1. Fuldaer Zeitung
  2. Politik & Wirtschaft

Mutmaßlicher BND-Doppelagent erst dank Ausland aufgeflogen? Grüner sieht Zustände „wie im Kalten Krieg“

Erstellt:

Von: Florian Naumann

Dr. Konstantin von Notz
Laut Konstantin von Notz muss Deutschland seine Sicherheitsvorkehrungen bei den Geheimdiensten auf den Prüfstand stellen. © IMAGO/Fotostand / Reuhl

Ein mutmaßlicher russischer Doppelagent beunruhigt Deutschland - offenbar musste ein Partnerdienst den BND erst auf die Fährte bringen. Die Grünen fordern Überprüfungen.

Berlin/München – Offenbar erst durch einen Hinweis aus dem westlichen Ausland ist der mutmaßliche russische Doppelagent beim Bundesnachrichtendienst (BND) aufgeflogen. Ein Nachrichtendienst habe vor mehreren Wochen „im russischen Apparat“ Daten entdeckt, die eindeutig dem BND zuzuordnen gewesen seien, berichtete der Spiegel am Mittwoch (28. Dezember) unter Berufung auf eigene Informationen. Es habe sich dabei um eines oder mehrere Dokumente zu Erkenntnisse über Russland gehandelt.

Sicherheitsexperten des BND sei es dann gelungen, die undichte Stelle in eigenen Reihen zu identifizieren, berichtete das Nachrichtenmagazin weiter. Der verdächtige Carsten L. war am 22. Dezember festgenommen worden. Er soll nach Angaben der Bundesanwaltschaft „Informationen, die er im Zuge seiner beruflichen Tätigkeit erlangt hatte, an einen russischen Nachrichtendienst“ übermittelt haben.

WDR und NDR berichteten zuletzt, der Mann habe womöglich Informationen zur Lage in der Ukraine weitergegeben – möglicherweise sei er selbst erpresst worden.

Doppelagent aus Russland? Grüner sieht Geheimdienst-Aktivität „wie in Zeiten des Kalten Krieges“

Angesichts solcher Befürchtungen im Ukraine-Krieg fordert der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz (Grüne), Überprüfungen der Sicherheitsvorkehrungen innerhalb der Nachrichtendienste. Beim BND gehe es um einen „maximal gravierenden Fall“, sagte von Notz dem Deutschlandfunk. Die Angelegenheit zeige, dass wie in Zeiten des Kalten Krieges schwere nachrichtendienstliche Aktivitäten stattfänden. Gerade in Zeiten, in denen Russland einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine führe, müsse man sich „sehr scharf aufstellen“. Passend dazu sprach Altkanzlerin Angela Merkel in einem aktuell Interview davon, der Kalte Krieg sei nie geendet.

Zunächst gelte es zwar, abzuwarten, was die Ermittlungen des Generalbundesanwalts ergäben, sagte von Notz. In einem zweiten Schritt müsse man sich aber ansehen, ob die Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeiter und Kontrollen beim Zugang zu bestimmten Dokumenten noch zeitgemäß sei, ob sie nachgeschärft oder regelmäßiger stattfinden müssten.

BND in Sorge wegen Russland-Doppelagent: Wohl Entwarnung bei weiterem Verdächtigen

Die Bundesanwaltschaft hatte erklärt, bei dem vom mutmaßlichen Doppelagenten an Russland übermittelten Inhalt handele es sich um ein Staatsgeheimnis im Sinne des Strafgesetzbuchs. Der Mann kam in Untersuchungshaft. Mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen will sich der BND zu Einzelheiten des Falles bis auf weiteres nicht öffentlich äußern.

Im Zuge der Ermittlungen sei indes auch ein weiterer BND-Mitarbeiter ins Visier der Fahnder geraten, schreibt der Spiegel. Inzwischen gelte es aber als unwahrscheinlich, dass diese Person ebenfalls einem russischen Geheimdienst zugearbeitet habe. Wahrscheinlich sei eher, dass der mutmaßliche Doppelagent L. versucht habe, über sie den Verdacht von sich selbst abzulenken.

Das Parlamentarische Kontrollgremium ist für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig. Die Bundesregierung muss das Gremium über die Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung unterrichten. Vergangene Woche hieß es, der Ausschuss werde sich spätestens im neuen Jahr mit dem Vorgang befassen. (dpa/AFP/fn)

Auch interessant