"The Purge": Gruselig, echt gruselig!
Köln - Eine gelungene und echt gruselige Fortsetzung ist Drehbuchautor und Regisseur James DeMonaco mit „The Purge 2: Anarchy“ gelungen.
In Literatur- und Kinogeschichte stehen Dystopien (düstere Utopie) hoch im Kurs. Doch entspringen sie meist einem reaktionären Denkmuster. Die Zukunft sieht grausig aus, alles wird schlimmer, eigentlich lohnt es sich gar nicht mehr weiterzuleben. Ein typischer Fall von bürgerlicher Untergangsfantasie. Eine Art Dystopie entwickelte 2013 auch der amerikanische Drehbuchautor und Regisseur James DeMonaco. In seinem Horrorthriller „The Purge“ entwarf er ein bizarres Bild der USA im Jahr 2022: Das Verbrechen ist nahezu ausgestorben. Verantwortlich dafür ist die kathartische Kraft der „Purge“, der sogenannten Säuberung. Einmal im Jahr darf jeder Amerikaner eine Nacht lang ungestraft stehlen, vergewaltigen und morden. Eine originelle Idee für einen Metzel-Streifen, doch zeigt die Kinogeschichte, dass ein einzelner Einfall nicht ausreicht, einen ganzen Film zu tragen.
Erstaunlicherweise aber ist es DeMonaco auch in der Fortsetzung „The Purge 2: Anarchy“ gelungen, aus der Idee eine Geschichte zu entwickeln. Diese orientiert sich freilich an Horror-Stereotypen: Allerorts warten Schockmomente. Und die Hauptfiguren, der undurchschaubare Leo (Frank Grillo), die Singlemutter Eva (Carmen Ejogo), ihre Tochter sowie ein verirrtes Pärchen, tapern als Schicksalsgemeinschaft durch die Nacht. Der Zuschauer wartet nur darauf, wen die Mörderbande ersten erwischt. Ein Klassiker. Doch unterscheidet sich DeMonaco deutlich vom Durchschnitt. Viele Bilder, Männer mit bizarren Masken, ein vorbeirollender brennender Bus, sind fast sakral und von teuflischer Poesie. Zudem entfaltet der Film durchaus eine Metaebene. Da wird die eigene Familie zur Sadistenhorde, verbünden sich esoterischer Wahnsinn und die Kaltherzigkeit des Souveräns zu einem staatlich sanktionierten Pogrom. Gruselig, echt gruselig.
Katrin Hildebrand