E-Fuels für alle? Diese Vor- und Nachteile haben die künstlichen Kraftstoffe

Die EU strebt ein komplettes Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennermotor an. Viele hoffen gleichwohl auf sogenannte E-Fuels. Was sind ihre Vorteile, was ihre Nachteile – und wie groß sind die Chancen?
Fulda - Die EU-Abstimmung über pauschales Verbrenner-Aus wird zunächst verschoben. Hintergrund ist vor allem das Thema E-Fuels. Was steckt hinter den Kraftstoffen?
Debatte um Verbot von Verbrennern - das können E-Fuels
Bei E-Fuels handelt es sich um synthetisch erzeugte Kraftstoffe, die aus Strom, Wasser und CO₂ hergestellt werden. Sie lassen sich so produzieren, dass sie heute verwendetem Benzin oder Diesel chemisch identisch sind. Das heißt, dass sie in heute gängigen Fahrzeugen eingesetzt werden können. Diese blieben dann nutzbar, selbst wenn der Verkauf von Benzin und Diesel verboten werden sollte. Derzeit gibt es nur kleinere Pilotanlagen, in denen der Treibstoff hergestellt wird. Für herkömmliche Verbraucher ist es derzeit noch nicht möglich, E-Fuels zu tanken.
E-Fuels haben mehrere Vorteile: Sie gelten als klimaneutral, weil lediglich das CO₂ freigesetzt wird, das vorher bei der Produktion auch im Treibstoff gebunden wurde. Außerdem kann jeder heutige Benzin- oder Dieselmotor mit den synthetischen Kraftstoffen betrieben werden. Damit könnte der gesamte Bestand an Verbrennerfahrzeugen klimaneutral betrieben werden – immer vorausgesetzt, die E-Fuels werden allein aus Ökostrom hergestellt. Die Tankstellen könnten ebenfalls weiterhin betrieben werden.
Auch Heizöl ließe sich auf diese Art synthetisch herstellen und somit klimaneutral ersetzen. Als ökologisch zumindest sinnvoll wird der Einsatz von Treibstoffen gemeinhin bewertet, wenn diese zumindest zu 80 Prozent aus E-Fuels und nur zu 20 Prozent aus fossilem Treibstoff bestehen.
Doch die synthetisch erzeugten Kraftstoffe sind nicht unumstritten: Die Erzeugung von E-Fuels ist extrem energieintensiv. So wird zunächst Strom in Wasserstoff umgewandelt und dieser dann in den synthetischen Treibstoff. Der Wirkungsgrad der synthetischen Kraftstoffe liegt gerade einmal bei 13 Prozent, 87 Prozent des bei der Herstellung und Verwendung eingesetzten Treibstoffes werden letztendlich tatsächlich genutzt. Ein Elektroauto zum Beispiel kommt hingegen auf einen Wirkungsgrad von etwa 70 Prozent. Ein klassischer Benziner kommt immerhin auf etwa 20 Prozent. Um genug E-Fuels für die breite Masse zu erzeugen, müssten erhebliche Investitionen in entsprechende Produktionsstandorte getätigt werden. (Lesen Sie auch: Pionier bei sauberen Antrieben: Zufall setzt auf Elektro und Wasserstoff)
Außerdem verschmutzen Fahrzeuge mit E-Fuels ebenfalls die Luft am Einsatzort – im Gegensatz zu mit Strom oder Wasserstoff betriebenen Autos. Selbst mit klimaneutraler Gesamtbilanz würde das die Luftqualität in den Städten nicht verbessern.
Wie sieht die politische Lage aus? Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments haben sich darauf geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Dies soll 2035 in Kraft treten, aber im Jahr 2026 noch mal überprüft werden. Als Teil der Einigung ist auch eine Bitte an die EU-Kommission festgehalten, zu überprüfen, ob E-Fuels für Autos künftig in Frage kommen könnten. Darauf hatte die FDP gedrungen. Bislang hatte die EU ein generelles Verbrennerverbot angestrebt, somit bleibt die Türe für synthetische Kraftstoffe aber vorerst offen.
Die Automobilbranche geht zum Teil von hohen Kosten für E-Fuels aus. Unter der Annahme, dass der verwendete Strom immer genauso viel kostet, wäre die Fortbewegung mit E-Fuels etwa fünfmal so teuer wie mit einem Elektroauto. Lobbyverbände, die E-Fuels unterstützen, gehen in ihren positivsten, aber angesichts heutiger Energiepreise unrealistischen Annahmen von etwa 1,40 Euro pro Liter aus, räumen aber ein wahrscheinlicheres mögliches Szenario von 2,20 Euro pro Liter ein.
Der Autohersteller Porsche rechnet eher damit, dass E-Fuels um die 10 Euro pro Liter kosten werden – hält sich selbst aber diese Option bei der Entwicklung offen. Aber Porsche-Fahrer, die in der Regel sechsstellige Summen für ihren Neuwagen zahlen, lassen sich vielleicht auch von Tankrechnungen von 500 Euro und mehr nicht schocken. Der tatsächliche Preis wird letztendlich von der politischen Förderung abhängig sein – also wie hoch die Besteuerung wäre und ob beispielsweise die Vermeidung von CO₂ honoriert werden würde.
E-Fuels: Vor- und Nachteile der synthetisch hergestellten Kraftstoffe
Welche Chancen bieten E-Fuels? Rein energetisch betrachtet sind klimafreundliche E-Fuels die weitaus schlechtere Alternative zum elektrischen Fahren, da das Vielfache an Ökostrom benötigt werden würde. Allerdings kann es zumindest eine Übergangslösung für Bestandsfahrzeuge sein, um diese kurzfristig klimaneutral zu bekommen. Wenn die Preise für die synthetischen Kraftstoffe jedoch so hoch werden, wie sie im Verhältnis zum reinen Stromtanken realistisch wären, dann wäre es wohl einer eine Nische für Gutverdienende. (Lesen Sie auch: Auf dem Weg zum E-Lkw: Projekt der Hochschule Fulda erforscht Alltagstauglichkeit)
Eine Rolle spielen dürften sie jedoch im Schwerverkehr, in Schiffen und Flugzeugen. Allerdings auch eher als Übergangslösung, denn Wasserstoff wäre in den Bereichen, in denen gigantisch große und schwere Akkus keine Option sind, energetisch am Ende die bessere Lösung. Es ist aber nicht auszuschließen, dass trotz der großen Energieverschwendung E-Fuels eine Rolle im Automobilverkehr spielen werden – sei es durch politischen Willen oder weil die vollständige Elektrifizierung am entsprechenden Ausbau der Netzkapazitäten scheitert.