Erstmeldung vom 11. März 2022: Berlin - Nach einem am Mittwoch (9. März 2022) bekannt gewordenen Entwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) sollen über den Frühlingsbeginn hinaus trotz umfassender Corona-Lockerungen (keine generelle Maskenpflicht in Geschäften oder bei Veranstaltungen mehr, keine generellen 2G- oder 3G-Regeln mehr) weiter Masken- und Testpflichten als Basismaßnahmen greifen. In „Hotspots“ mit kritischerer Lage sollen noch umfassendere Schutzmaßnahmen möglich sein.
1. Warum werden die neuen Corona-Regeln notwendig? Am 19. März 2022 läuft das Infektionsschutzgesetz in seiner bisherigen Fassung aus. Die „getroffenen Anordnungen müssen spätestens mit Ablauf des 19. März 2022 aufgehoben werden.“, heißt es darin. Der Deutsche Bundestag hätte allerdings beschließen können, einmalig die Fristen um bis zu drei Monate zu verlängern.
2. Welches Ziel haben die Änderungen im Infektionsschutzgesetz? Dazu schreibt das Gesundheitsministerium: „Das Infektionsschutzgesetz soll es den Bundesländern weiterhin ermöglichen, bei wieder steigenden Infektionszahlen schnell allgemeine Schutzmaßnahmen im Umfeld vulnerabler Gruppen und bei hohen Infektionsrisiken zusätzliche Maßnahmen in Corona-Hotspots umzusetzen.“
3. Was ist neu an dem neuen Infektionsschutzgesetz? Bundesminister Karl Lauterbach gibt mit der neuen Rechtsgrundlage die Macht über neue Corona-Maßnahmen weitgehend an die Länder ab. Die Anordnung der Schutzmaßnahmen liegt laut dem Entwurf bei den Ländern. Welche Corona-Maßnahmen also künftig ergriffen werden, wird vor allem auch davon abhängen, wie die jeweilige Landesregierung auf die Pandemie blickt. (Lesen Sie hier: Corona in Hessen: Maskenpflicht während des Unterrichts an Schulen weggefallen)
4. Was beinhaltet die neue Fassung des Infektionsschutzgesetzes? Nach einem von Bund und Ländern beschlossenen Lockerungsplan sollen zum Frühlingsbeginn am 20. März 2022 alle tiefgreifenderen Beschränkungen wegfallen, wenn die Lage in den Kliniken es zulässt. Mit den neuen Regelungen würde ein „Basisschutz“ bestehen bleiben. Mit einer „Hotspot“-Regel soll zudem auf regionale Ausbrüche schnell reagieren werden können. 2G- oder 3G-Regeln sind nur noch in Hotspot-Regionen möglich.
5. Was besagt der Basisschutz? Die Landesregierungen können (unabhängig von der „Hotspot“-Regelung) vor allem die allgemeinen Schutzmaßnahmen Maskenpflicht und Testen in Bereichen, in denen vulnerable Gruppen leben oder behandelt werden, anordnen. Auch im Öffentlichen Nahverkehr kann bei hohem Infektionsrisiko eine Maskenpflicht verlangt werden. In Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen sowie in Schulen sind zudem Testpflichten möglich. Bundesweit soll außerdem weiter die Maskenpflicht in Fernzügen und Flugzeugen verankert werden (bisher 3G).
6. Was ist unter der „Hotspot“-Regel zu verstehen? Wenn sich regional eine Corona-Lage zuspitzt, sollen schärfere Auflagen verhängt werden können - unter der Voraussetzung, dass das Landesparlament es beschließt und dafür die „konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage“ feststellt. In einer „konkret zu benennenden Gebietskörperschaft“ (Stadtteile, Städte, Regionen oder Bundesländer) sollen dann extra Maßnahmen erlassen werden können: Maskenpflichten, Abstandsgebote, Hygienekonzepte sowie 2G- oder 3G-Regeln.
7. Wann würde die „Hotspot“-Regelung in Kraft gesetzt werden? Der Entwurf nennt zwei generelle Kriterien, die eine „Hotspot“-Gefahrenlage begründen: Dass eine deutlich gefährlichere Virusvariante kursiert oder dass wegen vieler Neuinfektionen eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten in der jeweiligen Region droht. Der Entwurf nennt allerdings keine Grenzwerte (Inzidenz, Krankenhausbelegung), mit deren Überschreitung die Hotspot-Regelung automatisch in Kraft gesetzt wird. Die Definition der Gefährdungslage liegt also bei den Ländern.
8. Was wird an den neuen Corona-Regeln kritisiert? Kritik gibt es vor allem an der ab dem 20. März ohne Beschlüsse der Landesparlamente dann wohl nicht mehr bestehenden Maskenpflicht im Einzelhandel und anderen Innenräumen, wo sich viele Menschen aufhalten können. Damit werde der Instrumentenkasten für die Eindämmung der Pandemie unnötig beschränkt, heißt es. Am Ziel einer allgemeinen Impfpflicht hält die Bundesregierung indes fest.
Die Bundesländer kritisieren, dass mit dem neuen Gesetz die zwei Jahre andauernde Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern quasi einfach vom Bund beendet und der Schwarze Peter den Ländern übergeben werde. Eine gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit stelle er sich anderes vor, monierte beispielsweise Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne). Volker Bouffier (CDU), Landeschef in Hessen, äußerte sich ähnlich.
Konkret stören sich die Länder daran, dass der Bund beinahe in allen Bereichen des Alltags die Maskenpflicht abschaffen will, die Hürden für die Einführung der sogenannten Hotspot-Regelung halten sie in der Praxis für kaum umsetzbar. „Bayern hat 1400 Kilometer Außengrenze und soll den Landtag bei jedem einzelnen Hotspot-Landkreis einbinden“, sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Niedersachsens Landeschef Stephan Weil monierte außerdem, dass die Begrifflichkeit der „konkreten Gefahr“ für strengere Infektionsschutzmaßnahmen nur sei schwer belegbar sei: „Ich halte es für ausgeschlossen, dass wir auf so einer Grundlage in den Herbst hineingehen können“, sagte er. „Die Pandemie ist eben nicht vorbei. Das ist kein guter Weg, der hier eingeschlagen wird.“
9. Wie geht es mit dem neuen Infektionsschutz weiter? Am Donnerstag (10. März 2022) begannen die Gespräche über den Entwurf in den Bundestagsfraktionen. Am Freitag dieser Woche, also am 18. März 2022, könne das künftige Infektionsschutzgesetz dann voraussichtlich im Deutschen Bundestag beschlossen und in den Bundesrat eingebracht werden, erklärte Minister Lauterbach.
10. Ab wann und wie lange gelten die neuen Corona-Regelungen? Sie sollen bis zum 23. September 2022 gelten. Sollte eine „Herbstwelle“ drohen, könnte der Deutsche Bundestag dann Nachfolgeregelungen beschließen, erklärte Karl Lauterbach. Die bis 19. März 2022 geltenden Regeln sollen dem Minister zufolge gemäß einem April übergangsweise allerdings noch (maximal) bis zum 2. April in Kraft bleiben, damit die Länder Zeit haben, die rechtlichen Grundlagen an die neue Regelung anzupassen. Zahlreiche Länder wollen die Übergangsfrist nutzen und aktuell geltende Schutzregeln bis zum 2. April aufrechterhalten.