Sie hat als Polizistin ihr Leben lang für Gerechtigkeit gekämpft – doch nun, im Angesicht des Todes, will man ihr die Gerechtigkeit verwehren: Autor Ron Nyswaner, der schon 1993 in „Philadelphia“ das Thema Homophobie für Hollywood aufbereitete, erzählt hier die ebenso inspirierende wie wahre Geschichte von Laurel Hester, die an der Seite ihrer Lebensgefährtin Stacie Andree ungewollt zur Politaktivistin wurde – und zur Heldin des 2008 mit dem Oscar ausgezeichneten Dokumentarfilms „Freeheld“ von Cynthia Wade. Regisseur Peter Sollett hat Nyswaners konventionelles Drehbuch zwar ziemlich routiniert inszeniert, aber damit immerhin bewiesen, dass sich politisches Engagement und filmisches Entertainment keineswegs widersprechen. Gerade weil er nicht auf die Tränendrüse drückt, berührt sein Drama umso mehr. Dabei kann er auf ein fabelhaftes Darsteller-Quartett bauen: Der wie immer brillante Shannon („Take Shelter“) hat als aufrechter Streifenpolizist einen seiner bisher stärksten Leinwand-Auftritte; Komiker-Ass Carell sorgt in der Rolle des exzentrischen, spritzigen Aktivisten Goldstein für eine gehörige Portion Humor. Und die einstige „Juno“-Titelheldin Page, seit ihrem Coming-out vor zwei Jahren selbst eine Lesben-Ikone, stellt mit Oscar-Preisträgerin Moore („Still Alice“) sicher, dass das Geschehen nie ins Rührselige abdriftet – und dass der warmherzige Film vor allem eines ist: eine wunderschöne Liebesgeschichte.
Marco Schmidt