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Immunologe Ulrichs fordert Notbremse: Corona-Lockdown einzige Möglichkeit für Trendwende

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Von: Lea Marie Kläsener

Der gebürtige Fuldaer Immunologe Timo Ulrichs sieht in einem Lockdown den einzigen Weg aus den hohen Corona-Infektionszahlen. (Archivbild)
Der gebürtige Fuldaer Immunologe Timo Ulrichs sieht in einem Lockdown den einzigen Weg aus den hohen Corona-Infektionszahlen. (Archivbild) © Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften; Volker Nies

Nur ein Lockdown kann eine Trendwende im derzeitigen Corona-Infektionsgeschehen schaffen. Dieser Ansicht ist der Immunologe Timo Ulrichs, der gebürtig aus Fulda stammt.

Fulda - Erstmals seit Beginn der Pandemie überschreitet die bundesweite Corona-Inzidenz am Mittwoch, 24. November 2021, den Wert von 400. In Fulda liegt der Wert am Mittwoch bei 262,3. Was kann die steigenden Infektionszahlen stoppen? Die Lage ist eigentlich nicht mehr unter Kontrolle, fasst Immunologe Prof. Dr. Timo Ulrichs in einem Interview mit n-tv.de (Dienstag, 23. November) zusammen. Er sieht in einem Lockdown die einzige Möglichkeit einer Trendwende - eine Impfpflicht würde zu lange dauern.

„Die Versuche der einzelnen Bundesländer, daran noch etwas zu drehen, sind ein bisschen spät“, kritisiert der Immunologe in Bezug auf die derzeitige Infektionslage. 2G-Regelungen und Kontaktbeschränkungen hätten die Länder früher einführen sollen. „Jetzt ist es so, dass wir in eine Situation hineinlaufen und wahrscheinlich nur noch der Lockdown die Trendwende bringen wird.“ (Lesen Sie hier: Schwaches Immunsystem durch Corona-Maßnahmen? Immunologe Timo Ulrichs nennt Gründe)

Corona: Kommt der Lockdown? Immunologe Timo Ulrichs fordert Notbremse

Noch könne die Politik die Geimpften von diesem Lockdown ausnehmen. Die Beschränkungen für Ungeimpfte müssen nach Ulrichs dann aber flächendeckend in ganz Deutschland eingeführt werden. „Es ist aber so, dass uns die Zeit davonrennt“, sagt er im Interview. „Wir können jetzt eigentlich nicht mehr länger abwarten.“

Grund dafür sind laut Timo Ulrichs die vollen Intensivstationen in allen Bundesländern. Die Politik müsse „diese Notbremse oder die Notschalter betätigen“. Etwas anderes bleibe nicht mehr übrig.

Zur Person

Prof. Dr. Timo Ulrichs ist Immunologe, Mikrobiologe und Gesundheitswissenschaftler. Der 1971 in Fulda geborene Professor für internationale Not- und Katastrophenhilfe lehrt an der Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Montag, 22. November, in Berlin mit Blick auf die hoch ansteckende Delta-Variante des Coronavirus und auf Ungeimpfte gesagt: „Wahrscheinlich wird am Ende dieses Winters so ziemlich jeder in Deutschland geimpft, genesen oder gestorben sein.“

Wahrscheinlich wird am Ende dieses Winters so ziemlich jeder in Deutschland geimpft, genesen oder gestorben sein.

Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister

Nach Timo Ulrichs ist diese Einschätzung zwar zynisch. „Aber wenn man es rein epidemiologisch betrachtet, ist diese Aussage natürlich richtig“, so der gebürtige Fuldaer. Das Coronavirus breite sich unter den Ungeimpften massiv aus, „das heißt, es sorgt für eine Durchseuchung“. Im Frühling würden die Ungeimpften „eine Grundimmunität“ haben - aber „auf die harte Tour und eben mit leider sehr vielen Opfern“.

Die Diskussion der Politik über eine Impfpflicht komme „sehr spät“. Selbst wenn jetzt eine Corona-Impfpflicht eingeführt werde, entfalte sich die Wirkung erst nach Wochen - nämlich wenn die Impfungen verabreicht seien. Es kämen also weiterhin viele Menschen - „vor allen Dingen Ungeimpfte“ - ins Krankenhaus und auf die Intensivstationen.

„Wir müssen eben etwas Schnelleres machen, und das sind leider Kontaktbeschränkungen“, die auch für Geimpfte gelten müssten, um besonders schnell zu wirken.

Video: Spahn zu Ungeimpften - „Was muss eigentlich noch passieren?“

Etwa 15 Millionen Menschen sind laut Timo Ulrichs in Deutschland noch ungeimpft. „Das sind so große Lücken, dass das Virus bei diesem Infektionsdruck jetzt auch in die Schulen einbrechen kann“, warnt der Immunologe. „Wir sehen das immer häufiger, und das ist einfach schade.“

Ob man ungeimpfte Erwachsene noch von einer Corona-Impfung überzeugen kann? „Wir haben uns ja den Mund fusselig geredet“, sagt Ulrichs. „Die ganze Zeit. Und es ist keine große Änderung eingetreten.“ Nur eine Impfung „beendet die Pandemie“, betont er. Man könne diese nicht verlängern durch Testungen oder durch Vorsichtsmaßnahmen, denn dann könne das Virus weiterhin Menschen infizieren.

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