Mehr als 54.000 Facebook-Nutzer reagierten auf das Video. Lustig finden das nicht alle, unter den über 4000 Kommentaren sind auch kritische Stimmen. „Wenn das Klima völlig den Bach runter ist, ist die Landwirtschaft am Ende und ihr könnt mit dem Bulldog ungebremst vor den nächsten Brückenpfeiler fahren“, schreibt eine Nutzerin. „Unterirdisch schlecht und thematisch an der Zeit vorbei“, kommentiert ein anderer. Ein weiterer sagt: „Soweit ganz lustig.“ Aber die Wahrheit sei, dass viele hunderte Traktoren die Straßen blockiert haben, weil sie unzufrieden mit der Regierung und dem Problemen der Landwirtschaft waren. Aber was sagt eigentlich die Letzte Generation zum Schmäh-Video?
Aus der Ruhe bringen lässt sich die Klima-Bewegung, die vor allem für radikale Aktionen wie Verkehrsblockaden durch Festkleben auf der Straße bekannt ist, von dem „Dorfrocker“-Musikvideo allerdings nicht. „Wir wissen, dass unsere verschiedenen Protest-Formen sehr unterschiedliche Resonanz auslösen und Menschen dazu bewegen, sich in einer bestimmten Art zu positionieren“, sagt eine Sprecherin der Letzten Generation gegenüber Merkur.de. Teilweise gebe es sehr aggressive Anfeindungen gegenüber den Aktivisten, seitens der Politik, der Menschen oder der Medien.
Erst kürzlich besprühten Klima-Aktivisten Schaufenster und Fassaden von Luxusgeschäften am Kurfürstendamm. Die Aktion erhitzte die Gemüter von Passanten.
„Wir wollen Fronten nicht weiter verhärten, sondern in den Dialog kommen.“ Eine derart von Gewalt geprägte Kommunikation, wie in dem Video, lehne die Letzte Generation laut Sprecherin ab. Stattdessen bietet die Letzte Generation den „Dorfrockern“ ein wissenschaftlich basiertes Gespräch auf Augenhöhe als konstruktiven Austausch an. Offen bleibt allerdings, ob sich die Partyband auf einen solchen Austausch einlassen würde. Schließlich ist es nicht das erste Mal, dass die Band auf diese Weise Klima-Aktivisten angeht.
Die Letzte Generation möchte mit ihren Protest-Aktionen grundsätzlich die Regierung dazu auffordern, ihre eigenen Gesetze zu achten, teilt eine Sprecherin der Bewegung mit. „Unter diese fallen zum einen das völkerrechtlich unterschriebene und ratifizierte Pariser Klimaabkommen, welche die Bundesregierung zur Begrenzung der Erderwärmung weit unter zwei Grad beizutragen verpflichtet.“ Ebenso solle auch die Bundesregierung das Grundgesetz wahren. In diesem stehe, dass die Lebensgrundlagen der jetzigen und kommenden Generationen geschützt werden müssen.
„Selbst der wissenschaftliche Rat, welche die Bundesregierung offiziell berät, attestiert der Bundesregierung Planlosigkeit in ihrer Klimapolitik.“ Obwohl es für Aktivisten der Letzten Generation herausfordernd sei, nehmen diese Strafen und Gerichtsverfahren in Kauf. Die Unterbrechung des normalen Alltags sei eine der effektivsten Möglichkeiten, Druck auf die Regierung auszuüben, damit die anfange diese Gesetze einzuhalten. „Die Klimakrise ist zu gefährlich für unser aller Überleben, weshalb viele diese persönlichen negativen Konsequenzen in Kauf nehmen“, so eine Sprecherin.
Um die Weihnachtszeit im vergangenen Jahr, veröffentlichte die Band ein Musikvideo namens „Ihr Kleberlein kommet“, mit der bekannten Melodie des Weihnachtsklassikers „Ihr Kinderleid kommet“. In jenem Video lockte die Band als Klima-Aktivisten verkleidete Personen in einen Kuhstall und sperrt sie dort ein. Dass sich die „Dorfrocker“ an Melodien bereits bekannter Songs bedienen, führte vor kurzer Zeit beinah zu einer Klage.
Wie Merkur.de zuvor berichtete, verwendete die Band auch den bekannten Song „Über den Wolken“ und geriet darüber in einen Streit mit dem Interpreten Reinhard Mey. Dieser äußerte sich öffentlich auf seiner Internetseite mit den Worten: „Nicht in meinem Namen und mit meiner Duldung“. Wieder einmal werde „Über den Wolken“ umgedichtet und für Hetze und Beleidigungen missbraucht. „Diesmal muss ich mit einer Klage dagegen vorgehen.“ Auch der jetzige Song ist nahezu deckungsgleich mit der Melodie von „Der Zug hat keine Bremse“ von Mia Julia, Lorenz Büffel und Malle Ania. Ob sich diese ebenfalls gegen die Zweckentfremdung ihres Partykrachers wehren werden, bleibt abzuwarten.
Konkrete Fragen von Merkur.de, warum man sich entschieden hat, mit dem neuen Song gegen Klima-Aktivisten nachzulegen, wie der Klimakleber-Darsteller für das Video gefunden wurde oder warum die ungewöhnliche und respektlos anmutende Geste mit der Gülle gewählt wurde, ließ die Band offen.
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