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Corona-Krise: Traumwetter in Deutschland - kann die Sonne das Virus stoppen?

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Von: Martina Lippl

Coronavirus - Kirschblüte - Bonn
Coronavirus - Kirschblüte - Bonn © dpa / Oliver Berg

Das Coronavirus kennt keine Grenzen und breitet sich rasant aus. Forscher suchen mit Hochdruck nach einem Impfstoff gegen die neuartige Lungenkrankheit Covid-19. Kann das Wetter das Coronavirus stoppen?

München -  25 Grad (!) absolutes T-Shirt-Wetter ist in den nächsten Tagen in Deutschland angesagt. Können Sonne und Wärme das Coronavirus stoppen? Diese Frage taucht immer wieder auf. Schadet das Hammer-Wetter - wenn wir schon nicht Grillen dürfen -  wenigstens den Coronaviren?

Es ist bekannt, dass das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 empfindlich auf fettlösende Substanzen wie Tenside reagiert. Allein deswegen ist es besonders wichtig, sich regelmäßig die Hände mit Seife zu waschen. Wäsche von Corona-Kranken sollte bei Temperaturen von mindestens 60 Grad gewaschen werden, empfiehlt neben dem Robert-Koch-Institut (RKI) auch das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR).

Top-Virologen (s.u.) haben schon vermutet, dass das Wetter oder zumindest die Jahreszeiten einen Einfluss auf das Coronavirus Sars-CoV-2 haben, wenn auch nur einen geringen. 

Wetter: Coronavirus-Ausbreitung auf Datenlage

Das Fachmagazin Ärzteblatt berichtet von einer Studie über einen saisonalen Effekt bei Sars-CoV-2. US-Forscher haben herausgefunden, dass neun von zehn Coronainfektionen in Regionen aufgetreten sind, in denen die durchschnittlichen Tagestemperaturen zwischen 3 Grad und 17 Grad lagen und die absolute Luftfeuchtigkeit 4 bis 9 g/m3 betrug. Diese Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit würden demnach einen Einfluss auf die Ausbreitung des Virus haben. Die US-Forscher sagten nach ihrer Datenanalyse ein Ende der Epidemie im Sommer voraus. In den Ländern wie Italien, in denen die Infektionszahlen am stärksten steigen, würden ähnliche Witterungsbedingungen herrschen, wie in der chinesischen Metropole Wuhan. 

Coronavirus - Mallorca
Was bremst das Coronavirus? Verlangsamen sich im Sommer die Infektionen (Symbolfoto). Experten räumen mit Mythen auf. © dpa / Clara Margais

Ob das zutrifft, bleibt jedoch, laut Einschätzung des Fachmagazins, abzuwarten. Aktuell ließe sich diese These wohl kaum halten. Auch beim Thema Luftfeuchtigkeit entwickeln sich die Zahlen anders. Die These bezieht sich nur auf Daten (vom 1. Januar bis 22. März) und nicht auf die biologische Untersuchung des Virus. Die Erkenntnisse dieser Studie lassen sich jedoch nicht auf die aktuelle Situation übertragen, da die Datenlage zu dünn sei. 

Der Virologe Oliver Keppler vom Münchner Max von Pettenkofer-Institut erklärte im BR-Fernsehen, dass die früheren Coronaviren zwischen Herbst und etwa Mai aktiv waren. „19 von 20 anderen respiratorischen Viren haben diese Rhythmik. Die einzige Ausnahme der letzten Jahrzehnte ist die Schweinegrippe 2009 gewesen, die sich auch im Sommer sehr gut ausbreiten konnte“, sagte Keppler gegenüber dem BR.

Das Coronavirus Sars-CoV-2 ist neu. Ob der Sommer oder wärmere Temperaturen die Ausbreitung des Virus bremsen, wird sich erst zeigen. Selbst wenn die Sonne einen Effekt auf das Virus hat, das Coronavirus wird nicht verschwinden. In diesem Punkt scheinen sich alle Wissenschaftler einig zu sein.         

Coronavirus: Helfen Frühlings-Temperaturen gegen das Virus?

Update vom 22. März 2020: Wärmere Temperaturen oder eisige Kälte - kann das Wetter die Ausbreitung des Coronavirus bremsen? 

Die Weltgesundheitsorganisation WHO räumt radikal mit diesen Vermutungen auf: „Nach bisherigen Erkenntnissen kann das Covid-19-Virus in allen Gebieten übertragen werden, auch in Gebieten mit heißem und feuchtem Wetter.“ Selbst aus Ländern in denen derzeit höhere Temperaturen herrschen, breitet sich das Coronavirus Sars-CoV-2 aus.

Dazu fordert die WHO die Menschen eindringlich auf, unabhängig vom Klima Schutzmaßnahmen zu treffen. Gleichzeitig weist die WHO explizit darauf hin, dass häufiges Händewaschen „der beste Weg, sich vor Covid-19 zu schützen“ sei. „Auf diese Weise beseitigen Sie Viren, die sich möglicherweise auf Ihren Händen befinden, und vermeiden Infektionen, die auftreten können, wenn Sie dann Augen, Mund und Nase berühren.“

Fakt: Coronaviren halten höhere Temperaturen, beispielsweise 27 Grad, aus.

Bremst der Sommer die Ausbreitung des Coronavirus?  

Der Berliner Virologe Christian Drosten* geht davon aus, dass der Sommer - also höhere Temperaturen - das Virus wohl nicht eindämmen, aber sicherlich einen kleinen Effekt haben kann. Im NDR Podcast Coronavirus-Update (vom 20. März: „Die Wirksamkeit von Ausgangssperren ist unklar“) erklärt der Virologe seine Einschätzung. Dabei stellt Drosten den Stopp der Virusübertragung bei endemischen (Fachjargon für örtlich begrenzt auftretend) Viren, wie Influenza-Viren dar.

Der Sommer bringe mehrere Effekte mit sich, die für eine Virusübertragung nicht förderlich seien: Soziale Distanzierung (mehr Menschen sind draußen, statt in geschlossenen Räumen), UV-Licht (siehe unten), Wärme und Trockenheit. 

Dazu hätten diese Viren, die in der Bevölkerung weite Verbreitung haben, laut Christian Drosten ein Dauerproblem, nämlich die „Bevölkerungsimmunität“. Wenn das alles zusammenkomme, komme es zum Stopp der Virusübertragung, jedenfalls im Beispiel der Influenza-Viren. 

Die Verbreitung eines pandemisches Virus würde seiner Ansicht nach nicht so stark gestoppt werden, aber durchaus ein bisschen. Drosten beruft sich auf eine statistische Vergleichsrechnung einer Studie. Zu Beginn der Corona-Krise hatte sich der Virologe schon zuversichtlicher geäußert, doch seine Einschätzungen im Laufe der Woche korrigiert.   

Coronavirus: Welche Rolle spielt das Wetter? ZDF-Wetterexpertin erklärt mit 3D-Modell

Erstmeldung vom 14. März 2020

Viren und Wetter: Meteorologin Katja Horneffer erklärt im ZDF die Wettereinflüsse in 3D.
Viren und Wetter: Meteorologin Katja Horneffer erklärt im ZDF die Wettereinflüsse in 3D. © Screenshot ZDF

München - Forscher versuchen alles über das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 herauszufinden. Am 31. Dezember informierten die chinesischen Behörden die Weltgesundheitsorganisation (WHO) über eine mysteriöse Lungenkrankheit in Wuhan, einer Millionenmetropole in der chinesischen Provinz Hubei. Am 7. Januar 2020 gelingt es chinesischen Experten, das Virus zu identifizieren. Der Erreger gehörte demnach zur Familie der Coronaviren und bekam anfangs den Namen 2019-nCoV. Inzwischen nennt die WHO das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2, das die neuartige Lungenkrankheit Covid-19 auslöst.

Kann das Wetter das Coronavirus bremsen?  

Forscher und Wissenschaftler haben seit Januar vieles über das Coronavirus herausgefunden, das die Welt in eine Coronavirus-Krise stürzt. Europa hat sich zu einem Hotspot für das Virus außerhalb Chinas entwickelt. Eine interaktive Coronavirus-Karte im Internet zeigt die dynamische Entwicklung von Infektionen, Todesfälle, aber auch überstandene Coronafälle -  in Deutschland und der ganzen Welt. Um die aktuelle Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, hat Deutschland drastische Maßnahmen gefordert. Ziel ist es Zeit zu gewinnen. Das neue Coronavirus kann von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion* und Schmierinfektion übertragen werden. 

Coronavirus in Deutschland - Welche Rolle spielt das Wetter für Viren? 

Im Kampf gegen das Coronavirus in Deutschland spielt das Wetter wohl eine Rolle. Vor kurzem äußerte sich schon Virologe Alexander Kekulé in einem Gespräch mit der ARD dazu. Seiner Auffassung nach könnte das Wetter das Coronavirus bremsen. „Wenn es warm wird, werden die Coronaviren normalerweise schwächer und die Krankheit schwächt sich ab. Der Sommer könnte unser bester Verbündeter sein“, erklärte Virologe Alexander Kekulé. 

Auch nach Ansicht des Berliner Virologen Christian Drosten könnte das Wetter bei der Verbreitung einen Effekt haben. „Die Wärme im Sommer, UV-Strahlen und die Tatsache, dass Leute vermehrt draußen sind und sich weniger aneinander infizieren können", sagte Drosten im Gespräch mit dem RBB über Infektionsraten (28. Februar 2020).

Coronavirus - USA
Coronavirus: Eine undatierte elektronenmikroskopische Aufnahme des «U.S. National Institute of Health» zeigt das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2). © NIAID-RML/AP/dpa

Coronavirus - Hat das Wetter tatsächlich einen Einfluss auf Sars-CoV-2?

Ob Jahreszeiten eine Rolle auf die Übertragung von Viren spielen, sei noch nicht abschließend geklärt, schreibt der Deutsche Wetterdienst (DWD) zum Thema Winterzeit und Grippezeit. Vor Jahren hätten sich Wissenschaftler mit der Frage befasst, warum sich gerade so viele Menschen im Winter mit dem Influenzavirus (umgangssprachlich „echte Grippe“) anstecken.

Dabei sind die Forscher bei einem Versuch mit zwei Puppen auf einen Faktor gestoßen, so der DWD. Ein Grund dafür liege in der Luftfeuchtigkeit. Je feuchter die Luft, umso niedriger sei die Ansteckungsgefahr bei den Influenzaviren gewesen. Wie beim Husten habe eine Pumpe Influenzaviren ausgestoßen. Das Ergebnis: „Bei einer Feuchte bis 23 Prozent  waren etwa drei Viertel der Viruspartikel noch nach einer Stunde ansteckend. Bei etwa 43 Prozent Feuchtigkeit schrumpfte der Anteil der infektiösen Teilchen dagegen auf nur noch etwa ein Fünftel.“

Wärmere Luft kann deutlich mehr Wasserdampf aufnehmen als kalte Luft, erklärt die DWD-Meteorologin Magdalena Bertelmann. Die absolute Luftfeuchtigkeit (Menge an Wasserdampf in der Luft) ist in den Wintermonaten deutlich geringer als im Sommer. 

Viren bleiben im Winter länger in der Luft

An kalten Wintertagen schweben Tröpfchen mit Viren länger in der Luft, als bei hoher Luftfeuchtigkeit. Welche Auswirkungen Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Licht auf die Aktivität von Viren haben, erklärte auch Meteorologin Katja Horneffer nach dem ZDF „heute journal“ am Freitagabend (13. März) mit Hilfe einer 3D-Animation dem TV-Publikum. Auch, dass Viren, die mit einer Lipid-Schicht (Fettschicht) umgeben sind, auf UV-Strahlung empfindlich reagieren. Ob sich das neuartige Coronavirus Sars-Cov-2 auch so verhält, können Forscher allerdings noch nicht sagen. Das neue Virus ist eng mit dem Sars-Erreger verwandt, das eben durch UV-Licht seine Stabilität verlor. 

Coronavirus - Was bedeuten Temperatur und Luftfeuchtigkeit für Influenzaviren?

Temperatur und Luftfeuchtigkeit spielen bei der Übertragung von Influenzaviren, also Grippeviren eine Rolle, sagt Prof. Silke Stertz, Professorin am Institut für Medizinische Virologie der Universität Zürich (UZH) in einer aktuellen Pressemitteilung der UZH. Bei Trockenheit im Winter seien die Grippeviren stabiler und dadurch ist die Ausbreitung effizienter. Doch warum das tatsächlich so ist, wollen Forscher jetzt herausfinden. 

„Was wir aber nicht kennen, ist der Mechanismus, der sich dahinter versteckt. Wir möchten herausfinden, was mit den Viren unter solchen winterlichen im Vergleich zu sommerlichen Bedingungen genau passiert“, so Prof. Stertz. Gegen das Influenzavirus gibt es jedoch schon eine Impfung. Nach einem wirksamen Medikament oder einer Impfung gegen das neuartige Coronavirus suchen Forscher derzeit mit Hochdruck. Covid-19 hat mittlerweile weltweit Tausende Todesopfer gefordert. Wissenschaftlern ist wohl jetzt ein Erfolg bei der Erforschung eines Impfstoffes gelungen.

Übrigens: Hier können Sie das ZDF-Video mit dem Titel „Winter, Winter, Frühling, Sommer und die Viren“ finden. 

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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