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Tragisches Corona-Dilemma in Ecuador: „Leute sterben auf Eingangstreppen zum Krankenhaus“

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Coronavirus in Ecuador: Wie soll ein Land handeln, in dem verheerende Situationen in Krankenhäusern und eine dramatische wirtschaftliche Lage aufeinandertreffen?

Ecuador - „Es sind Leute auf den Eingangstreppen zu unseren Krankenhäusern gestorben und wir hatten keine Chance, ihnen zu helfen“, sagt Marcelo Castillo gegenüber der New York Times. Er ist Intensivarzt in der besonders schwer betroffenen Metropole Guayaquil. Anfang April wurde hier von Leichen auf Straßen, in Wohnzimmern und Krankenhäusern berichtet, die von überforderten Behörden nicht mehr abtransportiert werden konnten, Bestattungen wurden teilweise unmöglich. In Guayaquil kam es zu einer tragischen Verwechslung, bei der eine Frau fälschlicherweise für tot erklärt wurde.

Vor dem Abel Gilbert Ponton Hospital in Guayaquil (Ecuador) werden Särge zum Verkauf angeboten
Vor dem Abel Gilbert Ponton Hospital in Guayaquil (Ecuador) werden Särge zum Verkauf angeboten © AFP / JOSE SANCHEZ LINDAO

Informationen der Johns-Hopkins-Universität zufolge sind in Ecuador nach offiziellen Angaben 22.719 Menschen positiv getestet worden, 576 Menschen verstorben. Nach Angaben der New York Times verstarben aber von 1. März bis Mitte April 7.600 Menschen mehr als im gleichen Zeitraum 2019.

Ecuador wird damit zu einem traurigen Beispiel dafür, was passieren kann, wenn das Coronavirus ein Land mit schlecht ausgestattetem Gesundheitssystem und Wirtschaftskrise überrollt - doch es bleiben Fragen offen. 

Coronavirus-Katastrophe in Ecuador: „Patientin Null“ scheint klar

Das 17 Millionen Einwohner umfassende Land liegt im Nordwesten Südamerikas und wird seit 2017 von Präsident Lenin Moreno regiert. Er hatte Mitte März eine Ausgangssperre angeordnet.

Die Chronologie des Erregers* lässt sich für Ecuador wahrscheinlich genau nachvollziehen, wie die taz schreibt: Patientin Null*, eine 74-jährige Frau, reiste Mitte März aus Madrid ein, besuchte mehrere Familienfeiern und bewegte sich frei durch das Land, bevor sie positiv getestet wurde.

Coronavirus in Ecuador: 

Etwa 3,6 Millionen Menschen arbeiten in Ecuador im informellen Sektor - das heißt, sie haben zu Zeiten der Ausgangssperren* kein Einkommen und nichts mehr zu essen. Immer schwerer falle es den Menschen im ganzen Land, zu Hause zu bleiben, schreibt die taz. Und das, obwohl sich aufgrund der Ausgangsbeschränkungen die Lage zunächst gebessert hatte und auch die Hauptstadt Quito - entgegen anderslautender Befürchtungen - nicht schwer betroffen war.

Dass Ecuador ein Land mit überdurchschnittlich junger Bevölkerung ist und derzeit aktuell über 30 Grad herrschen, widerspricht einigen gängigen Thesen zum Coronavirus zudem. Sinkende Exporteinnahmen und ein hoher Schuldenberg vergrößern das Dilemma, vor dem der Staat jetzt steht: Beibehaltung der strengen Auflagen oder Lockerungen zugunsten der Wirtschaft*?

*Merkur.de ist Teil des deutschlandweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

kat

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