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Paradiese für Rentner: Wohin deutsche Senioren am liebsten auswandern

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Von: Matthias Schneider

Millionen deutsche Rentner leben derzeit im Ausland. Doch in die weite Ferne zieht es die wenigsten. Am beliebtesten ist sogar ein deutsches Nachbarland.

München – Ein Ruhestand unter Palmen – und dabei noch mehr Geld in der Tasche? Die Rente im Ausland zu beziehen, ist für viele verlockend. Doch tatsächlich wollen viele Senioren im Alter nicht mehr weit weg von der Heimat. Das zeigen aktuelle Zahlen der Deutschen Rentenversicherung, die der tz vorliegen. So zahlte die gesetzliche Kasse im Jahr 2021 die meisten Bezüge an Deutsche mit Wohnsitz im benachbarten Österreich – nämlich 27.000. Na Servas! Dicht darauf folgen Ruheständler in der Schweiz (26.000), den USA (23.000) und Italien (22.000). In Summe bekommen gut 250.000 Deutsche im Ausland Leistungen, berichtet Merkur.de.

Rente im Ausland: 1,5 Millionen deutsche Senioren sind ausgewandert

Deutlich häufiger empfangen ehemalige Gastarbeiter, die inzwischen wieder in ihrer Heimat leben, deutsche Renten: knapp 1,5 Millionen. Mit großem Abstand führen hier Italiener (rund 363.000), gefolgt von Spaniern (193.000) und Österreichern (96.000).

Doch kaufkräftige deutsche Senioren wecken das Interesse vieler Traumländer: So lockt etwa Griechenland deutsche Rentner mit gerade einmal sieben Prozent Steuersatz auf ihre Auslandseinkünfte – also die Renten.

Briten im Ruhestand
Wohin zieht es die Deutschen im Ruhestand am häufigsten? (Symbolbild) © Ben Birchall/PA Wire/dpa

Auch bei Berufstätigen liegt ein Auslandsaufenthalt im Trend: „Meist wandern hochgebildete Leute aus Deutschland aus – aber sie kehren fast immer mit den gesammelten Erfahrungen nach Deutschland zurück“, erklärt Jean Décieux, Wissenschaftler am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung.

Deutsche Talente wandern aus: Die meisten zieht es in EU-Staaten

Denn für 58 Prozent der Auswanderer sind berufliche Gründe der ausschlaggebende Faktor. „Daneben gibt es Ausbildungs-, Lifestyle- und familiäre Gründe“, sagt Décieux. „Anzeichen für eine Talentflucht gibt es in Deutschland nicht, wir beobachten eher zirkuläre Wanderungsbewegungen bei den Fachkräften.“ Oft gingen die Menschen aus Karrieregründen ins Ausland, kämen aber für die Familie wieder zurück: „Weil man hier vielleicht seine Kinder lieber großziehen möchte oder weil die Eltern älter werden.“ Entsprechend ziehe es die Deutschen vor allem in hoch entwickelte Länder mit florierenden Arbeitsmärkten. „Digitale Nomaden“, die vom Strand aus digital in Deutschland arbeiten, seien zumindest nicht das typische Bild des deutschen Auswanderers.

Die beliebtesten Auswanderungsländer der deutschen Arbeitnehmer sind der Studie zufolge die Schweiz, die USA, Österreich, das Vereinigte Königreich, die Türkei, Spanien, Frankreich, Polen, die Niederlande, Australien, China und Kanada. „50 Prozent der Wanderungen gehen in die EU-27-Staaten und Großbritannien“ – man habe aber in 169 Ländern Deutsche registriert. Insgesamt gingen jedes Jahr mehr als 230.000 Deutsche ins Ausland. 

Auswandern in ferne Länder: Integration gelingt gut

Dass sich Deutsche und Österreicher gut verstehen, liegt nahe. Doch vielen gelingt auch die Integration in fremden Gesellschaften sehr gut: „In Thailand, Chile, Senegal oder Brasilien finden sich die Deutschen trotz größerer kultureller Unterschiede vergleichsweise gut zurecht“, erklärt der Migrationsforscher. Eine besonders große emotionale Bindung zur neuen Heimat wurde beispielsweise bei Deutschen in Kanada, Finnland oder Ungarn festgestellt.

Doch nur rund drei Viertel der Migranten sind im Ausland berufstätig. Décieux: „Wir haben einen großen Anteil an Schülern sowie Studierenden – 13 Prozent –, denen oft nahegelegt wird, Auslandserfahrung zu sammeln.“

Auch Deutschland beliebt bei Auswanderern aus anderen Ländern

Doch auch Deutschland ist attraktiv: Das Interesse von im Ausland lebenden Fachkräften an einem Job in Deutschland ist groß. Das Portal „Make it in Germany“ der Bundesregierung hatte von Anfang August bis Ende September 3,6 Millionen Nutzer. An einer OECD-Umfrage beteiligten sich fast 30.000 Menschen, die aus beruflichen Gründen nach Deutschland kommen wollen. Um dieses Potenzial nutzen zu können, braucht es vor allem Unterstützung bei der Jobsuche und verstärkte Förderung des Deutscherwerbs, so das Ergebnis.

70 Prozent der Befragten sind Männer – die meisten (19 Prozent) leben in Indien. Aber auch in Kolumbien (zehn Prozent), auf den Philippinen, Algerien und der Türkei ist das Interesse hoch.

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