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Aus in Tübingen: Notbremse beendet großes Corona-Modellprojekt

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Corona und Tübingen: Das Modellprojekt bietet Perspektiven für Öffnungen und birgt aber auch Gefahren.
Corona und Tübingen: Das Modellprojekt bietet Perspektiven für Öffnungen und birgt aber auch Gefahren. © Jonas Wenzel

Das Corona-Modellprojekt in Tübingen wird beendet. Das erklärt Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne). Grund ist die Bundes-Notbremse.

Update vom 22. April, 17.48 Uhr: Nun also doch das Aus nach sechs Wochen: Das Tübinger Corona-Modellprojekt wird wegen der Bundes-Notbremse laut Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) beendet. „Ab Montag ist also auch bei uns alles dicht. Theater, Handel, Schulen und Kitas“, schrieb Palmer auf seiner Facebook-Seite. Diese Entscheidung habe die CDU-Wahlkreisabgeordnete Annette Widmann-Mauz der Presse mitgeteilt.

Die Inzidenz im Landkreis sei mit 180 eben viel zu hoch, schrieb Palmer. Er machte darauf aufmerksam, dass die Inzidenz in Tübingen konstant unter 100 sei seit zwei Wochen. „Der Anstieg findet nur außerhalb Tübingens statt und hat jetzt den Wert von 240 erreicht, während wir bei 91 stehen“, so Palmer. Der zuletzt für die Stadt gemeldete Wert lag laut dem Sozialministerium am Mittwoch bei 91,8. Der Wert für den Landkreis wurde mit 181,5 angegeben.

Corona: Notbremse bedeutet Aus für Modellprojekt in Tübingen

Menschen in Tübingen können sich seit dem 16. März an mehreren Stationen kostenlos testen lassen - mit den Bescheinigungen der Ergebnisse, den Tagestickets, können sie dann in Läden, zum Friseur oder auch in Theater und Museen gehen. Wegen großen Andrangs von außerhalb sind die Tests inzwischen auf Menschen aus dem Kreis Tübingen beschränkt.

Das Vorzeigeprojekt war bereits zwei Mal verlängert worden und hatte bundesweit für viel Aufsehen gesorgt, aber auch für einige Kritik. Die Bundes-Notbremse ist am Donnerstag verabschiedet worden.

Erstmeldung vom 20. April:

Tübingen - Nach tagelanger Ungewissheit hat das Land Baden-Württemberg der Universitätsstadt Tübingen die Erlaubnis zur Fortführung des Modellversuchs für Lockerungen in der Geschäfts- und Kulturwelt erteilt. Der Modellversuch soll zeitlich unbefristet fortgesetzt und nur dann unterbrochen werden, wenn die Corona-Inzidenz in der Stadt Tübingen an drei Tagen in Folge über 100 liegt. Zuletzt (16. April) lag die Inzidenz bei 86,3 und damit deutlich unter der Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis Tübingen (150,4).

Corona: Modellprojekt in Tübingen wird fortgesetzt - Inzidenz unter 100

„Jetzt kommt es darauf an, ob die geplante ,Bundes-Notbremse‘ erlaubt, unseren Versuch fortzuführen“, sagte Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Bei einer Videoschalte des Städtetags mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe er gemeinsam mit seinen Kollegen Markus Lewe aus Münster und Claus Ruhe Madsen aus Rostock dafür geworben, dass erfolgreiche Modellversuche fortgesetzt werden dürfen, schilderte Palmer.

Im Rahmen des Modellversuchs „Öffnen mit Sicherheit“ dürfen in Tübingen der Einzelhandel (auch Baumärkte), körpernahe Dienstleistungen und Kultureinrichtungen weiterhin gegen Vorlage eines Tübinger Tagestickets oder nach einem negativen Corona-Schnelltest direkt vor Ort geöffnet bleiben. Wegen des großen Andrangs von außerhalb erhalten nur noch die Personen das Tübinger Tagesticket, die im Landkreis Tübingen wohnen oder in der Stadt Tübingen arbeiten*, an den Teststationen im Stadtgebiet, berichtet merkur.de. Kunden, die bereits geimpft sind, müssen sich nicht testen lassen.

Corona-Modell in Tübingen: Lisa Federle und Kulturschaffende appellieren an die Bundesregierung

Zuletzt hatten sich auch die Tübinger Notärztin Lisa Federle und der Schauspieler Jan Josef Liefers für die Fortsetzung des Pilotprojekts stark gemacht. Im Exklusiv-Interview mit der Fuldaer Zeitung hatte Federle betont, dass man das Projekt nicht wegen einer hohen Inzidenz beenden sollte.

Einen Appell an die Bundesregierung unterstützten zudem der Schauspieler Moritz Bleibtreu, Sänger Hartmut Engler, Politiker Günther Oettinger und der Unternehmer Wolfgang Grupp (Trigema). Seit einem Jahr seien Kunst und Kultur praktisch abgeschaltet, sagte Liefers. „Dabei sind sie hervorragend geeignet, um den Menschen zu helfen, mit der Krise besser fertig zu werden. Es gab bereits Konzepte, die alle über Bausch und Bogen wieder beendet wurden, bevor man wusste, wie gut sie funktionieren. Das war ein Fehler. Da müssen wir wieder hin.“

Video: So geht Tübingen mit der Corona-Pandemie um

In dem Schreiben an die Bundesregierung heißt es: „Wir appellieren an die Bundesregierung und das Parlament, das Pilotprojekt der Stadt Tübingen nicht zu beenden.“ Das Ziel sei es, durch viele Testungen die Inzidenz dauerhaft auf einem niedrigen Niveau zu halten und trotzdem ziviles Leben und Sozialkontakte nach und nach zu ermöglichen. „Die Fortführung des Projekts wäre ein Signal, dass nicht nur die Bürger des Landes, sondern auch deren Volksvertreter und die Regierung an Wegen interessiert sind, auch jene Defizite zu mildern, die abseits der Pandemiebekämpfung entstanden sind. Dabei würden keine inakzeptablen Risiken eingegangen.“

Auch in Hessen hatte es ein Modellprojekt gegeben. Viele Städte, unter anderem auch Fulda und Hünfeld hatten sich als Modellstadt beworben. Insgesamt wurden daraufhin drei Städte ausgewählt, nämlich Baunatal, Dieburg und Alsfeld im Vogelsberg. Doch das Corona-Modellprojekt in Alsfeld lief dann nur eine Woche und musste wegen steigender Fallzahlen im Vogelsbergkreis unterbrochen werden. Möglich ist sogar, dass das Projekt nicht fortgesetzt wird, da die Infektionszahlen im Vogelsbergkreis weiter steigen und die Inzidenz immer noch sehr hoch ist. (dpa, sec) *merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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