Südtirol mit Bahn & Bike

Meran - Klar: Südtirol ohne Steigung geht nicht. Aber mit Unterstützung der Vinschgerbahn wird das Radeln in den Bergen auch für Familien und weniger konditionierte Sportskanonen zum Vergnügen.
Giovanna arbeitet am Bahnhof. Nicht als Ticketverkäuferin. Nein, Giovanna schenkt Prosecco aus und legt allergrößten Wert drauf, dass ihr Cappuccino der beste ist. Giovanna ist jung, bildhübsch und die Gäste plaudern gerne mit der Studentin, die in Schlanders in der Bahnhofsbar jobbt. Entlang der 60 Kilometer langen Vinschgerbahn sind sie Kult und absolut trendy.
Die Wiedergeburt der Vinschgerbahn ist inzwischen vier Jahre alt und wurde am 5. Mai 2005 ähnlich frenetisch gefeiert wie damals, 1906, als Erzherzog Eugen aus dem ersten Zug winkte. Die Bahn sollte Fortschritt und Wohlstand ins Tal bringen. Tatsächlich reisten die Touristen in Scharen in die noble Kurstadt Meran. Dann kam der erste Weltkrieg und statt Kurgästen waren Soldaten die Fahrgäste. Die Bahn wurde zur wichtigsten Nachschublinie für die Süd- West-Front. Heute ist die Vinschgerbahn eine Bahn für die Pendler und die Touristen gleichermaßen, sympathisch und trendy – nicht zuletzt wegen der wieder auferstandenen Bahnhöfchen.
Diese 1903 bis 1906 entstandenen Bauwerke sind inzwischen zu Denkmalschutzobjekten aufgestiegen, sie sind eben auch ein Stück Kulturgeschichte! Der schönste: Schwer zu sagen, aber Schlanders im zarten Grün ist schon besonders schmuck. Wie an den anderen Stationen können auch hier Leih-Räder gemietet und wieder abgegeben kann. So ist die 60 Kilometer lange Strecke von Mals nach Meran in beliebige Etappen mit dem Radl zu befahren. Für Steilwand-Mountainbiker ist die Tour natürlich fad, für Genussradler aber ein Traum, geht es doch fast immer leicht bergab. In jedem der Orte warten Kirchen, Museen, Weinlauben, Biergärten, Speckplatten, Schüttelbrot und Bergkäse. Verbissene Rennradfahrer, deren Heil im Kilometerfressen liegt, den Blick stier auf den Asphalt gerichtet, sollten hier nicht radeln!
Denn im Vinschgau muss man die Augen aufmachen und über Flussauen schweifen lassen, über landschaftliche Kleinode wie die Angelseen bei Prad, über Obstgärten und weiß gekrönte Bergspitzen des Nationalparks Stilfser Joch, über Burgen oder stürzende Wasserfälle. Und so erlebt man mit jedem Pedaltritt Geschichte und Geschichten – und diese wunderbaren Bahnhofsbars. Giovannas Freund Marco kommt gerade mit zwei Kumpels reingeschneit. Echte Sportmänner sind die drei. In Bozen sind sie losgeradelt und wollen noch zum Reschen rauf. Respekt, so rum wird die Tour durchaus anspruchsvoll!
Nicola För
MEHR INFOS ZUM REISEZIEL MERAN
REISEZIEL Das Vinschgau ist der westlichste Teil Südtirols bzw. der oberste Teil des Etschtals. Zu den Wahrzeichen des Tals zählt der Ortler, mit 3905 Metern Südtirols höchster Berg, und der versunkene Kirchturm im Reschensee.
BAHNSTRECKE Die Vinschgerbahn verkehrt täglich zwischen Mals und Meran (stündliche Abfahrt in Mals zwischen 5.50 und 21.20 Uhr). Gesamtstrecke: 60 Kilometer. Man kann aber auch nur Teilstücke fahren und das Rad an einer der sechs Stationen abgeben oder etappenweise in der Bahn transportieren.
KOSTEN Für das Radvergnügen erwirbt man die Event Card. Sie beinhaltet die Tages-Bahnfahrt auf der Strecke Meran– Mals und ein Leihrad mit Sturzhelm. Erwachsene zahlen 14 Euro, Kinder über sechs Jahre 10 Euro. Erhältlich ist sie bei sämtlichen Radverleihen an der Bahnlinie, an den Fahrkartenautomaten und bei den Vinschgauer Tourismusvereinen.
FAHRRAD-VERLEIH in Mals, Sponding, Schlanders, Latsch, Naturns und Meran. Es stehen insgesamt 1000 Leihräder zu Verfügung, auch Trekkingräder oder Mountainbikes. Der Bike Shuttle garantiert den Transportservice im Zwei-Stunden- Takt vom Bahnhof Meran bis nach Mals und zurück (Halt an den jeweiligen Radverleihen). Preis: Vier Euro pro Rad.
REISEZEIT Der Vinschgau ist Südtirols Apfelgarten. Ab Ende April verwandelt sich der Talgrund zwischen Meran und Mals in ein duftendes weißes Blütenparadies – beste Zeit für eine Schnuppertour per Rad, vor allem, wenn es dabei immer bergab geht.
KULINARIK AM WEG VINOTHEKGREIF im Hotel Greif in Mals: Feine Weine und Speckplatten. Tel. 0039/0473/83 11 89, www.hotel-greif.de.
WIEDENPLATZER KELLER in Naturns: ein wunderbares Einheimischen Gasthaus. Tel. 0039/0473/67 32 80. BRUNNERHOF in Staben: feine Obstbrände, zum Verkosten und Einkaufen. Vorher anrufen, Tel. 0039/0473/66 40 19.
VINSCHGER BAUERNLADEN: am Eingang ins Schnalstal ein innovativer Laden mit Käse, Wurst, Gemüse, aber auch Naturkosmetik. Tel. 0039/0473/66 77 23, www.bauernladen.it.
BESICHTIGEN PART SCHINS: Schreibmaschinen-Museum mit 1200 Exponatren aus 120 Jahren. PRAD: Nationalparkhaus Aquaprad, ein sehr gut gemachtes Naturkundemuseum rund ums Wasser, Rundwanderweg, vor allem auch mit Kindern sehenswert.
WOHNEN HOTEL ADRIA, Meran: ein Hotel aus der Blütezeit Merans. Den Hotelaufzug von 1929 mit seiner plüschigen Kabine gibt’s heute noch. Ein Kandelaber im zweiten Salon stammt aus dem Besitz des letzten Dogen von Venedig. Ein Haus für Romantiker. www.hotel-adria.com, Tel. 0039/0473/23 66 10, ab 84 Euro pro Person mit Wohlfühlpension.
ROTER HAHN Dachmarke der „Urlaub auf dem Bauernhof“- Betriebe in Südtirol. Viele liegen direkt an der historischen Route und bieten sich als ideale Unterkunft für Radurlauber an. Tel. 0039/0471/99 93 25, im Internet: www.roterhahn.it.
WEITERE INFOS Tourismusverband Vinschgau, Tel. 0039/0473/73 70 00; Tourismusverband Meraner Land: 0039/0473/20 04 43, www.vinschgerbahn.it.