Corona-Expertenrat mit den beiden bekanntesten Virologen gestartet - Harmonieren Drosten und Streeck?
Sie sind während der Corona-Pandemie zu den beiden bekanntesten Virologen in Deutschland geworden: Christian Drosten und Hendrik Streeck. In der Vergangenheit hatten beide Meinungsverschiedenheiten. Nun startete ein neuer Expertenrat der Bundesregierung. In diesem sitzen sowohl Drosten als auch Streeck.
Berlin/Bonn - Am Dienstag, 14. Dezember, tagte erstmals virtuell der neue Corona-Expertenrat der neuen Bundesregierung mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Diesem neuen 19-köpfigen Expertengremium gehören unter anderem Virologen und Vertreter von Intensivmedizinern und des Robert Koch-Instituts (RKI) an.
Auch die beiden wohl bekanntesten Virologen in Deutschland, Christian Drosten, Chefvirologe der Berliner Charité, und Hendrik Streeck, Leiter des Virologischen Instituts der Uniklinik Bonn, gehören dem Expertengremium an, das künftig in der Corona-Pandemie die deutsche Bundesregierung beraten und dafür künftig wöchentlich zusammenkommen soll (Lesen Sie auch hier: Corona-Virologe Hendrik Streeck fordert: „Druck auf Ungeimpfte nicht erhöhen“).
Neuer Corona-Expertenrat gestartet - harmonieren Christian Drosten und Hendrik Streeck?
Anders als Drosten war Streeck unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht zu den Corona-Beratungen hinzugezogen worden. Mitglieder des Corona-Expertenrats sind neben den Virologen Christian Drosten, Hendrik Streeck und Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung auch Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) und der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens.
Zudem gehören dem Corona-Expertengremium neben Alena Buyx (Chefin des Deutschen Ethikrates) und Christian Karagiannidis, Intensivmediziner von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, mit der Physikerin Viola Priesemann und Ralph Hertwig (Direktor des Forschungsbereichs adaptive Rationalität für Bildungsforschung in Berlin) zwei Experten vom Max-Planck-Institut an.
Name | Prof. Dr. med. Hendrik Streeck |
Geburtsdatum | 7. August 1977 in Göttingen (Niedersachsen) |
Medizinstudium | Humboldt-Universität (Charité – Universitätsmedizin Berlin), Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn |
Facharzt | Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie |
Anstellung | Universitätsklinikum Bonn |
Forschungsschwerpunkte | HIV, Covid-19 |
Die Charité ist mit zwei weiteren Mitgliedern vertreten: mit dem Vorstandsvorsitzender Hayo Kroemer und Leif Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfforschung. Weiterhin gehören dem neuen Corona-Expertenrat Reinhard Berner (Direktor der Kinderklinik an der Uniklinik Dresden) und Cornelia Betsch (Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt) an.
Das Corona-Expertengremium komplettieren Jörg Dötsch (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin), Christine Falk (Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie), Lars Kaderali vom Institut für Bioinformatik der Universitätsmedizin Greifswald, Michael Meyer-Herrmann (Leiter der Abteilung Systemimmunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung), Johannes Niessen (Leiter des Gesundheitsamtes in Köln) und Stefan Sternberg (Landrat von Ludwigslust-Parchim).
Mit dem neuen Expertenrat will die Bundesregierung nach eigenen Angaben ihre Beratung in der Corona-Pandemie breiter als bisher aufstellen. „Wir wollen als Bundesregierung die Pandemiebekämpfung stärker auf wissenschaftliche Expertise stützen“, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dazu vor einigen Tagen.
Es sei wichtig, sich von einem möglichst breit und interdisziplinär aufgestellten Expertengremium beraten zu lassen. Das solle die Basis seines Krisenmanagements und der gesamten Bundesregierung sein, so Lauterbach. „Wir werden bereits Dienstag zusammenkommen und das weitere Vorgehen beraten.“ (Lesen Sie auch hier: Corona-Virologe Hendrik Streeck widerspricht Gesundheitsminister Spahn - „Booster-Impfung für alle voreilig“)
Neues Corona-Gremium: Experten der Kinder- und Jugendmedizin stärker eingebunden
„Für mich wird die enge Zusammenarbeit mit diesen Wissenschaftlern Grundlage meiner Politik sein. Wir kennen uns schon lange“, erklärte Lauterbach weiter. „Um politisch entscheidungsfähig zu sein, werden wir unter anderem darüber diskutieren, wie gefährlich die neue Omikron-Variante ist, wie stark Boostern hilft und wie wir die aktuelle Welle weiter brechen“, präzisierte Lauterbach in der „Rheinischen Post“.
Lauterbach misst dem Expertenrat, in dem nun auch Experten der Kinder- und Jugendmedizin stärker eingebunden sind, nach eigenen Worten eine „zentrale Bedeutung“ bei. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz bemängelte indes mit Blick auf die Sitzung des Gremiums eine fehlende starke Beteiligung der Altenpflege. Noch immer ignorierten Bund und Länder, dass erst Fehler in den Pflegeheimen zur Krise in den Krankenhäusern führten, sagte Vorstand Eugen Brysch.

In der virtuellen Auftaktsitzung am Dienstag dürfte es unterdessen zunächst um eine Arbeitsstruktur gehen. Ziel sei, dass das Gremium zu möglichst einhelligen Empfehlungen für die Politik komme, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Ob das in dem Gremium gelingt, in dem sowohl Christian Drosten als auch Hendrik Streeck sitzen, ist zumindest spannend.
Wie erwähnt, war Hendrik Streeck anders als Christian Drosten unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht zu den Corona-Beratungen hinzugezogen worden. Der Bonner Virologe gehörte hingegen dem Expertenrat des früheren Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU), an. Beide Corona-Experten hatten sich in der Vergangenheit auch teils unterschiedlich zur Bewältigung der Krise geäußert.
Corona-Lockdown: Nach Kritik von Hendrik Streeck distanziert sich Christian Drosten
So hatte Hendrik Streeck im November 2020 Kritik am Corona-Lockdown der Bundesregierung geäußert, den Christian Drosten immer wieder verteidigt hatte, und war danach zwischen die Fronten geraten. Hendrik Streeck hatte an einem Positionspapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) mitgewirkt. Die Gesellschaft für Virologie (GfV) distanzierte sich dann davon - Unterzeichner war unter anderem Christian Drosten.
Auch später äußerte der Virologe Hendrik Streeck scharfe Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung. Im „Spiegel“ erklärte Streeck zwischenzeitlich, dass er und Christian Drosten seit Monaten nicht mehr miteinander reden würden. Auch um die Heinsberg-Studie von Hendrik Streeck und deren Vorstellung hatte es Meinungsverschiedenheiten gegeben.
Corona-Virologe Hendrik Streeck ist in Bonn der Nachfolger von Christian Drosten
Dabei müssten sich beide Virologen aus Niedersachsen beruflich eigentlich durchaus nahe stehen. Hendrik Streeck ist nämlich seit Oktober 2019 an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn als Leiter des Institut für Virologie der Nachfolger von Christian Drosten. Dosten war von 2007 bis 2017 Professor an der Universität Bonn. Seit 2017 ist er Institutsdirektor an der Charité in Berlin.
Die „Mitteldeutsche Zeitung“ aus Halle/Saale schreibt unter anderem zu dem neuen Expertengremium: „Eine Revolution in der Corona-Politik wird es auch mit Grünen und FDP als Juniorpartner der Scholz-SPD nicht geben.“ (Lesen Sie auch hier: Hendrik Streeck: Hühnersuppe und Küssen für ein starkes Immunsystem)
Die MZ weiter: „Zwar will die Ampel nun auch hören, was der Bonner Chefvirologe Hendrik Streeck zu sagen hat, der bislang oft eine andere Einschätzung vertreten hat als der Berliner Kollege und Merkel-Favorit Christian Drosten. Doch auch Streeck wird die Wucht der vierten Welle nicht klein reden, in der wir gerade stecken - wie kein vernünftiger Experte.“