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Grünes Image bröckelt: Großteil der Baden-Württemberger ist das Auto wichtiger als Klimaschutz

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Von: Valentin Betz

Ein Auto fährt über eine Landstraße, vorbei an einem herbstlich verfärbten Baum.
Den meisten Baden-Württembergern ist das Auto wichtiger als die Umwelt, hat eine Umfrage ergeben. © Julian Stratenschulte/dpa

Der Verkehr ist nicht nur in Baden-Württemberg ein heiß diskutiertes Thema. Eine Umfrage der Tageszeitungen im Südwesten zeigt jetzt: Die Bürger denken darüber sehr widersprüchlich.

Stuttgart - Die Politik in Stuttgart (BW24* berichtete) war bis vor kurzem durch und durch „grün“. An der Spitze der Landesregierung sitzt mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann* ein Grünen-Politiker. Auch das Rathaus der Landeshauptstadt Stuttgart* wurde bis vor kurzem noch vom Grünen Fritz Kuhn geleitet.

Inzwischen wurde CDU-Kandidat Frank Nopper zum neuen Oberbürgermeister Stuttgarts* gewählt. Nicht nur das zeigt: In Baden-Württemberg dreht sich der Wind, viele der Bürger haben lange keine so „grüne“ Einstellung, wie es die politischen Verhältnisse vermuten lassen. Untermauert wird dieser Eindruck jetzt von den Ergebnissen einer Umfrage von 78 Tageszeitungen in Baden-Württemberg, dem sogenannten „BaWüCheck“. Wie die Stuttgarter Zeitung (StZ) schreibt, zeigt sich vor allem beim Thema Verkehr eine überraschende Wende.

Verkehr in Baden-Württemberg und Stuttgart: Bürger sehen viele Probleme auf den Straßen

Insgesamt wurden im Rahmen der Umfrage 1.009 Online-Interviews mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 18 Jahren geführt, so die StZ. Bei der Verkehrspolitik zeigten sich dabei Probleme, die sich auch in der Landeshauptstadt Stuttgart konzentrieren. Eine Mehrheit findet, dass die Preise im öffentlichen Nahverkehr zu hoch seien. Die Bürger in Baden-Württemberg beschäftigt überraschenderweise aber besonders der Verkehr mit dem Auto: Es gebe zu viele Staus, schlechte Straßen und zu wenig Parkplätze in der City.

Deshalb will der neue Oberbürgermeister Frank Nopper auch Stuttgart ein neues Image verpassen.* „Wir müssen weg vom Image der Problemstadt, vom Image der Verbotsstadt, vom Image der Krawallstadt“, sagte Frank Nopper noch während des Wahlkampfs.

Verkehr in Baden-Württemberg: Bürger empfinden „grüne“ Themen als weniger dringlich

Dazu, dass die Bürger auf den Automobilverkehr sehr viel wert legen, passen auch die Umfrageergebnisse zum Thema Investitionsstau. Demnach sind 62 Prozent der Baden-Württemberger der Ansicht, es werde zu wenig in Bau und Erhalt von Straßen, Brücken und andere Verkehrsbauwerke investiert.

Ein anderer Bereich ist aber für das von Grünen regierte Baden-Württemberg durchaus überraschend. „Themen, die mit dem Umweltschutz diskutiert werden, gehören aus Sicht der Bevölkerung weniger zu den verkehrspolitischen Baustellen des Landes“, heißt es. Dazu gehört beispielsweise der Ausbau von Radwegen oder Carsharing-Modelle.

„Grünes“ Baden-Württemberg: Bürger vertrauen auf Verbrenner statt E-Autos und ÖPNV

Noch erstaunlicher sind die Umfrageergebnisse im Hinblick auf das favorisierte Verkehrsmittel. Das Auto sei für die „überwältigende Mehrheit der Bevölkerung das mit Abstand wichtigste Fortbewegungsmittel“, so die Umfrage.

Gerade einmal 20 Prozent der Befragten würden für den Klimaschutz auf den ÖPNV umsteigen. 68 Prozent ist das Argument Klimaschutz nicht schwerwiegend genug, um dafür aufs Auto zu verzichten. Dazu kommt, dass ein Großteil der Befragten auch am Verbrenner festhält. Für 48 Prozent kommt der Kauf eines E-Autos in den nächsten Jahren „nicht infrage“, für immerhin 33 Prozent erscheint das wenigstens denkbar.

Zuletzt hatte eine Bosch-Studie einen irrsinnigen Widerspruch von E-Autos entlarvt.* Demnach glaubt ein Großteil daran, dass sich E-Autos durchsetzen - selbst eines kaufen wollen viele aber nicht. Dazu passt, dass in der jetzigen Umfrage ein Großteil für ein Tempolimit ist - eine Maßnahme, die nicht nur für mehr Sicherheit sorgt, sondern auch zu weniger Feinstaub führt und damit umweltschonender ist.

Umfrage zeigt politischen Wandel: Baden-Württemberger denken auch anders über Stuttgart 21

In Baden-Württemberg und insbesondere in der Landeshauptstadt gibt es allerdings ein ganz spezielles Reizthema: Das Mega-Projekt Stuttgart 21.* Vor neun Jahren musste eine Volksabstimmung in Baden-Württemberg über die Zukunft des Bauvorhabens entscheiden. Das Ergebnis: Fast 59 Prozent entschieden sich für Stuttgart 21.

Es gab damals wie heute aber auch Proteste gegen Stuttgart 21.* Heute wären die Gegner offenbar in der Mehrheit. 40 Prozent hält laut der „BaWüCheck“-Umfrage das Mega-Projekt für „nicht richtig“, 27 Protenz sind nach wie vor dafür. Der Rest ist unentschlossen oder beschäftigt sich damit nicht. (*BW24 ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks)

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