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Moderner Fünfkampf will mit „Ninja Warrior“-Disziplin zurück zu den Olympischen Spielen 2028

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Von: Sebastian Reichert

Nach dem Skandal um Annika Schleu in Tokio ist das Springreiten beim Modernen Fünfkampf gestrichen. Mit einem „Ninja Warrior“-Parcours soll es zurück zu Olympia gehen. Bei einem Test in Ankara zeigte sich Team Deutschland zufrieden.
Nach dem Skandal um Annika Schleu in Tokio ist das Springreiten beim Modernen Fünfkampf gestrichen. Mit einem „Ninja Warrior“-Parcours soll es zurück zu Olympia gehen. Bei einem Test in Ankara zeigte sich Team Deutschland zufrieden. © Deutscher Verband für Modernen Fünfkampf/Instagram

Nach dem Skandal um Annika Schleu in Tokio 2021 ist das Springreiten beim Modernen Fünfkampf gestrichen. Mit einem „Ninja Warrior“-Hindernisparcous als neuer Disziplin soll es 2028 zurück zu Olympia gehen. Die Athletinnen und Athleten müssen sich umstellen.

Fulda - Welche Disziplin gehört in Zukunft neben Schwimmen, Fechten, Laufen und Schießen neu zum Modernen Fünfkampf - und ersetzt damit das Springreiten? Richtig, ein Hindernisparcours wie man ihn ähnlich aus dem RTL-Format „Ninja Warrior“ mit René Casselly und Co kennt.

Zu den Änderungen kam es nach einem Skandal und Drama im Modernen Fünfkampf um Weltmeisterin Annika Schleu bei den Olympischen Spielen in Tokio. Ihr zugelostes Pferd Saint Boy weigerte sich, die Hindernisse zu überspringen. Bundestrainerin Kim Raisner forderte, die Athletin solle auf das Pferd „mal richtig draufhauen“.

Ninja Warrior (RTL): Moderner Fünfkampf will mit neuer Disziplin zurück zu Olympia

In Führung auf Gold-Kurs liegend wurde Annika Schleu disqualifiziert. Drei Monate nach Olympia zog der Weltverband Konsequenzen aus dem Skandal und brachte ins Spiel, das Springreiten im Fünfkampf abzuschaffen. Ähnliches hatte auch schon Experte Heinrich Brähler vom RFV Herbstein aus dem Vogelsberg im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt.

„Der anspruchsvolle Sport des Fünfkampfes mit Laufen, Schwimmen, Fechten und Schießen muss nicht noch durch Springreiten kombiniert werden. Es gibt genügend andere Möglichkeiten“, sagte der Berufsreiter. Der Skandal schlug indes in den Wochen nach Olympia weiter Wellen. Fünfkämpferin Annika Schleu wehrte sich nach dem Höllenritt. Sie habe „das Pferd nicht extrem hart behandelt“.

Der Deutsche Tierschutzbund stellte Strafanzeige gegen Fünfkämpferin Annika Schleu und Bundestrainerin Kim Raisner. Auch „Big Bang Theory“-Star Kaley Cuoco griff Annika Schleu an. Der Weltverband UIPM sprach die Fünfkämpferin allerdings frei. Ihre Trainerin wiederum wurde bestraft.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Tierquälerei gegen Annika Schleu und Kim Raisner wurden eingestellt. Im November 2021 wurde dann bekannt, dass der Weltverband Reiten aus dem Modernem Fünfkampf streichen - und durch Radsport ersetzen will.

Letztlich wurde Tokio für den Modernen Fünfkampf zu einer Zäsur. Im November 2022 entschied der Weltverband UIMP, dass ein Hindernisparcours im „Ninja Warrior“-Stil zukünftig offiziell Bestandteil des Modernen Fünfkampfs wird und die umstrittene Disziplin Springreiten ersetzt. 69 von 83 gültigen Stimmen waren für die Aufnahme der „Ninja“-Disziplin.

NameNinja Warrior Germany
Erstausstrahlung9. Juli 2016
SenderRTL
Moderatorinnen/ModeratorenLaura Wontorra, Jan Köppen, Frank Buschmann
ProduktionsunternehmenRTL Studios
DrehortKöln (seit 2020, vorher: Karlsruhe)

Bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris findet der Moderne Fünfkampf somit letztmalig mit Reiten statt. Für die darauffolgenden Olympischen Spiele in Los Angeles 2028 gehört die Sportart vorerst nicht zum Programm. „Wir beim Verband müssen in die Zukunft schauen. Wir vergessen unsere Vergangenheit und unsere Herkunft nicht, aber das Ziel ist die Zukunft“, sagte UIMP-Präsident Klaus Schormann.

Der Weltverband nahm den Hindernislauf schon in Testwettkämpfen ins Programm auf - auch beim Weltcup im Juni 2022 in Ankara. Auf einer Strecke von 100 Metern mussten Sportler neun Hindernisse bewältigen - auf einem Parcours, der dem „Ninja Warrior“ aus der gleichnamigen RTL-Show ähnelt.

Die Sportlerinnen und Sportler mussten an Ringen entlang hangeln. Zu den Hindernisse gehörten aber auch Schwingen am Seil, Überwinden einer rund 2,5 Meter hohen Leiter mit Auf- und Abstieg, Balancieren auf einem Balken sowie zum Abschluss das Erklimmen einer gebogenen Wand, der so genannten Tsunami Wall. 

Annika Schleu beim Reitwettbewerb des modernen Fünfkampfs bei den Olympischen Spielen in Tokio.
Nach dem Skandal um Annika Schleu bei den Olympischen Spielen in Tokio wurde Springreiten im Modernen Fünfkampf gestrichen. © Marijan Murat/dpa

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte bestimmte Anforderungen an die neue Disziplin gestellt. Danach muss der fünfte Wettbewerb weltweit zugänglich sein, unter allen Altersklassen populär sein, dynamisch und attraktiv für Zuschauer weltweit sein sowie kostengünstig und leicht verständlich sein. Die neue Disziplin wurde von einer Kommission aus mehr als 60 Vorschlägen ausgewählt.

Durch die RTL-Show entstand in Deutschland und anderen Ländern eine neue Sportler-Szene. Teilweise wird auch von einer neuen Sportart gesprochen. Vielerorts wurden und werden private und gewerbliche Ninja-Trainingshallen errichtet und eigene Ninja-Wettkämpfe veranstaltet. „Ninja“-Athleten wie der Rhöner Amerikaer Gary Hines, der zuletzt mit dem US-Handball-Team Geschichte schrieb, sind sehr populär.

Es heißt ja Moderner Fünfkampf, also dürfen wir auch modernisieren - und müssen es auch.

Michael Dörr, Präsident des Deutschen Verbandes für Modernen Fünfkampf (DVMF)

Michael Dörr, Präsident des Deutschen Verbandes für Modernen Fünfkampf (DVMF), zeigte sich überzeugt, dass mit dem Parcours eine neue Disziplin gefunden wurde, „die mehr als nur notdürftiger Ersatz ist, sondern extrem anspruchsvoll und weltweit populär“ ist. Der Funktionär verspricht sich eine weltweite Steigerung der Attraktivität.

Er finde es bezeichnend, wenn ein großer US-Fernsehsender „Ninja Warrior“ im Hauptkanal zeige, während die Leichtathletik-WM auf dem zweiten Kanal des Senders laufe. „Dies ist ein eindeutiges Signal, dem es Rechnung zu tragen gilt, ob uns das gefällt oder nicht. Es heißt ja Moderner Fünfkampf, also dürfen wir auch modernisieren - und müssen es auch.“

Verwandelt „Ninja Warrior“ den Modernen Fünfkampf „in TV-freundliche Multisportart“?

Nach dem Test-Weltcup in Ankara war auch Weltverbandschef Klaus Schormann zufrieden. „Den Athleten hat der Wettkampf sehr viel Spaß gemacht. Es war ein toller erster Schritt in eine jugendliche, urbane und gut zugängliche Zukunft für unseren Sport.“ Der Hindernis-Parcours werde den Fünfkampf „in eine TV-freundliche Multisportart verwandeln, die nachweislich jüngere Fans und kommerzielle Partner auf der ganzen Welt anspricht“.

Für die Sportler bedeutet das Erlernen des „Ninja“-Parcours indes einen enormen Aufwand. Die Fünfkämpfer müssen künftig viel Kraft aufbringen, gleichzeitig dürften sie nicht zu schwer sein. „Die Zeit der schlanken Riesen, wie sie derzeit die Szenerie des Modernen Fünfkampfs beherrschen, wird weitestgehend vorbei sein“, sagte der DVMF-Präsident. „Viele werden nicht mehr konkurrenzfähig sein, auch wenn sie sich noch so sehr bemühen.“

Video: „Ninja Warrior“-Disziplin ersetzt Reiten beim Modernen Fünfkampf

Robin Schmidt, Pressesprecher des Deutschen Verbandes für Modernen Fünfkampf (DVMF), fand bei dem Weltcup Gefallen an der neuen Disziplin. „Das ist eine richtig gute Sache“, sagte er. Die fünfköpfige deutsche Delegation unter den 19 teilnehmenden Nationen schnitt in Ankara erfolgreich ab. Tobias Hierl gewann den Wettbewerb bei den Männern, Schmidt belegte ebenso Rang drei wie Annika Schneider bei den Juniorinnen. 

Man müsse Risiko gegen Sicherheit abwägen, die Sportart spreche auch andere Kraftbereiche an. Robin Schmidt plädierte dafür, dass der Hindernis-Wettbewerb an den Anfang des Fünfkampfes gesetzt wird. „Das ist ein guter Einstieg in den Wettkampf.“ Mit dem neuen Format will der Weltverband seinen Olympia-Status erhalten und auch 2028 in Los Angeles wieder zum Programm gehören. Stand jetzt ist die Sportart nicht dabei. 

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