Update vom 25. August, 9.55 Uhr: Geht es nach Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dann könnten Pflichttests für Reiserückkehrer aus Risikogebiet nach dem Sommer Geschichte sein. Doch es droht Streit: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat am Dienstagmorgen nicht nur Widerstand angekündigt - er verweist auch eine der Begründungen aus dem Ministerium ins Reich der Fabel.
„Bayern will das nicht, uns überrascht das auch“, sagte Söder in einem Interview mit dem Radiosender Bayern2. Die Pläne seien „nicht durchdacht“, Urlaubsreisen seien „genau das Risiko, vor dem wir immer gewarnt haben“. Eine Hauptquelle neuer Infektionen sei dabei „Südosteuropa“. „In Bayern, in Deutschland ist wenig entstanden im Urlaub“, erklärte der CSU-Chef.
Dass die Testkapazitäten ausgeschöpft seien stimme nicht, betonte Söder. Nominell sei beinahe ein Viertel der Kapazität von 1,2 Millionen Tests nach wie vor ungenutzt. Ziel müsse es nun sein, „vor die Welle zu kommen“, statt „der Welle nachzulaufen“. Auch sei das Problem mit Ende der Sommerreise-Saison nicht passé. In einigen Bundesländern sei schon in gut zwei Wochen Start der Herbstferien. Es sei auch nicht „das richtige Signal“, tausende Besucher in Fußballstadien oder Pop-Konzerte zu lassen, fügte Söder hinzu.
Der weitere Umgang mit der Corona-Krise ist am Dienstag - neben der anstehenden Wahlrechtsreform - auch Thema im Koalitionsausschuss. Um 15.00 Uhr beraten sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Dabei dürften vor allem Maßnahmen gegen die seit Wochen auch im Zusammenhang mit Familienfeiern und Reiserückkehrern ansteigenden Zahlen von Corona-Neuinfektionen eine Rolle spielen. Die Länder gehen hier - angesichts der doch sehr unterschiedlichen Betroffenheit - bisher relativ uneinheitlich vor.
In einer anderen Frage hat SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz den Unions-Spitzen ein Schnippchen geschlagen. Indirekt könnte Markus Söder dennoch Profiteur eines Corona-Problems werden, kommentiert der Münchner Merkur* am Dienstag.
Update, 24. August, 18.35 Uhr: Nach dem Willen der Gesundheitsminister von Bund und Länder soll es nach dem Ende der Sommerreisesaison keine Pflichttests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten und keine kostenlosen Corona-Tests für andere Urlauber mehr geben. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur nach einer Telefon-Konferenz der Minister am Montag.
Update, 24. August, 13.35 Uhr: Die Corona-Pflichttests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten könnten nach dem Sommer wieder abgeschafft werden. Einen entsprechenden Vorschlag hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach Informationen der dpa seinen Amtskollegen aus den Ländern für deren Schaltkonferenz an diesem Nachmittag vorgelegt. Dem Konzept zufolge sollen nach Ende der Sommerferien im ganzen Bundesgebiet die Regeln für die Rückkehr aus Risikoregionen überarbeitet werden. Zuletzt enden die Ferien Mitte September in Baden-Württemberg.
Statt Reisende aus Risikogebieten direkt bei der Einreise zum Test zu verpflichten, solle wieder primär eine Quarantänepflicht greifen. Die Quarantäne könne „nur durch ein negatives Testergebnis bei einer Testung nach frühestens fünf Tagen nach Einreise beendet werden“, heißt es in dem Vorschlag. Einfließen sollten die Erfahrungen aus den letzten Wochen, auch mit Blick auf zunehmend begrenzte Testkapazitäten.
Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte am Montag, die Labore seien aktuell stark belastet, und es sei absehbar, dass das System dauerhaft an seine Grenzen stoße. „Klar ist auch, wenn wir wochenlang Volllast fahren in dem Bereich, werden wir Material- und Personalprobleme bekommen.“ Deshalb müsse man die Teststrategie entsprechend anpassen.
Update vom 24. August 2020: An diesem Montag beraten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern in einer Telefonkonferenz wie auf die Zunahme registrierter Corona-Neuinfektionen reagiert werden sollte. Laut dpa, die am Morgen aus Kreisen der Gesundheitsminister erfuhr, soll dabei über verschiedene mögliche Maßnahmen gesprochen werden. Eine mögliche erweiterte Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Masken und eine Anpassung der Strategie für Corona-Tests stehen dabei auf der Tagesordnung.
Es soll auch über eine mögliche Begrenzung der Größe von Veranstaltungen diskutiert werden. In der Frage, ob es neue Obergrenzen für private Feste geben sollte, gibt es bislang keine klare Linie. Wie die dpa aus Kreisen der Gesundheitsminister erfuhr, soll eine mögliche Vereinheitlichung von Bußgeldern bei Verstößen gegen die Infektionsschutzregeln ebenfalls zur Sprache kommen.
Entscheidungen wird es heute wohl noch nicht geben. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Gesundheitsminister Empfehlungen für eine Runde der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Donnerstag aussprechen. Eine mögliche Neujustierung der Infektionsschutzregeln soll erst in diesem Kreis vorgenommen werden.
Update vom 23. August, 13.43 Uhr: Angesichts steigender Infektionszahlen erwägen mehrere Bundesländer offenbar eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen besonders gegen Partys und Feste. „Private Feiern sind eine sehr große Gefahr“, sagte die brandenburgische Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). Sie sprach sich für ein generelles Verbot solcher Veranstaltungen aus. Sollte die Zahl der Infektionen weiter im jetzige Tempo ansteigen, drohten abermals „harte Kontaktbeschränkungen“. Das sollte allen bewusst sein, so Nonnemacher.
„Wenn wir merken, dass die Eigenverantwortung nicht weit genug geht, werden wir wieder stärker einschränken müssen“, sagte auch der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) der FAS mit Blick auf private und öffentliche Feste. „Jede Öffnung, die wir machen, kommt dem Ritt auf der Rasierklinge gleich“, warnte er. Notfalls müsse und könne das Land „nachsteuern“.
Dem Bericht zufolge spielen vor allem private Feiern sowie auch Treffen mit Bekannten bei Neuinfektionen eine immer größere Rolle. In einigen Bundesländern sei dies inzwischen schwerwiegender als eingeschleppte Infektionen durch Reiserückkehrer.
Ursprungsmeldung vom 23. August: Berlin - Die Forderung nach einer bundesweit einheitlichen Teilnehmergrenze für private Feiern in der Corona-Pandemie* stößt in mehreren Bundesländern auf Widerstand. Das hat eine Umfrage der dpa ergeben. Demnach befürworten etwa Berlin, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz grundsätzlich eine einheitliche Obergrenze für Familienfeiern, Geburtstagspartys oder Hochzeiten, um die Ausbreitung des Sars-CoV-2-Virus* einzudämmen. Länder wie Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern lehnen diese ab.
Einige Länder, darunter Bayern und Baden-Württemberg, ziehen eine Verschärfung der Auflagen in Erwägung. Bei einer Videokonferenz am Donnerstag wollen die Länderchefs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU)* auch über dieses Thema beraten. Nach Ansicht der Bundesregierung tragen vor allem private Feiern, bei denen die Hygiene- und Abstandsregeln nicht eingehalten werden, sowie Rückkehrer aus Risikogebieten zu den steigenden Infektionszahlen in Deutschland bei.
„Wenn wir merken, dass die Eigenverantwortung nicht weit genug geht, werden wir wieder stärker einschränken müssen“, sagte Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) der dpa. Angesichts des Wiederanstiegs der Infektionszahlen schließt auch Bayern eine Verschärfung der Schutzauflagen für private Feiern nicht aus. „Wir beobachten die aktuellen Entwicklungen - steigende Infektionszahlen und neuen Gefahrenherde - sehr genau und mit Sorge“, sagte der für die Koordinierung der Corona-Maßnahmen zuständige Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) der dpa in München.
Für eine einheitliche Regelung sprach sich Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) aus. „Zur Zeit beobachten wir auch in Berlin, dass das Freizeitverhalten und private Feiern das Infektionsgeschehen nach oben treiben. Ziel ist eine bundeseinheitliche Regelung für private Feiern und öffentliche Großveranstaltungen“, sagte sie. In der Hauptstadt dürfen sich bei öffentlich wie privaten Feiern aktuell bis zu 500 Menschen treffen.
Hamburg kündigte an, bei seinem „vorsichtigen Kurs“ zu bleiben. Für Feiern im privaten Raum, zum Beispiel in der eigenen Wohnung oder auf dem eigenen Grundstück, gilt in der Hansestadt derzeit eine Obergrenze von 25 Personen. Bei Feiern in angemieteten Räumen, bei denen Alkohol ausgeschenkt wird, dürfen maximal 50 Menschen zusammenkommen. Eine bundesweit einheitliche Regelung sei zwar nicht zwingend erforderlich, schaffe grundsätzlich aber „Klarheit und Akzeptanz“, erklärte ein Senatssprecher.
In Niedersachsen bleibt es bei der bisher geltenden Regelung, dass maximal 50 Menschen an Hochzeiten, Taufen oder Beerdigungen teilnehmen dürfen. Eine bundeseinheitliche Regelung hält die niedersächsische Landesregierung für grundsätzlich wünschenswert, aber nur solange sie nicht zu einer Aufweichung der im Vergleich eher strengeren Regeln im eigenen Bundesland führen würde. Auch Rheinland-Pfalz und Bremen zeigten sich einer gemeinsamen Regelung gegenüber aufgeschlossen.
Die NRW-Landesregierung will am Dienstag laut Gesundheitsministerium auch über Höchstzahlen für private Feiern beraten. Bei einem herausragenden Anlass, etwa Jubiläen, Hochzeiten oder Taufen, sind dort derzeit höchstens 150 Teilnehmer zulässig.
Gegen eine bundeseinheitliche Regelung sprachen sich Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern aus. „Auf den ersten Blick mag eine bundeseinheitliche Lösung vorteilhaft wirken, allerdings verkennt sie die oft innerhalb Deutschlands sehr unterschiedliche Entwicklung des Infektionsgeschehens“, sagte ein Sprecher Landesregierung in Schleswig-Holstein. Derzeit sind private Feiern ohne Sitzungscharakter in Schleswig-Holstein auf 50 Personen beschränkt.
Gleichmäßigkeit klinge zwar gut, schränke aber alle auch gleichermaßen ein, hieß es aus Mecklenburg-Vorpommern. Es sei richtig, solche Entscheidungen in den Ländern zu treffen. „Warum soll ich im Norden bei mir im Bundesland die Bevölkerung genauso einschränken, wie es vielleicht in Bayern nötig wäre, wo wir die geringsten Infektionen haben und in Bayern die größten sind?“, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) dem Radiosender NDR Info in der vergangenen Woche. Bei Familienfeiern sind hier höchstens 50 Personen zulässig, bei Hochzeiten, Jugendweihen oder religiösen Festen 75.
In Sachsen, Sachsen-Anhalt und im Saarland sind nach Angaben der Länder zunächst keine Verschärfungen der geltenden Bestimmungen geplant. In Thüringen soll Ende August aufgrund geringer Infektionszahlen eine Lockerung in Kraft treten. In Brandenburg gibt es derzeit keine Obergrenze, das Infektionsgeschehen werde aber genau beobachtet. In Hessen dürfen sich bis zu 250 Personen treffen, wenn ein Hygiene- und Abstandskonzept vorliegt. (dpa/frs) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.