Palermo ohne Paten

Sizilien-Urlauber können jetzt gegen die Mafia kämpfen. Ein ungewöhnlicher Stadtplan listet Läden, Restaurants und Hotels auf, die sich verpflichtet haben, der Cosa Nostra kein Schutzgeld zu zahlen.
Wie wäre es mal mit einem pizzo-freien Urlaub auf Sizilien? Nein, nicht Pizza, auf die muss keiner verzichten, der gen Süden reist. Es geht darum, etwas gegen das Schutzgeld – il pizzo – zu tun, das die Mafia unter Gewaltandrohung vieltausendfach den Händlern, Geschäftsleuten und Unternehmern abknöpft.

In Palermo, Siziliens Hauptstadt und Hochburg der Cosa Nostra, können Urlauber jetzt mit einem ungewöhnlichen Stadtplan und Tourenführer in Deutsch selbst etwas gegen die „Krake Mafia“ tun: Verzeichnet sind Hotels und Geschäfte, die bei der Kampagne „Addiopizzo“ mitmachen, was soviel heißt wie: Tschüss, Schutzgeld. Dahinter verbirgt sich die Weigerung, das organisierte Verbrechen mit Einkäufen, Restaurant-Besuchen und Hotel-Buchungen zu finanzieren.
Was es bedeutet, sich gegen die Schutzgeld-Eintreiber zu stellen, weiß Giovanni Ceraulo. Der Inhaber der Bekleidungskette „Primavisione“ büßt in diesen Tagen dafür, vier Mafiosi vor Gericht entlarvt und damit hinter Gitter gebracht zu haben. Als dann das Quartett, darunter der als „Diabolik“ verrufene Francesco Russo, zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt war, gingen bei Ceraulo nachts die Scheiben der Auslagen zu Bruch. Die Cosa Nostra will ihm mehr denn je ans Leder. Sein Auto hatten Unbekannte auch schon einmal angezündet.
In der nordsizilianischen Hafenstadt schlossen sich bereits 400 Ladenbesitzer und Händler zusammen, weil sie den Clans kein Geld mehr in den Rachen werfen wollen. Ihr Motto: „Ein Volk, das Schutzgelder zahlt, ist ein Volk ohne Würde.“ Diese mutigen Geschäftsleute unterstützt jeder, der mit dem pizzo-freien Stadtplan seinen Gang zu den prächtigen Bauwerken der italienischen Architektur macht.

Der deutsche Botschafter in Rom, Michael Steiner, ist stolz auf sein neues T-Shirt mit der Aufschrift: „Un popolo che non paga il pizzo è un popolo libero“ (Ein freies Volk zahlt kein Schutzgeld). Also stiftete Steiners Botschaft die Anschubfinanzierung für den „Addiopizzo Palermo-Führer für kritische Verbraucher“ und holte von deutschen Reiseveranstaltern und Verlagen einige Unterstützung ein.
„Die Anti-Mafia-Bewegung zeigt Zivilcourage“, lobt der Botschafter die meist jüngeren Addiopizzo-Mitglieder und spricht von der Vision eines Mafia-freien Sizilien. Und er sorgt dafür, dass es den Gratis-Plan jetzt nicht mehr nur auf Italienisch und Englisch gibt, sondern im Internet unter www.rom.diplo.de auf Deutsch heruntergeladen werden kann. Stellen die deutschsprachigen Besucher doch die wichtigste Gruppe unter den ausländischen Touristen auf der Mittelmeerinsel.
H.-J. Kaffsack