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Grundsteuer vor Desaster - Steuerzahler-Bund mahnt: „Finanzämter müssen Gnade walten lassen“

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Von: Thomas Schmidtutz

Bei der Grundsteuer-Erklärung endet heute die Abgabefrist. Doch immer noch fehlen Millionen Erklärungen. Der Bund der Steuerzahler warnt vor einem Desaster - und sieht die Länder in der Pflicht.

München – Bei der Umsetzung der umstrittenen Grundsteuer-Reform hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) die Länderfinanzminister zum Eingreifen aufgefordert. Die Länderfinanzminister sollten die Finanzämter anweisen, die Bescheide nur vorläufig zu erlassen, sagte BdSt-Präsident Reiner Holznagel am Montag gegenüber Merkur.de. So würden keine Einsprüche nötig, was auch die Finanzverwaltung entlaste. Zudem sollten die Finanzämter davon absehen, Zuschläge für verspätete Grundsteuer-Meldungen zu erlassen, forderte Holznagel.

Präsident des Bundes der Steuerzahler: Im Interview spricht Reiner Holznagel über die Probleme der Grundsteuer und möglichen Klagen gegen ebendiese.
Reiner Holznagel: Der Präsident des Bundes der Steuerzahler sieht angesichts des lückenhaften Rücklaufs bei der Grundsteuer-Erklärung die Landesfinanzminister in der Pflicht. © Kay Nietfeld /Dpa

Kurz vor dem Ende der Abgabefrist haben bundesweit rund 69 Prozent der Eigentümer ihre Erklärung eingereicht. Wegen des schleppenden Eingangs hatte der Freistaat Bayern und die übrigen Bundesländer die Deadline bereits im Oktober auf Ende Januar verlängert. Am Dienstag (31. Januar) läuft auch diese Frist aus.

Herr Holznagel, an diesem Dienstag läuft die Frist zur Abgabe der Grundsteuer-Erklärung aus. Doch kurz vor dem Stichtag haben gerade mal zwei Drittel aller Immobilien-Besitzer ihre Grundsteuer-Erklärung abgegeben. Was muss jetzt passieren?

Es geht hier im Kern um die Frage, was kann die Verwaltung machen? Dies sind zwei Dinge: Die Finanzverwaltung kann sehr schnell dafür sorgen, dass die Bescheide nur vorläufig ergehen. Und die Finanzämter können erst mal Gnade walten lassen und keinen Verspätungszuschlag erheben. Selbst der Bund schafft es ja nicht, seine Grundsteuer fristgemäß einzureichen.  

Der Bund der Steuerzahler unterstützt bereits eine Klage gegen die Grundsteuer in Baden-Württemberg. Dort ist eine eigene Regelung in Kraft. Die meisten Länder setzen jedoch auf das Bundesmodell. Müssen Sie eigentlich nicht vor allem hier ansetzen?

Das tun wir ja. Wir bereiten aktuell zusammen mit dem Verband Haus und Grund eine Klage in NRW vor. Wir sehen dort in mehreren Musterfällen Ansatzpunkte. Dazu werden wir in anderen Bundesländern ebenfalls weitere Verfahren anstreben - bis auf Bayern. Ich gehe davon aus, dass das alles jetzt sehr schnell geht.

In Bayern sind ja bereits zwei Popularklagen vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof anhängig. Der Bund der Steuerzahler ist hier nicht dabei. Sehen Sie in Bayern keinen Korrekturbedarf in Sachen Grundsteuer?

Mit der Regelung in Bayern haben wir in der Tat am wenigsten Probleme, weil es ein relativ
einfaches Modell ist. Insofern sehen wir da keinen Angriffspunkt.

Wie schnell könnte es bei den entsprechenden Klagen gehen, bis wir eine rechtsverbindliche Entscheidung haben?

Auch die juristischen Wege dauern in Deutschland inzwischen sehr lange. Insofern kann ich nur appellieren, dass alle, die an diesem Prozess beteiligt sind, sehr schnell reagieren. Auf der einen Seite haben wir eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen: Die Grundsteuer muss neu geordnet werden. Andererseits brauchen wir rasch Klarheit, wie es weitergeht und ob die aktuelle Regelung dem Urteil entspricht.

Wie schnell wäre eine Anweisung der Landesfinanzminister an die Finanzämter umsetzbar, dass die Grundsteuer-Bescheide nur vorläufig sind?

Das müssen die Länderfinanzminister jetzt sehr rasch tun. Aus unserer Sicht sollte eine Vorlaufzeit von wenigen Tagen für eine entsprechende Anweisung eigentlich genügen.

Welche Vorteile hätte eine solche Vorläufigkeitsanweisung für die Steuerpflichtigen?

Im Kern würde eine solche Verfügung bedeuten, dass der einzelne Steuerpflichtige nach Erhalt des Bescheides des Grundsteuerwertes nichts mehr tun oder in ein Klageverfahren einsteigen muss, sondern die Gewissheit hat: Sollten sich Veränderungen bei der Grundsteuer ergeben, weil das Gesetz gekippt wird, ist er auf jeden Fall mit dabei. Sie dürfen ja nicht vergessen: Die Unsicherheit über die Regelung ist riesig. Alleine wir beim Bund der Steuerzahler haben täglich mehrere hundert Anrufe von verunsicherten, zum Teil auch verzweifelten Bürgern, die sich fragen: Muss ich Einspruch einlegen? Deshalb wäre eine Vorläufigkeitserklärung auch ein Akt der Befriedung. Zugleich wäre dies auch
eine enorme Erleichterung im Sinne der Finanzämter. Ihnen droht mit der Grundsteuer eine riesige Einspruchswelle. Wenn die Bescheide vorläufig sind, würden sie wenigstens an dieser Stelle entlastet.

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