„Müssen nicht mehr jede Infektion verhindern“: Virologe Hendrik Streeck fordert neue Teststrategie
Die Corona-Pandemie geht gerade schleichend in eine Endemie über. Das meint Virologe Hendrik Streeck und hat einige Forderungen, um zur Normalität zurückzufinden. Unter anderem fordert er ein Ende von PCR-Tests auf Verdacht.
Bonn/Hamburg - Hendrik Streeck, Mitglied des Corona-Expertenrats der Bundesregierung, spricht sich für eine neue Strategie im Umgang mit Corona aus. Laut dem Virologen befinden „wir uns im schleichenden Übergang von der Pandemie zur Endemie“. Deshalb sei es wichtig, daran zu erinnern, dass das Virus für einige Bevölkerungsteile gefährlich bleibt.
„Für die Mehrheit bedeutet es, dank Impfung und Booster, ein akzeptables Risiko.“ Tatsache sei aber: „Es wird nur ein Leben mit Corona geben“, schreibt der Virologe in einem Gastbeitrag für die am Donnerstag, 20. Januar 2022, erschienene Wochenzeitung „Die Zeit“. „Wir können das Virus nicht eradizieren, nicht auslöschen. Im Gegenteil: Es ist heimisch geworden.“
Corona: Übergang von Pandemie zu Endemie - diese Forderung hat Hendrik Streeck
Das bedeute, dass es pragmatische Wege zu finden gelte, mit dem Risiko stetig wiederkehrender Corona-Infektionen umzugehen. „Wir werden die nächsten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte mit Corona auskommen müssen“, führt Hendrik Streeck aus. Sich der Saisonalität des Virus bewusst zu sein, ermögliche „Entspannung im Sommer und lässt uns weniger panisch sein im Winter“.
Die Saisonalität beeinflusse die Verbreitung des Coronavirus einfach maßgeblich. Wenn eine Erkrankung in einer bestimmten Population fortwährend gehäuft auftritt, spricht man von einer Endemie, wie zum Beispiel bei der Grippe. Ein endemisches Virus zirkuliert also dauerhaft in der Bevölkerung und kann fortlaufend Infektionen verursachen.
Name | Prof. Dr. med. Hendrik Streeck |
Geburtsdatum | 7. August 1977 in Göttingen (Niedersachsen) |
Medizinstudium | Humboldt-Universität (Charité – Universitätsmedizin Berlin), Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn |
Facharzt | Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie |
Anstellung | Universitätsklinikum Bonn |
Forschungsschwerpunkte | HIV, Covid-19 |
Streeck dazu: „Die endemische Lage ist erreicht, wenn es eine genügend hohe Grundimmunität in der Bevölkerung gibt, Kliniken und Intensivstationen nicht überlastet zu werden drohen.“ In der Übergangsphase von der Pandemie in die Endemie sei es laut Streeck wichtig, „größtmögliche Anstrengungen zu unternehmen, um schwere Verläufe und Todesfälle zu vermeiden“.
Andererseits müsse aber auch ein Bewusstsein dafür entwickelt werden, „dass wir nicht mehr jede Infektion verhindern können und müssen.“ Nicht jede Corona-Infektion dürfe erschrecken, schreibt der Bonner Virologe Hendrik Streeck in dem Zeit-Beitrag. (Lesen Sie auch: Handel mit gefälschten Corona-Impfpässen floriert - Polizei ermittelt sogar wegen Totschlags)
„Sollte sich kurzfristig bestätigen, dass Omikron auch bei uns vermehrt milde Verläufe hervorruft, die Intensivstationen also nicht überlastet werden, müssen wir über das schrittweise Zurücknehmen von Maßnahmen entscheiden“, so Streeck weiter. „Dabei ist wichtig, dass wir uns nach verlässlichen Parametern richten. Hier sehe ich die Hospitalisierungsinzidenz – richtig und zeitnah bestimmt – und intensivmedizinische Belegung als zentral an.“
Streeck schreibt in der „Zeit“ davon, dass man im Umgang mit der Coronavirus künftig wie beim Autofahren einen Sommer- und einen Winterreifenmodus benötigen würde. So müsse jetzt die Impf-Planung vorangetrieben werden. Streeck schwebt künftig eine jährliche Anpassung des Impfstoffs an Virusvarianten vor. (Lesen Sie auch hier: Virologe Hendrik Streeck übt Kritik an 2G-Regel - „Druck auf Ungeimpfte nicht weiter erhöhen“)
Corona: Virologe Hendrik Streeck fordert Ende von PCR-Tests auf Verdacht
Konkret fordert der Corona-Experte schon jetzt eine Anpassung des Testschemas: „Menschen, die keiner Risikogruppe angehören, sollten sich nicht mehr auf Verdacht PCR-Tests unterziehen. Wir sollten zuallererst symptombezogen testen. Die medizinische Relevanz eines Virusnachweises im Rachen einer dreifach geimpften Person ohne Symptome ist gering.“
Streeck geht damit auf die neuen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Omikron-Variante des Coronavirus ein. Diese ist hochansteckend, sorgt aber vor allem unter Geboosterten für viele asymptomatische Infektionen. In den nächsten Wochen - im Übergang von der Pandemie in die Endemie, so der 44-Jährige, - „sollten wir versuchen, mental weniger angespannt zu sein“.