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Innenminister Horst Seehofer zieht zurück - doch keine Anzeige gegen „taz“-Kolumnistin

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Von: Katja Thorwarth

Innenminister Horst Seehofer sieht sich aktuell starker Kritik ausgesetzt.
Innenminister Horst Seehofer sieht sich aktuell starker Kritik ausgesetzt. © Fabrizio Bensch/dpa

Horst Seehofer kündigt eine Klage gegen die Berliner „tageszeitung“ wegen einer Kolumne an. Jetzt hat sich der Innenminister geäußert.

Update vom Donnerstag, 25.06.2020, 09.59 Uhr: Innenminister Horst Seehofer sieht von einer Anzeige gegen die „taz“-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah wegen eines Polizei-kritischen Textes ab. Er werde stattdessen die „taz“-Chefredaktion in sein Ministerium einladen, "um mit ihr den Artikel und seine Wirkung zu besprechen", erklärte Seehofer am Donnerstag. Außerdem werde er sich an den Deutschen Presserat wenden, weil die Kolumne „in meinen Augen einen schweren Verstoß gegen den Pressekodex darstellt“. Das teilte das Innenministerium in einer Pressemitteilung mit. 

Dabei ist Horst Seehofer im Fall taz gerade noch richtig abgebogen*, meint Thomas Kaspar.

Horst Seehofer: „taz“-Anzeige wird vertagt - wegen Terminstress

Zusammenfassung der Pressekonferenz: Bundesinnenminister Horst Seehofer ist bei der heute (Mittwoch, 25.06.2020) angesetzten Pressekonferenz eine Antwort zur „taz“-Anzeige schuldig geblieben. Er wolle sich erst intensiver mit der Thematik auseinandersetzen, um auf Grundlage dessen eine Entscheidung zu treffen. Als Erklärung nannte er seinen mit Terminen gefüllten Tagesablauf, bei dem er sich nicht „stündlich“ mit der Thematik auseinandersetzen könne. 

Stattdessen sprach der Innenminister über die Beziehungen zu Österreich und die Wichtigkeit einer gemeinsamen Lösung zur Migration und Integration. Das Gespräch mit seinem Kollegen Nehammer seien produktiv und fruchtbar gewesen. Künftig soll an den EU-Außengrenzen entschieden werden, wer asylbedürftig ist und wer nicht.

Live-Ticker: Horst Seehofer äußert sich zu Anzeige gegen „taz“-Kolumnistin

+++ 17.05 Uhr: Die Pressekonferenz ist beendet. 

+++16.56 Uhr: Auf die Frage nach der Anzeigendrohung gegen die „taz“-Kolumnistin sagt Seehofer: „Ich möchte für den Augenblick sagen (...), dass ich eine Fürsorgefunktion für die Polizei in Deutschland habe. Ich begrüße Debatten, die um die Rolle der Polizei gehen. Die Polizei ist ein wichtiger Hüter eines stabilen Rechtsstaates und diese Frage muss geklärt werden, deshalb muss geklärt werden, wie mit der Polizei umgegangen wird. 

Ich bitte um Verständnis, dass ich mich nicht stündlich mit ihrer Frage beschäftigen kann. Es kann sein, dass ich erst morgen dazu komme, eine Entscheidung zu treffen. Das ist kein Wegducken oder Zeitverzögern, das erfordert große Sorgfalt.“ 

+++ 16.54 Uhr: Bisher hat sich Bundesinnenminister Horst Seehofer nicht zu seiner Anzeigendrohung gegen die „taz“-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah geäußert. 

+++ 16.51 Uhr: Künftig solle bereits an den EU-Außengrenzen entschieden werden, wer asylbedürftig ist und wer nicht. Die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern soll ebenfalls verbessert werden. 

Seehofer droht „taz“: Minister äußert sich zunächst nicht zu Anzeige 

+++ 16.46 Uhr: Zur „Gesundheitslage“ käme in den nächsten Monaten wegen der Corona-Krise auch eine „Sicherheitslage“. Darüber hinaus rechnet Seehofer mit einem Anstieg der Zuwanderungszahlen. Gerade über die sogenannte „Balkanroute“ könnten neue Zuwanderer kommen. Umso wichtiger sei ein gemeinsames System, um die Migration „zu ordnen“. 

+++ 16.40 Uhr: Nun tritt Innenminister Horst Seehofer zusammen mit dem österreichischen Innenminister Karl Nehammer vor die Presse. Seehofer „freue sich über den Besuch“ von Nehammer. Es sei „deshalb wichtig“, da man mit den österreichischen Nachbarn eine gute Zusammenarbeit pflege. Das habe sich besonders in den Corona-bedingten Grenzkontrollen gezeigt. 

+++ 16.02 Uhr: In wenigen Minuten soll Bundesinnenminister Horst Seehofer eine Pressekonferenz geben. Vermutlich wird es um die mögliche Anzeige gegen die „taz“-Kolumnistin gehen. 

Live-Ticker: Seehofer droht „taz“-Autorin mit Anzeige – und taucht dann ab

Update vom Mittwoch, 24.06.2020, 13.30 Uhr: Nachdem der Bundesinnenminister Horst Seehofer wegen seiner Anzeigendrohung gegen die „taz“-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah stark in die Kritik geraten ist, war er am Dienstag (22.06.2020) plötzlich abgetaucht. Zumindest hatte er seinen wichtigsten Termin platzen lassen, nämlich die Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2019. Hierzu war er mit dem Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Haldenwang in Berlin angekündigt worden.

Horst Seehofer droht „taz“ mit Anzeige

Im Vorfeld hatte Seehofer noch verlauten lassen, sich bezüglich seiner Anzeigendrohung eindeutig zu positionieren, hatte dies jedoch nicht in die Tat umgesetzt. Auf Twitter war bereits über seinen Rücktritt spekuliert worden.

Für Mittwoch (23.06.2020) hat Seehofer nun angekündigt, sich öffentlich zu äußern. Vermutlich wird es auch um die mögliche Anzeige gegen die „taz“-Kolumnistin gehen.   

Seehofer wegen Anzeigendrohung in der Kritik

+++ 17.49 Uhr: Nachdem Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit einer Strafanzeige gegen eine „taz“-Autorin gedroht hat, verurteilt die Chefredakteurin der Zeitung seine Reaktion auf die Kolumne über die Polizei scharf. Barbara Junge wirft Seehofer in einem Kommentar vor, die Polizei höher zu priorisieren als die Pressefreiheit und damit die Verfassung: Seehofer „hätte nicht deutlicher machen können, welcher seiner zwei Aufgabenbereiche ihm wichtiger erscheint: die Polizei, nicht die Verfassung. Seine angekündigte Anzeige gegen unsere Autor.in ist ein beschämender Angriff auf die Pressefreiheit.“ 

Obwohl die Kolumne der Autorin Hengameh Yaghoobifarah auch „taz“-intern für Diskussionen gesorgt hat, machte Junge klar, dass die Zeitung hinter Yaghoobifarah stehe und sie publizistisch wie juristisch gegen eine drohende Anzeige Horst Seehofers verteidigen werde.

„taz“-Kolumne: Seehofer rudert zurück

Update vom Montag, 22.06.2020, 13.15 Uhr: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat am Montagmittag seine zunächst getätigte Ankündigung einer Strafanzeige gegen die „taz“-Autorin Hengameh Yaghoobifarah teilweise relativiert. Bei einer Pressekonferenz in Stuttgart sagte er, er werde am Nachmittag nach der Rückkehr nach Berlin den Sachverhalt im Ministerium abschließend besprechen und entscheiden. 

Gleichzeitig betonte er aber auch, eine Anzeige sei richtig, wenn man eine Grenzüberschreitung sehe. „Und der persönlichen Meinung bin ich“, sagte der CSU-Politiker. Seehofer hatte zunächst der „Bild“-Zeitung (Montag) konkreter gesagt: „Ich werde morgen als Bundesinnenminister Strafanzeige gegen die Kolumnistin wegen des unsäglichen Artikels in der taz über die Polizei stellen.“

Auf der Bundespressekonferenz hatte sein Statement im „Bild“-Medium für Kritik gesorgt. 

Erstmeldung:

Berlin - Bundesinnenminister Horst Seehofer erntet heftige Kritik, nachdem er zu einer umstrittenen Kolumne der Berliner „tageszeitung“ über die Polizei* eine Strafanzeige angekündigt hat. Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, schrieb auf Twitter: „Das ist ein Angriff auf die Pressefreiheit, unabhängig ob man den Meinungsbeitrag gut oder schlecht findet.“ 

Heftige Debatte über „taz“-Kolumne

Mit Blick auf den ungarischen Ministerpräsidenten und den Chef der polnischen Regierungspartei, denen jeweils Illiberalismus vorgeworfen wird, fügte er hinzu: „Ein Innenminister, der eine Journalistin anzeigt, klingt nach Orban oder Kaczynski.“ 

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz äußerte Verständnis für Kritik an der Kolumne der Zeitung „taz“. Aber Horst Seehofer „überschreitet eine Grenze“, schrieb Notz in dem Kurznachrichtendienst. Seine Fraktionskollegin Renate Künast nannte Seehofers Vorgehen dort „ungeheuerlich“ und fragte: „Das soll eine Botschaft sein!? Gegen Pressefreiheit!? Seehofer am Ende.“

Seehofer gegen „taz“-Text: Was darf Satire?

In dem „taz“-Text ging es darum, wo Polizisten arbeiten könnten, wenn die Polizei abgeschafft würde, der Kapitalismus aber nicht. Darin wurde auch die Option der Mülldeponie aufgegriffen. Aus der Berufsgruppe heraus und von Politikern kam danach viel Kritik. „taz“-Chefredakteurin Barbara Junge äußerte wegen der Kolumne ihr Bedauern.

Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz befand Seehofers Ankündigung für falsch. „Natürlich führen Hassreden zu Gewalt. Aber es geht nicht um Zensur, sondern um (Selbst)Verantwortung der Redenden und Schreibenden“, twitterte er. 

Der Fernsehsatiriker Jan Böhmermann schrieb in Richtung Horst Seehofer: „Wir sind hier nicht in der Türkei, in Russland oder im Jahr 1962! Mit dieser gefährlichen Effekthascherei beschädigt Horst Seehofer nicht nur das Vertrauen in den Staat. Welche Autorität hat ein Minister noch, der so eine Axt aus seinem Amt heraus an die Debatte setzen muss?“ 

Seehofer äußert sich zu Krawallen in Stuttgart

Der CSU-Politiker Horst Seehofer hatte in der „Bild“-Zeitung am Sonntagabend angekündigt: „Ich werde morgen als Bundesinnenminister Strafanzeige gegen die Kolumnistin wegen des unsäglichen Artikels in der „taz“ über die Polizei stellen.“ Er erklärte mit Bezug auf die Krawalle in Stuttgart*: „Eine Enthemmung der Worte führt unweigerlich zu einer Enthemmung der Taten und zu Gewaltexzessen, genauso wie wir es jetzt in Stuttgart gesehen haben. Das dürfen wir nicht weiter hinnehmen.“ (FR/dpa)

Die angekündigte Studie zum „Racial Profiling“ bei der Polizei war wohl nie geplant. Laut Seehofer ist nicht klar, wie es zu der Aussage kam.

Gastbeitrag: Innenminister Seehofer will nicht wissen, was in seinen Behörden vor sich geht.

Nach der angedrohten Anzeige von Bundesinnenminister Horst Seehofer kommt es für die Tageszeitung „taz“ noch dicker: die konservative Werteunion will die „taz“ vom Verfassungsschutz beobachten lassen.

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